0258 - Der Dämonensauger
sie nicht in der Lage, seine Gedanken zu lesen?
Nein! Seine Abschirmung, durch einen autosuggestiven Befehl aufgebaut, hielt. Gegen seinen Willen las niemand seine Gedanken, aber sie versuchte es nicht einmal! Den Versuch hätte er gespürt!
»Ich kann ihn doch nicht töten, Zamorra… Ich spiele ihn…«
Zamorra stand wie vom Donner gerührt.
Zwei Gründe gab es dafür. Der eine war das Eingeständnis der Dämonin, Gryf zu lieben. Schwarze und Weiße Magie! Es paßte nicht zusammen! Und waren Dämonen wirklich in der Lage, das zu empfinden, was Menschen unter Liebe verstehen?
Er konnte es kaum glauben!
Der andere Grund war, daß sie seinen Namen nannte. Woher wußte sie ihn? Hatte sie ihn aufgrund einer Personenbeschreibung erkannt? War der »Steckbrief« des Lucifuge Rofocale so gut, der selbst einmal eine Niederlage gegen Zamorra hatte einstecken müssen? [2]
Es mußte so sein.
Damit aber wurde Rany Blescy zu einer Gefahr für Zamorra. Ein paar tausend Dämonen suchten Zamorra in aller Welt, um ihn zur Strecke zu bringen. Wenn Rany ihn an die Höllenfürsten verriet…
Er durfte sie nicht am Leben lassen, wenn er seins nicht riskieren wollte.
Aber…
Er konnte sie nicht so einfach töten. Auch nicht, wenn sie eine Dämonin und damit seine geborene Erzfeindin war. Sie war wehrlos, und sie griff ihn nicht an. In Notwehr zurückgeschlagen - ja. Aber nicht von vornherein töten. Das paßte nicht zu Zamorra. Das brachte er nicht fertig. Nicht einmal bei einer Schwarzblütigen. Er war kein Killer, kein Mörder, der erst tötet und dann fragt.
Abgesehen davon - er besaß im Augenblick nicht einmal die Möglichkeit dazu. Wenngleich das seine Entscheidung weniger berührte. Wichtig war nur seine eigene Moral, die ihn zwang, die Dämonin zu verschonen. Zumindest so lange, bis sie entweder ihn oder einen anderen Menschen bedrohte…
In diesem Augenblick stürmten die Polizisten herein, allen voran Inspektor Williams.
Das änderte alles!
Im gleichen Moment wurden die beiden Parteien durch das Auftauchen der Polizei zum Waffenstillstand gezwungen. Sie mußten sich an die Spielregeln halten. Zamorra konnte der Dämonin jetzt endgültig nicht mehr zu Leibe rücken, wenn er nicht als Mörder verhaftet werden wollte, und die Dämonin konnte auch nicht die Polizisten ausschalten. Das würde automatisch weitere Reaktionen nach sich ziehen. In Hereford wußte man, welchem Auftrag die drei Beamten nachgingen, und man würde nach ihnen suchen. Rany Blescy war kein Leonardo de Montagne, dessen höllische Para-Kräfte superstark waren und der einen ganzen Landstrich unter halbhypnotischer Kontrolle halten konnte.
Williams sah Matew Blescy bewußtlos am Boden liegen. Er sah Zamorra und Nicole, und er sah Rany Blescy.
»Polizei! Niemand rührt sich. Ich verlange eine Erklärung!«
Zamorra suchte nach Worten. Seine Gedanken überschlugen sich. Was sollte er diesem braven Polizisten, der von Berufs wegen nicht an Geisterwesen und den Teufel glauben durfte, erzählen?
Nicole riß die Situation an sich.
»Dieser Mann«, sagte sie und deutete auf Matew Blescy, »hat Mister Zamorra tätlich angegriffen. Mister Zamorra schlug ihn in Notwehr nieder.«
Williams sah Rany an.
»Stimmt das?« fragte er.
Alle sahen die Dämonin an, der ihre Abstammung äußerlich nicht anzusehen war. Zamorra hielt unwillkürlich den Atem an.
Rany und Matew waren Geschwister. Wie würde Rany sich entscheiden?
Ihre Zungenspitze fuhr über die trockenen Lippen, benetzte sie. Eine typisch menschliche Reaktion. Dann straffte sich ihr Körper.
»Es stimmt«, sagte sie.
***
Michael Mayer schob sich nach vorn. Er deutete auf Matew Blescy. »Das ist der Mann«, sagte er.
»Sind Sie sicher? Hundertprozentig?« vergewisserte sich Williams. Der junge Deutsche nickte.
»Dann nehmen wir ihn fest und bringen ihn nach Hereford zur Klärung der Sache«, sagte Williams.
»Mit welchem Recht?« fuhr Rany auf. »Er ist mein Bruder. Ich will wissen, warum er verhaftet werden soll. Er hat nichts verbrochen.«
»Er hat ein Auto in die Luft gejagt!« schrie Michael.
»Er soll ein Fahrzeug gesprengt haben«, sagte Inspektor Williams. Er nickte den beiden Beamten neben ihm zu. Sie legten dem Bewußtlosen Handschellen an und machten Anstalten, ihn hinauszutragen.
Rany trat an die Tür. »Ich verbiete es!« sagte sie energisch.
»Wollen Sie sich Widerstand gegen die Staatsgewalt anlasten, Lady?« fragte Williams gefährlich leise.
»Die Verhaftung ist nicht
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