0277 - Im Penthouse der Angst
Boden zu drücken.
Den Tisch hatte er inzwischen verlassen, stand nun auf dem Teppich und preßte die Leiche nach unten.
Er hatte Mühe, sie zu halten, drückte sein Knie gegen die Brust und starrte dem Toten aus kurzer Distanz in das dunkle Gesicht.
Der Mann hatte die gleichen hellen Augen wie der, den Suko bereits im Hof gesehen hatte. Im Tode waren sie seltsam verdreht, und der Pfeil ragte wie ein langes dünnes Horn mitten aus seiner Stirn.
Der Inspektor überlegte angestrengt, wie er die Leiche auf dem Boden halten konnte, denn sie würde, wenn er sie losließ, sicherlich wieder entschweben.
Eine verrückte, groteske und makabre Situation, in die er sich da hineinmanövriert hatte.
Plötzlich hatte er eine Idee. Vielleicht sollte er den Toten doch loslassen und seinen Weg verfolgen. Hatte die Leiche möglicherweise ein Ziel, das sie erreichen wollte? Folgte sie unter Umständen einem nur für sie hörbaren Ruf?
Diese Möglichkeit bestand. Als Valerie Cramer mit zitternder Stimme fragte, was Suko zu tun gedenke, da erhielt sie die Antwort prompt. »Ich lasse die Leiche los!«
»Aber Sie…«
»Keine Panik, Mädchen, wir werden das Ding schon schaukeln.«
Suko drückte sich zurück, und kaum war der Tote »frei«, da glitt er bereits in die Höhe.
Wieder war das Ziel die Decke.
Suko war so weit zurückgegangen, daß er neben Valerie Cramer stand. Dort wartete er ab. Auf beiden Gesichtern zeigte sich die gleiche Spannung. Kaum hatte der Tote die Decke erreicht, da hörten Suko und die Frau das Lied.
»Zehn kleine Negerlein, die waren nur noch acht…« Die nächsten Worte verstanden sie nicht, weil sie zu einem Summen wurden, das irgendwann einmal verklang.
»Wie ist das möglich?« Valerie schluchzte auf. Von Suko konnte sie keine Antwort erwarten.
Der Inspektor stand da und verstand selbst nichts, obwohl er verzweifelt nach dem Sänger suchte.
Er sah ihn nicht.
Die Stimme war von allen Seiten auf sie eingedrungen, als hätte jemand Boxen aufgebaut, die aber nicht zu sehen waren.
»… da waren es nur noch acht«, hörten sie wieder, und im nächsten Augenblick fiel der Tote zu Boden.
Wie ein Stein raste er nach unten. Er krachte auf den Tisch, sein rechter Ellbogen hieb gegen die Glasplatte, die diesmal dem Druck nicht standhalten konnte. Sie zerbrach.
Zahlreiche Splitter blieben im Teppich stecken.
Suko lief sofort hin, ging neben dem Toten in die Knie und untersuchte ihn.
Seine Hände fuhren über das Gesicht, und er stellte fest, daß die Haut nicht so war wie vorhin. Sie hatte sich verhärtet, erinnerte ihn an ein Stück Holz.
Der Inspektor schaute auf den Pfeil. Er zögerte noch einen Augenblick, faßte zu und riß den Pfeil mit einem Ruck aus der Stirn.
Ein Schrei!
Nicht laut, nicht leise, mehr ein Würgen und Ächzen, drang aus dem Mund des Toten. Dann zuckte sein Körper, er schüttelte sich, und Valerie Cramer stand da, wie vom Blitzschlag getroffen. Sie konnte kaum fassen, was sie mit eigenen Augen sah, doch es gab keinen Zweifel.
Die Leiche lebte wieder!
Vor Suko lag ein Zombie.
Allerdings nicht lange. Bevor der Inspektor Gegenmaßnahmen ergreifen konnte, änderte sich das Bild.
Mit einer heftigen Drehbewegung rollte sich der Zombie auf die Seite, hob für einen Moment den Kopf und hämmerte ihn dann wieder nach unten. Seine Stirn traf den Boden.
Es war ein dumpfes Geräusch, das in ein Brechen und Knirschen überging, so daß selbst Suko das Gesicht verzog. Er und auch Valerie Cramer schauten zu, wie der Kopf des Zombies zersplitterte, einige Teile abfielen und der Rest wie ein altes Stück Holz liegen blieb.
Das Ende des zweiten Schwarzen.
Nur noch acht kleine Negerlein, dachte Suko, räusperte sich und wandte sich an Valerie Cramer.
Sie konnte nicht sprechen. Diese Frau hatte etwas erlebt, das einfach nicht in ihren Kopf wollte. Sie war innerhalb weniger Minuten mit einer unheimlichen Magie konfrontiert worden und konnte dies einfach nicht fassen.
Suko ließ sie in Ruhe. So dauerte es eine Weile, bis sie sich wieder gefangen hatte.
»Ist er… ist er jetzt tot?« hauchte sie.
»Es scheint so.«
»Aber wie ist das möglich?«
Eine gute Frage, wie Suko zugeben mußte. Doch auch er wußte keine Antwort. Er hatte keine Ahnung, wo die Lösung des Rätsels lag und wo er anfangen sollte zu suchen.
Vielleicht hier im Penthouse!
Dieser Gedanke erschien ihm nicht so abwegig. Unter Umständen konnte ihm Valerie mehr über die Wohnung sagen, schließlich hatte sie sie
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