0236 - Ich ging in die Höhle des Löwen
ich auf einen Anwalt verzichten«, antwortete ich. »Schießen Sie ruhig los, Mr. G.-man!«
Zum Henker — in den nächsten zwei Stunden nahmen sie mich in die Zange, daß mir der Kopf rauchte. Sie blieben korrekt, stießen keine Drohung aus, wandten keine Tricks an, und dennoch waren ihre Fragen von der ersten Sekunde an viel gefährlicher als alle Finten Sharkeys und die Brutalitäten Breds zusammen. Ich bekam rasch heraus, daß sie es darauf anlegten, Beziehungen zwischen mir und dritten Personen herauszufinden, und obwohl sie keinen Namen nannten, so fühlte ich doch, daß sie Allan Ruster meinten. Ich hütete mich, auch nur die geringste Andeutung in dieser Richtung zu machen. Ich verschwieg alle Versuche Rusters, mich ins Jenseits zu schicken, und ich verkniff es mir, Walbrun, Sharkey oder auch nur Sergeant Bred zu beschuldigen. Die G.-men mußten glauben, ich sei noch nie mit einer polizeilichen Behandlung so zufrieden gewiesen wie ausgerechnet in Charlesville Das Gesicht des jungen Leutnants Tarner verfinsterte sich immer mehr, als nicht die geringste Klage über meine Lippen kam.
Kritisch wurde meine Situation, als die G.-men den Buchhalter, den Clerk, die Angestellte und den Hauptkassierer antanzen ließen und mich den Leuten gegenüberstellten.
Ich fühlte, wie mir der Kragen zu eng wurde.
»Ist das der Mann, der die Bank beraubt hat?« fragten sie.
Den Hauptkassierer nahmen sie zuerst an die Reihe.
»Er könnte es sein. Die Größe stimmt, aber er war anders angezogen. Außerdem trug er eine Sonnenbrille und einen Hut.«
Ich mußte in einen Trenchcoat steigen, bekam einen Hut und eine Sonnenbrille verpaßt, und jetzt schrie der Kassierer auf:
»Ja, das ist der Kerl.«
FBI.-Mann Welt zog ein unzufriedenes Gesicht.
»Wissen Sie es, oder behaupten Sie es nur, weil Sie annehmen, der Mann würde von uns verdächtigt?«
»Nein, ich bin ganz sicher.«
Ich begann zu überlegen, ob ein freimütiges Geständnis einen guten Eindruck mache und mir zwei oder drei Jahre Kittchen weniger einbringen könnte, aber Rod Welt schlug mit der Hand auf den Tisch.
»So geht das nicht. Beschreiben Sie die Kleidung des Räubers genau.«
Sobald der Kassierer seine Beschreibung gestottert hatte, verlangte Welt, daß sechs gleiche Mäntel, sechs Hüte, sechs Sonnenbrillen und sechs gleiche Shawls beschafft würde. Außerdem forderte er Leutnant Tarner auf, sechs Leute zu besorgen, die meine Größe hätten.
Die Organisierung des Maskenballs dauerte eine Weile, aber zwei Stunden später stand ich an der vierten Stelle in einer Reihe von Männern, die alle die gleichen Mäntel, die gleichen Sonnenbrillen und die gleichen Hüte trugen, und die, mit ein paar Zoll Unterschied, etwa meine Größe hatten.
Mein Herz hämmerte hart, obwohl ich aus Erfahrung wußte, daß Leute, die von einem Bankräuber überrascht werden, in der Regel viel zu aufgeregt sind, um richtig hinzublicken.
Ich will es kurz machen: Die Bankangestellten fanden mich unter den anderen Männern nicht heraus.
Ich wurde in meine Zelle zurückgebracht, wartete bis neun Uhr abends, dann erschienen die beiden FBI.-Beamten in Begleitung des Polizeichefs, der so aussah, als habe er immer noch keine Gelegenheit zu einer Mahlzeit gefunden.
»Sie können gehen, Harrigan«, sagte Welt. »Die Verdachtgründe reichen nicht aus, Sie länger in Haft zu halten, aber wir erwarten, daß Sie Charlesville vorläufig nicht verlassen, sondern sich zu unserer Verfügung halten. — Im übrigens scheint die Untersuchung ge-gegen Sie nicht korrekt geführt worden zu sein. Sie können sich beschweren, wenn Sie es wünschen.«
Chester Walbrun sah mich beschwörend an, und ich glaubte, nicht zu irren, wenn ich in seinem Blick ein Versprechen las.
»p no«, knurrte ich gelassen. »Es war alles in Ordnung.«
»Ihre Schießeisen erhalten Sie nicht zurück, bis die Überprüfung des Waffenscheins erledigt ist.«
***
Vierundzwanzig Stunden hinter Gittern genügen, um das Gefühl der Freiheit doppelt empfinden zu lassen.
Ich stand vor dem Polizeipräsidium von Charlesville. Meinen geliehenen Ford hatte man gleich nach der Verhaftung zu dem Autoverleih zurückgebracht, und so war ich auf meine Füße angewiesen.
Ich wanderte der Stadtgrenze zu, aber nach einigen hundert Yard merkte ich, daß mir jemand folgte. Er machte keinen Versuch, sich zu verbergen.
Ich ging schneller. Der Bursche folgte mir. Kurz entschlossen blieb ich vor dem erleuchteten Eingang einer kleinen Kneipe
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