0283 - Kampf um den Macht-Kristall
Chance, daß der Göttin ein Opfer genügt, um der Stadt gnädig zu sein und sie mit ihren Kräften unterstützt!«
»Und… und wie stellt man fest, daß die Göttin gnädig ist?« fragte Carsten Möbius mit trockener Kehle. Als er Glauke verschwinden sah, erkannte er, daß eine zweite Abteilung Trojaner die andere Seite der Mauer abschirmte. Es blieb nur ein Sprung von der Mauer hinab. Und das wagte er nicht. Alles, was über einen Meter war, das hatte für Carsten Möbius eine beachtliche Höhe.
»Nimm den Balmung und versuche, durchzukommen !« sagte er zu Zamorra in deutscher Sprache. »Ich lasse mich gefangen nehmen und versuche, Micha da rauszuholen. Wir kommen dann in den Tempel auf der Akropolis. Wenn wir nicht kommen, dann mußt du uns holen… uns, oder was man von uns übrig gelassen hat!«
»Die Gnade der Göttin«, erklärte Äneas währenâdessen auf die Frage, »die erkennt man, wenn man sich das Opfer genau betrachtet. Besser gesagt, man liest den Willen der Hekate in der Leber des Opfers…!«
***
Michael Ullich glaubte, bereits in einem Vorstadium der Hölle zu sein. Er lag auf dem Rücken mit gespreizten Armen und Beinen auf dem Steinaltar und sah, wenn er den Kopf zur Seite drehte, daß alle Vorbereitungen zur Opferzeremonie getroffen wurden. Das einzige Kleidungsstück war ein Lendentuch aus schwarzem Leder. Über den nackten Körper ging ein Frösteln der Kälte. Die Diener der Hekate begannen, zu ihren heulenden Gesängen in sonderbaren Verrenkungen einen Tanz, wie ihn selbst Menschen, die vom Wahnsinn umnachtet sind, nicht tanzen können. Die Worte der immer wieder erklingenden Litanei waren für Michael Ullich fremdartig und verworren. Seit er mit Professor Zamorra bekannt war, kannte er sehr viel ungewöhnliche Sprachlaute und Rituale. Doch was sich ihm hier im Tempel der Hekate bot, davon hatte er noch nie etwas gehört.
Mischte sich hier der Kult der Totengöttin mit der Verehrung von Wesen, die noch älter waren? Ullich hatte von den Namenlosen Alten gehört, die auf dem Grunde des Meeres schlummern. Oder von den Blutgötzen des Amun-Re von Atlantis, die einst wiederkehren werden, wenn die hohe Brücke geschlagen ist.
Welches verfluchte Wesen wurde hier angerufen?
»Hekate! Hekate! Yaih Azagh-Thot!« hörte Michael Ullich die Worte der rasenden Schar der Trojaner. »Azagh Thot! Azagh-Thot.«
»Es ist einer der Ministerpräsidenten, die vor dem Throne unseres großen Vaters in der Tiefe stehen!« hörte er die schmeichelnde Stimme der schönen Helena. Jedoch ein anderer redete durch ihren Mund, Asmodis, der Fürst der Finsternis, war zur Stelle. Er hatte sich in das Innere der an die Säule gefesselten Frau eingeschlichen, weil er mit dem Jungen einige ganz persönliche Rechnungen für gewisse Niederlagen zu begleichen hatte. »Sagte ich dir nicht, daß diese Unwissenden dich dreien der größten Höllengeister opfern werden. Lucifuge Rofocale nannte ich bereits. Auch Belial, der hohe Fürst, ist in diesem Kreis. Doch Azagh-Thot steht Satans Thron am nächsten. Denn er mußte nicht so viele Niederlagen hinnehmen wie Lucifuge. Daher wird er selbst erscheinen, um bei dem Opfer anwesend zu sein. In ihm wird deine unsterbliche Seele aufgehen, wenn dein Körper stirbt. Doch ich, Michael Ullich, bin in deiner Nähe und werde ebenfalls einen Teil von dir bekommen.«
»Wenn es das ist, woran ich denke, kannst du einen Inkubus damit glücklich machen!« preßte Michael Ullich hervor. So war das also. Um ihn herum lagerten sich schon die Höllenscharen und warteten wie eine hungrige Meute Wölfe darauf, daß Paris ihm mit dem Dolch das Herz durchstach.
Die Worte mußten demnach zu der Sprache gehören, mit der sich die Dämonen untereinander verständigten. Die rasende Kassandra stieß stets- einige unverständliche Worte in höchstem Diskant hervor, deren Sinn nicht einmal zu erahnen war. Der schauerliche Chor antwortet auch jeden dieser kreischenden Schreie mit dem stereotypen: »Hekate! Hekate! - Yaih Azagh-Thot! Azagh-Thot!«
Je weiter die Zeremonie voranschritt, um so orgiastischer wurden die Schreie der halb wahnsinnigen Seherin. Und das Dröhnen des Chors schwoll an wie die Brandung des Meeres bei aufschäumender Flut.
»Hekate! Yaih Azagh-Thot!«
»Und nun, mein Junge!« sagte Asmodis aus dem Mund des Paris, »dürftest du alles wissen, was dich in den letzten Minuten deines Lebens noch interessieren könnte. Ich spüre, daß der hohe Herr Azagh-Thot bereits auf dem Wege
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