025 - Der Dämon ist tot!
unsere Seite zurückholen zu können. In diesem Fall wäre meine Heimkehr triumphal gewesen. Doch Frank schien für das Gute für immer verloren zu sein, und ich war das in gewisser Weise auch, denn ich konnte mich für meine Ideale nicht mehr einsetzen.
Man holte den Sarg aus dem Flugzeug. Ich wurde wieder mit einem Gabelstapler transportiert. Über mir eine graue dicke Nebeldecke… Später verfrachtete man mich abermals in einen Leichenwagen. Männer kümmerten sich um meinen Sarg, den Rufus mit Sicherheit »präpariert« hatte.
Und dann stand mein Sarg zwischen anderen Totenkisten in irgendeinem Beerdigungsinstitut. Unwillkürlich erinnerte ich mich an einen Fall, der etwa ein halbes Jahr zurücklag. Damals wurde der Boden eines Bestattungsunternehmens durch schwarzmagische Einflüsse zu einem Sumpf, der mir zum Verhängnis werden sollte. Ich konnte mich mit Hilfe meines Dämonendiskus retten. [2] Wenn ich jetzt an ihn herangekommen wäre, hätte ich mir um meine Zukunft keine Sorgen mehr zu machen brauchen. Aber ich konnte mich ja nicht bewegen.
Die Männer gingen. Niemand kümmerte sich mehr um den Sarg, in dem ich lag. Ich war allein.
Allein mit ein paar anderen Toten.
Ich erschrak, als mir auffiel, daß ich mich bereits zu den Leichen zählte. Hatte Rufus meinen Kampfgeist gebrochen? Wollte ich nicht bis zu meinem letzten Atemzug gegen die Mächte der Finsternis kämpfen? Hatte ich mir das nicht geschworen?
Aber atmete ich überhaupt noch?
Eigentlich hätte ich hungrig sein müssen, aber ich war es nicht.
Diese und ähnliche Empfindungen gab es für mich nicht mehr. Rufus hatte sie ausgeschaltet. Ich würde so lange existieren, wie Rufus es wollte. Ohne mich zu bewegen, ohne zu atmen, ohne essen zu müssen.
Rufus hielt mich am Leben, damit ich Zeuge des geplanten Horror-Infernos wurde.
Was hatte der Dämon vor? Was wollten er und Frank Esslin inszenieren? Was für ein grausames Spiel hatten sie sich ausgedacht?
Der Tag verging. Zwei Särge wurden abgeholt. Meiner nicht. Der Abend brach an. Grabesstille umgab mich. Ich war mit meinem Latein am Ende, war nicht in der Lage, mir selbst zu helfen. Wer aber hätte es sonst tun sollen? Ich hatte sehr viel Zeit, nachzudenken. Mir fielen die Kämpfe ein, die ich gegen Rufus ausgetragen hatte, und ich machte mir Vorwürfe, weil ich es nie schaffte, den Dämon so in die Enge zu treiben, daß es für ihn kein Entrinnen mehr gab.
Auf die Dauer hatte das ja nicht gutgehen können.
Jedesmal wenn wir aneinandergerieten, hieß es: Wer wird siegen?
Er oder ich. Nun, mir waren nur Teilerfolge beschieden gewesen.
Den großen Sieg hatte jetzt Rufus errungen…
Eine unheimliche Finsternis herrschte im Bestattungsbetrieb. Mittenhinein in die Totenstille drang plötzlich ein knirschendes Geräusch, das mich alarmierte.
Standen die Toten jetzt etwa auf?
Das Geräusch wiederholte sich. Es schien aber nicht aus einem der Särge zu dringen.
Einbrecher! fuhr es mir durch den Kopf.
Aber wer bricht schon in ein Beerdigungsinstitut ein? Doch nur ein Verrückter. Ich lauschte gespannt. Langsam, wie von Geisterhand bewegt, wanderte eines der Fenster hoch. Der milchige Vorhang bauschte sich gespenstisch. Ich sah die Beine eines Mannes. Er glitt über die Fensterbank und fegte den Vorhang zur Seite.
Es handelte sich um keinen Verrückten.
Der Mann war Frank Esslin!
Gleich nach ihm stieg Jill Cranston durch das Fenster herein. Sie trug schwarze Jeans und einen schwarzen Rollkragenpulli. Ein Traummädchen. Aber ich wußte, wer sie wirklich war. Und ich haßte sie wie alle schwarzblütigen Wesen.
Jill und Frank näherten sich meinem Sarg. Frank Esslin wußte, daß ich ihn durch den geschlossenen Deckel sehen konnte. Er grinste. »Hallo, Tony. Hattest du Langeweile?«
Nein, ich hatte geistig viel zu tun, übermittelte ihm mein Geist, doch er fing die Telepathie nicht auf.
Jill Cranston trat ans Fußende des Sarges. »Los, Frank. Pack an!«
Frank Esslin begab sich zu meinem Kopf. Ich blickte ihm aus nächster Nähe ins Gesicht, als er sich bückte. Dieser Mann war mal einer meiner besten Freunde gewesen.
Rufus, was hast du aus ihm gemacht?
Sie hoben den Sarg hoch. Die Totenkiste samt Inhalt schien federleicht zu sein, denn sie strengten sich nicht sonderlich an. Rufus beeinflußte garantiert die Schwerkraft. Es hätte mich nicht gewundert, wenn der Dämon meinen Sarg dazu gebracht hätte, allein durch das Fenster hinauszuschweben. Auch dazu wäre er fähig gewesen.
Sie
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