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0236 - Voodoo-Samba

0236 - Voodoo-Samba

Titel: 0236 - Voodoo-Samba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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etwas erhöht und um ihn herum lagen noch Kränze und Blumen. Licht spendeten abermals Kerzen. Jeweils drei von ihnen standen zu beiden Seiten des Sargs. Die Flammen brannten nicht ruhig. Durch den entstandenen Luftzug wurden sie bewegt und malten Schatten an die Wände, den Boden und tanzende Reflexe auch auf den Sarg.
    »Da liegt er!« wisperte die Frau.
    Wir schwiegen. Inez senkte den Kopf. Ihre Hände fanden sich. Sie legte sie gegeneinander, wobei sich die Lippen bewegten, ohne daß wir hörten, was die Frau sagte. Höchstwahrscheinlich sprach sie ein stummes Gebet.
    Ich wußte noch immer nicht, wer die Kerzendochte angezündet hatte und fragte Inez danach, als sie aufgehört hatte zu beten.
    »Sie wissen es nicht?«
    »Ich ahne es wohl.«
    »Dann ist Ihre Ahnung richtig.«
    »Macomba«, sagte ich nur.
    »Genau.«
    Sie waren also hier. Gewaltsam konnten sie nicht eingedrungen sein. Ich sprach die Frau darauf an, sie schüttelte den Kopf und meinte: »Cassara hat einen Schlüssel.«
    »Gibt es in diesem Grabmal noch weitere Räume?« erkundigte sich Suko.
    »Nein, wir sind durch. Das hier ist das Zentrum.«
    »Und Sie wollten Ihren Mann niemals begraben lassen. Ich meine, unter der Erde.«
    »Ich will ihn sehen können.«
    »Aber er verändert sich, er verwest«, hielt Suko entgegen.
    Wir bekamen eine Antwort, die uns erschreckte. »Für mich ist er auch als Toter schön.«
    O Himmel, welch eine Frau. War sie überhaupt noch normal, oder hatte sie sich in ihrer Verzweiflung eine Welt geschaffen, die keinen Realismus mehr zeigte, denn so etwas, das tat man nicht? Das war eine reine Provokation dem Toten gegenüber sowie auch anderen Menschen.
    »Kann ich ihn sehen?« erkundigte ich mich höflich.
    »Wir müssen den Sarg sogar öffnen.«
    »Weshalb?«
    »Vielleicht will er ihn verlassen.«
    »Glauben Sie, daß aus Ihrem Mann ein Zombie geworden ist, Señora del Bosque?«
    »Ich muß damit rechnen, denn Macomba macht alles möglich — alles…«
    Es waren starke Worte. In dieser gespenstisch wirkenden Umgebung wirkten sie doppelt schwer.
    Ich warf Suko einen Blick zu und nickte dann. Mein Freund und Kollege verstand.
    Gemeinsam schritten wir vor. Jago blieb zurück. Er hatte von seiner Chefin keinerlei Anweisungen bekommen. Und von allein handelte er nicht. Er stand jedoch auf dem Sprung.
    Mit dem Fuß schob ich ein paar Kränze zur Seite. Zwischen Kerzen und Sarg blieben Suko und ich auf jeweils zwei verschiedenen Seiten stehen.
    Unsere Gesichter waren unbeweglich. Wir schauten uns die prächtige schwarze Totenkiste an und stellten gleichzeitig fest, daß der Deckel nicht verschlossen war.
    Das sagte ich auch Señora del Bosque. Sie stand zwischen Tür und Sarg. Der Widerschein des sich bewegenden Kerzenlichts zeichnete ihre Umrisse verwaschen. Es war kaum zu sehen, als sie den Mund öffnete.
    »Ich weiß, daß der Sarg offen ist, denn ich verschließe ihn nie…«
    »Dann schauen Sie immer nach?«
    »Das hatte ich Ihnen doch schon gesagt.«
    »Natürlich.« Ich wunderte mich trotzdem. Nicht gefragt hatte ich, wie lange der Tote schon im Sarg lag. Wahrscheinlich würden wir eine schon in die Verwesung übergegangene Leiche finden.
    Kein schöner Anblick.
    »Bist du soweit?« fragte ich Suko. Mein Partner nickte.
    »Heben Sie den Deckel hoch!« erklang die Stimme der Señora del Bosque.
    Wir packten ihn von zwei Seiten an. Suko vorn, ich hinten. Er war schwer, wir mühten uns ab und stellten ihn dann hochkant gegen den Sarg.
    Jetzt erst kamen wir dazu, einen genauen Blick in das Unterteil der Totenkiste zu werfen.
    Dort lag er.
    Aber wie sah er aus!
    ***
    Vielleicht war er schon Monate tot, jedenfalls bot die Leiche einen scheußlichen Anblick. Die Haut war noch vorhanden, aber sie lebte nicht mehr, zeigte an einigen Stellen bräunliche Flecken, andere wiederum schimmerten gelblich.
    Die Augen waren zurück in die Höhlen gerutscht, von der Nase fiel schon das erste Fleisch. Schrecklich lange Fingernägel wirkten wie die Krallen eines Dschungelraubtieres, der Mund stand offen, ein widerlicher Leichengeruch strömte uns entgegen, und ich fragte mich wiederholt, ob Inez del Bosque nicht wahnsinnig war, daß sie sich dieses Bild jeden Tag anschaute.
    Ich trat zurück, denn ich hatte genug gesehen. Nicht länger als nötig wollte ich mir den Toten anschauen.
    Als ich zu der Frau zurückging, kroch über meinen Rücken eine Gänsehaut. Fragend schaute mich Inez del Bosque an, so daß ich nickte.
    »Er liegt noch

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