0260 - Sie jagten ihn durch Florida
uns.
Ich schlief tief und traumlos. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war ich allein. Von Charly Scott, dem Steward, erfuhr ich, dass Victor und Dora bereits mit einem gemieteten Motorboot auf See waren. So erfrischte ich mich im Swimmingpool hinter dem Bungalow.
Als ich wieder hineinging, um mir meine Zigaretten zu holen, fiel mir ein Buch auf. Es lag auf dem Rauchtisch. Das bunte Umschlagbild zeigte ein Meeres-Panorama und der Titel lautete: Das Grab in der Tiefe.
Es war ein Kriminalroman. Die Innenseite des Umschlages enthielt eine Inhaltsangabe. Ich las: Dieser neue Thriller von Jack Bonnamoore erhielt den ersten Preis bei einem internationalen Krimi-Wettbewerb. Er beschreibt die unglückliche Ehe eines berühmten Malers mit einer büdhübschen Frau, die unter Bewusstseins-Spaltung leidet. Das Zusammenleben wird für den Künstler immer unerträglicher. Als er eine andere Frau kennenlemt, reift in ihm der Entschluss, sich seiner Gattin zu entledigen. Er macht sich ihre Krankheit zunutze und bringt sie um. Ihre Leiche versenkt er ins Meer und schildert den Vorfall als Unfall. Dann heiratet er die andere Frau. Seine Karriere nimmt einen Schwindel erregenden Aufstieg, aber sein Gewissen lässt ihn nicht mehr zur Ruhe kommen. Eines Tages offenbart er sich seiner Frau. Erschüttert trennt sie sich von ihm, ohne ihn anzuzeigen. Unter diesem Eindruck stellt sich der Maler der Polizei und geht der gerechten Sühne entgegen.
Ich lieh mir das Buch aus und setzte mich draußen in einen Liegestuhl. Beim Aufschlagen des Buches fiel mir ein Zettel auf, der zwischen den Seiten steckte. Ich schlug die Stelle auf und fand einen langen Bleistiftstrich am Rand. Interessiert las ich die Stelle durch und wurde blass.
***
Der Autor schilderte den Mord. Der Maler und seine Gattin machen eine Bootsfahrt. Dabei erwürgt er sie und wirft sie ins Meer. Die Haie verwischen alle Spuren.
Ich lief in den Bungalow zurück und warf das Buch auf den Rauchtisch. Dann sauste ich zu dem anderen Bungalow hinüber und riss die Tür auf. Der Steward und die beiden Matrosen spielten Karten, während der Kapitän einen Brief schrieb.
»Captain Lothrop, können Sie mir sagen, wohin Mr. Ashley gefahren ist?«
Er sah auf. »Zu der kleinen Inselgruppe nördlich der Andros-Insel. Er will Schwertfische fangen.«
»Vielen Dank, Captain.«
Ich jagte zu unserem Bungalow zurück und holte meine Pistole. Dann lief ich zum Bootsverleih. Ich wählte ein schnelles Motorboot aus und ließ mir einen Einheimischen mitgeben, der die Inseln genau kannte. Er wusste sofort, wohin ich wollte. Die Vorbereitungen dauerten mir viel zu lange.
Endlich tuckerte der Motor auf und das Boot schoss davon. Ich stand am Bug und starrte auf das Wasser hinaus. Irgendwo da draußen schwamm ein Boot. Darin saßen ein Mann und eine Frau. Die Frau glaubte, der Mann wolle Schwertfische fangen, aber das war ein tödlicher Irrtum von ihr.
Dieser Mann, der Hollywood-Regisseur Victor Ashley, wollte romangetreu seine Frau Dora umbringen. Das Meer sollte ihr Grab werden, die Haie ihre Totengräber.
Unruhig sah ich abwechselnd auf das Wasser, dann wieder auf die Uhr.
Die Zeit verrann und kalter Schweiß sammelte sich auf meiner Stirn. Es war ein Wettlauf mit dem Tod, und ich war das Duell gegen die Uhr eingegangen, um eine Mörderin zu retten.
***
Victor Ashley stellte den Motor ab. Langsam erstarb das Geräusch, und das schnittige Boot glitt lautlos über das Wasser. Nur die Wellen unterbrachen plätschernd die Stille, wenn sie sich am Bug brachen.
Er sah auf Dora, die an der Bordwand lehnte und die Augen geschlossen hielt. Ihre tizianrote Lockenpracht umspielte das hübsche Gesicht wie eine feurige Lohe.
Sekundenlang betrachtete er gebannt ihre Schönheit. Alte Erinnerungen wurden wach. Ihr Kennenlemen in einem Bistro in Los Angeles, die Hochzeit in Santa Monica und die Flitterwochen auf den Bahamas.
Er trat zur ihr. »Mit dem Schwertfischfang wird es' wohl nichts werden.«
Er deutete auf das Wasser hinaus. Sie öffnete die Augen und drehte sich um. Ihr Blick glitt über das Wasser und erfasste die dreieckige Rückenflosse, die verspielt das Wasser durchschnitt. Ein Hai. - »Schlimm?«, fragte sie leise.
Er schüttelte den Kopf. »No, Dora. Fangen wir eben zur Abwechslung mal einen Hai.«
Er bückte sich und nahm die moderne Angel auf. An den Haken hing er ein Fleischstück und warf die Leine mit weitem Schwung ins Wasser. Der schlanke Stahlstab bog sich und die Schnur
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