0279 - Der Zauberer von Venedig
der Tasche gleiten. Die beiden Girls trugen eng anliegende schwarze Overalls aus weichem Leder. Kein männliches Gesicht in Venedig, das ihnen nicht nachblickte.
»Wir werden uns schon zu wehren wissen!« erklärte Tina Berner sehr selbstbewußt. Sie hatte vor einer Woche den schwarzen Gürtel in Karate erkämpft und fürchtete sich nur noch vor Gefahren, die sie nicht mit den Händen bekämpfen konnte. Die Flucht vor dem Dämonen der Schwarzen Familie war eine rein instinktive Reaktion gewesen. Denn man hatte sie gelehrt, daß man nach Möglichkeit jeden ernsthaften Kampf vermeiden sollte, um nicht unbewußt tödliche Schläge anzuwenden. Tina wußte, daß sie noch zu unerfahren war, um nicht aus reinem Reflex mit einem Schlag der Handkante oder einem gezielten Fußtritt einen Menschen um Leben und Gesundheit zu bringen.
Sie hatte den Dämon in seiner Tarnexistenz für einen normalen Mann gehalten, der zwei einsame Mädchen angreifen wollte. Als sie dann hörte, daß er ein Geschöpf des Teufels war, hätte sie ohnehin keine Chance mehr gehabt, ihre Karatekünste einzusetzen. Denn Dämonenkörper dieser Art empfanden keinen Schmerz.
Doch so, wie ihnen die Reaktionen der Monstergeschöpfe von Zamorra und Aurelian geschildert wurden, sah sie eine gute Möglichkeit, sich zu wehren. Ebenfalls mit einem Schockstrahler bewaffnet würden sie sich schon durchschlagen können.
»Gut!« sagte Professor Zamorra. »Trennen wir uns also. Aurelian und ich beginnen unsere Suche an der Rialto-Brücke. Ihr untersucht die Gegend um die Piazza San Marco. Und welche Streife läufst du, Carsten?«
»Laufen?!« echote Carsten Möbius. »Das ist gesundheitsschädlich!«
»Ich kann’s bald nicht mehr hören!« stieß Tina Berner ärgerlich hervor.
»Du hättest mich eben keuchen hören sollen, als wir vor den Monstern geflohen sind!« erklärte Carsten Möbius beleidigt. »Etwas, das mich so zum Schwitzen bringt, kann unmöglich gesund sein!«
»Spinner!« war Tinas Kommentar. Carsten Möbius hörte gar nicht hin.
»Ich werde eine Gondel chartern und die Kanäle absuchen!« erklärte er dann. »Die Gondolieri können mich auch zu den Orten bringen, wo normalerweise die Touristen nicht hinkommen. Da habe ich sicher eher eine Chance, fündig zu werden.«
»Wichtig ist nur, daß er dabei nicht zu laufen braucht!« sagte Tina Berner bissig.
»Aber dafür muß er tief in die Tasche greifen!« erklärte Sandra Jamis. »Gondel fahren ist sehr teuer!«
»Wir bleiben über Transfunk in Verbindung!« sagte Carsten Möbius und tat, als hätte er die letzten Worte des Mädchens nicht verstanden, die auf seine manchmal übertriebene Sparsamkeit hindeuteten. Dabei wies er auf seine Armbanduhr, in der niemand ein solches Micro-Gerät vermutet hätte. Zamorra nickte. Auch er und die Mädchen besaßen Uhren mit dieser Funkeinrichtung, mit der man praktisch um den ganzen Erdball funken konnte. Es war eine Frequenz, die nur den Spitzen des Möbius-Konzerns bekannt war und die praktisch von niemandem abgehört werden konnte.
Wenn Carsten Möbius wollte, konnte er direkt mit seinem Vater Stephan in Verbindung treten, der immer noch im Beaminster Cottage von Dorset verweilen mußte, weil auch er auf der Geister-Party unglückseligerweise mit Asmodis einen Pakt abgeschlossen hatte und Zamorra vor einiger Zeit das Cottage in eine weißmagische Festung verwandelt hatte.
»Und was ist, wenn Aurelian und ich getrennt werden?« fragte Professor Zamorra. »Hast du vielleicht mal daran gedacht?«
»Si, si, signore!« gab sich Carsten Möbius italienisch, und gerissen wie ein Venezianer schlich er um Aurelian herum. »Du deutscher Tourist? Tedesci-Touristico?« fragte er den erstaunten Pater. Aurelian war sprachlos. Carsten Möbius gab sich wie einer der unzähligen fliegenden Händler, die auf der Piazza San Marco den Touristen das Geld aus der Tasche ziehen.
»Tedesci bessere Preise als Amis!« brabbelte Möbius ein Sprüchlein, das er in Italien schon oft gehört hatte. »Hier… sehen… kaufen… schöne Uhr… echt Schweizer Uhrwerk… gerade erst gemaust…!«
Pater Aurelian lachte Tränen, als er diese Persiflage auf seine geschäftstüchtigen Landsleute sah.
»Kaufen… billig… spottbillig… viel Rabatto… viel Skonto…!« redete Möbius eifrig.
»Jetzt ist mir klar, warum der Möbius-Konzern so groß geworden ist!« sagte Tina Berner erschüttert.
»Wenn er noch von la mama und fünf kleinen bambini erzählt, bekommt er eine aufs
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