029 - Der Unheimliche
Bickerson ohne Zögern.
Sir James murmelte etwas vor sich hin. Von Natur aus war er unduldsam, und seine Gereiztheit wurde durch die lästigen Anfragen seiner vorgesetzten Behörde noch verstärkt.
»Hat Soyoka Tarn ermordet? Und glauben Sie, daß Amery dahintersteckt?« fragte er.
»Ja, das glaube ich allerdings. Alles weist darauf hin, daß Amery der Mann ist, den wir suchen. Sein Vorleben genügt, ihn zu verdächtigen. Er wurde aus dem politischen Dienst entlassen, weil er beim Opiumhandel erwischt wurde. Entweder ist er selber Soyoka oder, was ich für wahrscheinlicher halte, der Anführer der ›Amateure‹.«
»Aber Sie hatten doch behauptet, daß Hallam die Amateur-Bande anführt?« unterbrach ihn der Kommissar.
»Ich bin überzeugt, daß auch Hallam bis zum Halse drinsteckt - und falls Major Amery der Oberboß ist, so weiß Hallam das wahrscheinlich gar nicht. So werden alle diese Banden geleitet. Ganz oben sitzt jemand, der alle Fäden in der Hand hat, der oberste Drahtzieher, der jedes Geschäft finanziert und die Verdienste einsteckt - und unter ihm ist einer, der sich einbildet, daß er die Leitung hat. Amery ist ein Rauschgiftschmuggler - und dabei glatt wie ein Aal und schlau wie der Teufel!«
»War es sehr schwierig, Moropoulos herüberzubekommen?« wollte der Kommissar wissen.
»Gar nicht; die Beweise gegen ihn waren nicht stichhaltig genug, so daß der Staatsanwalt das Verfahren einstellen mußte. Ich hatte mich telegrafisch mit der Polizei in Cleveland in Verbindung gesetzt und darum gebeten, den Mann herüberzubringen. Übrigens ist er in Begleitung eines Kriminalbeamten aus Cleveland. Ich nehme an, daß er sprechen wird, und dann werde ich die Leute dorthin bringen, wo ich sie haben möchte.«
Ein Beamter in Uniform kam herein und legte einen Zettel vor den Chef.
»Er ist da«, rief Sir James. »Lassen Sie ihn herein!«
Der Beamte kehrte in Begleitung von drei Männern zurück, von denen einer ein Inspektor von Scotland Yard war. Der zweite, ein großer, hagerer Mann, war anscheinend der amerikanische Kriminalbeamte, während der dritte Mann, dick und wohlaussehend, auch nicht im geringsten das Aussehen eines hartgesottenen Verbrechers hatte. Er sah eher aus wie ein recht erfolgreicher Geschäftsmann. Obwohl er Grieche war, sprach er Englisch ohne Akzent. Er verbeugte sich ungezwungen vor dem Chef und setzte sich höflich dankend auf den Stuhl, den Bickerson ihm anbot.
»Meine Herren, ich möchte Ihnen gleich von vornherein sagen: Von mir wird niemand verzinkt. Ich bin nach Europa gekommen, weil der Polizeichef in Cleveland es mir angeraten hat. Er meinte, wenn ich der englischen Polizei behilflich sei, würde unsere Polizei möglicherweise ein Auge zudrücken. Nun gut, über die Lebenden werde ich nicht sprechen. Aber über den Toten« - er betonte dieses Wort-, »über den Toten will ich sagen, was ich weiß.«
»Ich nehme an, daß Sie mit dem Toten, von dem Sie sprechen, Maurice Tarn meinen?«
Moropoulos nickte.
»Jawohl, ich meine Maurice Tarn. Ob er der Boß war, weiß ich nicht, sicherlich war er aber einer von den Großen. Ich habe mit ihm Geschäfte gemacht. Ich habe in einer besonders angefertigten Kiste eine ganze Menge Kokain aus Deutschland herübergebracht. Wahrscheinlich haben Sie sie gefunden, als Sie seine Wohnung durchsuchten. Es war eine Kiste mit fünf Fächern, die übereinandergeschraubt waren.«
»Ich habe die Kiste nicht gesehen«, wandte Bickerson ein.
»Vielleicht hat er sie verbrannt. Ich kann nur sagen, daß ich die Kiste herübergebracht und mit Tarn eine lange Unterredung hatte, bevor ich wieder abreiste.«
»Hat er mit Ihnen über Soyokas Bande gesprochen?«
Das Gesicht des Griechen verfinsterte sich.
»Nein«, stieß er hervor. »Soyoka hat mich greifen lassen, einer der Beamten hat es mir verraten. Er hat behauptet, daß ich in sein Gebiet eingedrungen sei. Das ist aber eine Lüge, denn ich war der einzige Händler in ganz Ohio, der die Sache in großem Maßstab betrieb.«
»Ist irgendeine Andeutung gemacht worden, wer der Bandenchef ist?« Bickerson kniff lauernd die Augen zusammen.
»Er scheint etwas Großes in London zu sein. Ich glaube, ein Offizier.«
»Haben Sie niemals seinen Namen gehört?« drängte Sir James. »War es nicht etwa Major Amery?«
»Amery?« wiederholte der Grieche langsam. »Nun, darauf schwören möchte ich nicht. Ich weiß nur, daß ich ihm im Wege war und daß einer seiner Leute mich verzinkt hat. Na ja«, gab er zu,
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