0269 - Der Höllenspiegel
Geister nicht packen, konnte in dieser Welt auch keine weiße Magie gegen sie einsetzen. Aber für die von schwarzer Magie künstlich belebten Knochenmänner waren die Geister körperlich vorhanden, weil sie auf der gleichen Daseinsebene existierten.
Ein schrilles, irres Kreischen ertönte.
Nicole krümmte sich unter einem Schlag ihres Gegners zusammen. Zamorra drang mit gezücktem Beuteschwert auf die nachdrängenden Knochenmänner ein, kreuzte mit ihnen kurz die Klingen und rempelte dann Nicole zur Seite. Ein Schwerthieb erwischte statt ihrer den Geist.
Blieb noch der dritte, der es inzwischen geschafft hatte, Aury zu betäuben. Er lud sie sich wohl anscheinend gerade auf die unsichtbare Schulter, weil sie plötzlich frei in der Luft schwebte. Geschickt lenkten Zamorra und Nicole die nachsetzenden Krieger so, daß der dritte Geist plötzlich ebenfalls in das Kampfgetümmel verwickelt war.
Und auch ihm ging es alsbald an den unsichtbaren Kragen…
Trotzdem konnten die Flüchtigen nicht aufatmen. Denn jetzt hatten sie es wieder mit den Skelett-Kriegern zu tun und mußten sich ihrer Haut wehren. Nicole hatte Aurys Schwert an sich genommen, und neben Zamorra wehrte sie die vordrängenden Knochenmänner ab.
Zamorra keuchte. Schweiß lief ihm über die Stirn. »Wir schaffen es nicht auf die Dauer«, murmelte er. »Die Burschen lernen erheblich dazu…«
Mehr und mehr wurden sie zurückgedrängt, weg von Aury. Zamorra hatte sie mitnehmen wollen, aber er erhielt einfach keine Atempause, die er benötigte, sich das Mädchen über die Schulter zu laden und davonzulaufen. Weiter und weiter wurden sie auf den großen Innenhof zugetrieben. Im Schatten der Bauwerke standen weitere Skelett-Krieger und schauten dem Kampf in aller Ruhe zu.
Sie wußten genau, daß die Flüchtigen keine Chance hatten…
Da sah Zamorra die Eisenplatte zwischen den Steinen des Hofpflasters. Da wurde ein Loch abgedeckt… vielleicht ein Tor? Der Zutritt zu einem unterirdischen Gang?
»Aufpassen, Nici«, stieß er hervor, ließ sich für ein paar Sekunden von Nicole decken und schaffte es, die Eisenplatte emporzuhebeln. Tatsächlich führten Stufen in die Tiefe!
Wohin auch immer dieser Gang führen mochte - er würde ihnen die nötige Atempause verschaffen, hoffte Zamorra. Er nahm noch einmal alle Kraft zusammen, schaffte es, einen weiteren Skelett-Krieger zu erschlagen und vorzustoßen. Jetzt war es Nicole, die zufaßte und Aury auf das Loch zuzerrte. Sie ließ sie über die Stufen nach unten gleiten, nahm keine Rücksicht auf Beulen und Schrammen. Die waren leichter zu verkraften als der Tod.
Gemeinsam verschwanden sie dann ebenfalls in der Tiefe. Noch ehe die Skelett-Krieger heran waren, zerrte Zamorra die Eisenplatte von unten wieder über das Loch und keilte sie mit seinem Schwert so fest, daß die Verfolger erhebliche Mühe haben würden, sie wieder aufzubekommen.
Erschöpft sank er auf die Stufen nieder.
Es war stockfinster. Nirgendwo war ein Lichtpünktchen zu erkennen.
»Wir müssen weiter«, murmelte er schließlich. »Ich fürchte, wir haben nur noch wenig Zeit. Wo ist Aury?«
Sie lag ein paar Stufen tiefer.
Gemeinsam packten sie sie und hasteten im Dunkeln über die Stufen weiter nach unten.
Zamorra fragte sich, was in der Tiefe auf sie wartete…
***
Lacton zuckte zusammen, als sein Herr und Meister plötzlich neben ihm auftauchte wie eine fette Kröte. Der Montagne grinste spöttisch.
»Nennst du das einfangen?« fragte er und zeigte auf den Innenhof hinaus. Lacton sah in die angegebene Richtung und erkannte Leonardos Skelett-Krieger, die Zamorra und die Mädchen auf den unterirdischen Gang zutrieben. Von den drei Geistern war nichts mehr zu sehen.
Lacton schüttelte sich grimmig. Zamorra hatte es also irgendwie geschafft, sie auszuschalten! Lacton ahnte auch, wie. Der Parapsychologe mußte Geister und Skelett-Krieger gegeneinander ausgespielt haben.
»Wenn deine Krieger nicht wären, Herr…«
»Wären die drei schon längst über alle Berge, nicht wahr?« spottete Leonardo. »Es ist traurig, daß ich mich nicht auf dich verlassen kann. Alles muß man selbst in die Hand nehmen…«
Lacton verzichtete darauf, seinen Herrn auf die wahre Lage der Dinge hinzuweisen. Leonardo hätte ihm doch nicht geglaubt. Jetzt knurrte Leonardo unwillig, als die Krieger sich vergeblich bemühten, die Eisenplatte wieder anzuheben.
Lacton grinste.
»Der Gang ist eine Falle«, sagte er. »Sie mußten hinein, nachdem sie die Geister
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