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029 - Der Unheimliche

029 - Der Unheimliche

Titel: 029 - Der Unheimliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Ihr Geld gewesen sein muß. Mein Onkel hat es unterschlagen - ist das richtig?«
    »Nein, Ihr Onkel hat von der Firma Amery kein Geld gestohlen«, erklärte Amery. »Soviel ich weiß, war er ein zuverlässiger Mann - soweit es das Geld der Firma betraf. «
    Er wandte sich wieder der Betrachtung des Teppichs zu.
    »Es tut mir leid«, entschuldigte er sich, obwohl aus seiner Stimme auch nicht der leiseste Ton des Bedauerns zu hören war. »Ich scheine mich geirrt zu haben. Selbstverständlich wußten Sie nichts von der StanfordGesellschaft. Er hat Ihnen gewiß nichts darüber erzählt.«
    »Mr. Tarn hat nie mit mir über seine Geschäfte gesprochen.«
    »Ich denke jetzt nicht an Mr. Tarn«, meinte er nachdenklich, »ich denke an Ihren ausgezeichneten Dr. Hallam, der, soweit ich es überblicken kann, einer sehr bewegten Zeit entgegengeht.«
    Es entstand wieder eine lange Pause, dann fuhr er fort: »Es tut mir wirklich leid! Ich nehme meine Bemerkung über Ihre Entlassung zurück, obgleich ich die Absicht hatte, Ihnen zu kündigen. Wenn Sie also in Ihrer Stellung bleiben wollen, steht es Ihnen frei.«
    »Ich habe kein Verlangen danach«, erwiderte sie kurz, setzte sich an den Schreibtisch und öffnete ihren Stenoblock.
    Amery blieb noch immer am Kamin stehen.
    »Ein dicker Mann, dieser Tupperwill«, sagte er zusammenhanglos, »und ein Liebhaber von schönen Dingen. Erstaunlich, daß Hallam einen solchen Mann als Freund hat.«
    Elsa Marlowe tat, als ob sie seine Bemerkung überhörte, und wartete geduldig, den Bleistift bereit.
    »Feng Ho meint, daß Sie ganz wunderbar sind.«
    »Major Amery, es interessiert mich nicht im mindesten, was Feng Ho von mir hält. Falls Sie keine Briefe zu diktieren haben, möchte ich nach Hause gehen, ich habe Kopfschmerzen.«
    Amery warf ihr einen Blick zu.
    »Sie halten mich für ein Scheusal - weil ich Sie nicht zur Ruhe kommen lasse. Ich will Ihnen aber etwas sagen, Miss Marlowe: Ich habe Ihnen absichtlich keine Zeit zum Überlegen gegeben. Ich habe für Sie Arbeit gefunden, um Ihre Gedanken von einem bestimmten dunklen Zimmer in Elgin Crescent abzulenken, wo Tarn das erhalten hat, was ihm seit langer Zeit zukam. Er war gewarnt!«
    »Von Ihnen?« fragte Elsa ruhig.
    »Von mir und von anderen.«
    Dann riß er sich von seinen Gedanken los, die anscheinend nicht gerade angenehm waren, und begann ohne weitere Vorbereitung einen Brief zu diktieren, der sehr lang zu werden schien. Aber mitten im Brief hörte er ebenso plötzlich auf wie er angefangen hatte. »Ich denke, das ist alles für heute abend«, meinte er abschließend. »Sie brauchen ihn erst morgen früh zu schreiben.«
    Er folgte ihr ins Vorzimmer, den Mantel über dem Arm und Hut und Stock in der Hand.
    »Sie wohnen im Palace-Hotel, nicht wahr? Möglicherweise muß ich Sie bitten, heute abend zu mir zu kommen.«
    »Das wird leider nicht gehen, ich habe eine Verabredung«, erwiderte sie mit kühler Höflichkeit.
    In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und Miss Tame kam herein. Sie wurde ganz verlegen, als sie den gefürchteten Chef sah, und wollte sich schleunigst zurückziehen.
    »Miss Tame! Vielleicht habe ich heute abend noch etwas zu erledigen. Sollte das der Fall sein, bitte ich Sie, mit Miss Marlowe zu mir zu kommen - in die Brook Street 304. Würden Sie sich mit ihr in Verbindung setzen?«
    Elsa wollte eine Einwendung machen, aber bevor sie sprechen konnte, war er schon gegangen, ohne sie zu beachten.
    »Ich werde keinesfalls hingehen - unter gar keinen Umständen«, empörte sie sich. »Ich habe ihm gesagt, daß ich eine Verabredung habe, und sein Haus betrete ich nicht.«
    Miss Tame war jedoch sehr neugierig.
    »Ich möchte es unbedingt sehen«, schwärmte sie. »Ich möchte wetten, daß es da überall Falltüren und geheimnisvolle Wandöffnungen gibt.«
    »Ich jedenfalls gehe nicht in sein Haus«, beharrte Elsa auf ihrem Entschluß.
    »Vielleicht hat er indische Diener«, phantasierte die sensationslustige Miss Tame weiter. »Er klatscht in die Hände, und sie erscheinen durch geheime Türen. Und überall stehen Götzenbilder. Ach, Miss Marlowe, ich möchte unbedingt das Haus sehen. Lassen Sie uns doch hingehen!«
    »Fällt mir nicht ein!« erklärte Elsa und stülpte geräuschvoll den Deckel über ihre Schreibmaschine.
    »Brook Street 304«, träumte die eifrige Kinogängerin, »Haus der Geheimnisse!«
    Elsa mußte lachen.
    »Seien Sie nicht albern! Es ist ein ganz gewöhnliches Haus wie alle in West End. Als der

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