03 - Der Herr der Wölfe
müsst mir erzählen, was während meiner Abwesenheit geschehen ist. Geht es den Pächtern gut? Wen haben wir verloren und was gewonnen?«
»William von den Südfeldern starb während der letzten Saat«, antwortete - Gaston und bekreuzigte sich. »Ein tüchtiger Bauer und ein anständiger Mann. Sein Sohn, der ebenfalls William heißt, schwor Euch und Graf Conar die Lehnstreue, wobei Swen das Amt, Eures Stellvertreters übernahm. Damals wart Ihr in Irland, und Graf Conar traf sich mit Graf Odo.«
Sie nickte. Gegen Swen hegte sie keinen Groll. Es störte sie nur, dass er zu den Gefolgsleuten ihres Mannes zählte.
So viel gab es zu besprechen, so viel zu tun. Schnell gingen die Tage dahin, und bald nach Melisandes Heimkehr erschienen die Pächter und Leibeigenen, um sie zu begrüßen und den Treueeid zu erneuern. Wieder einmal wurde ihr bewußt, dass die Invasion der Wikinger - von der ganzen christlichen Welt gefürchtet - die Feudalgesellschaft geschaffen hatte. Diese Menschen dienten ihr, Melisande, und der Stärke. ihrer Festung. Sie schuldeten ihr die Lehnspflicht und Arbeit an drei Tagen pro Woche, wohnten auf ihrem Land, und sie musste für den Lebensunterhalt und den Schutz der Leute sorgen.
Als die Nacht hereinbrach, saßen nur mehr die Menschen, die innerhalb der Schlossmauern wohnten, in der Halle. Ein Festmahl wurde aufgetischt. Nun sah Melisande ihr Zuhause mit neuen Augen. Dubhlain war eine große, wundervolle ummauerte Stadt. Damit ließ sich ihre Festung nicht vergleichen, doch sie erschien ihr sicherer als Erics Burg, und das erfüllte sie mit Stolz.
Zu später Stunde war das Feuer herabgebrannt, und Melisande fühlte sich erschöpft.
»Nun solltest du deine Herrin ins Schlafgemach begleiten, Marie«, schlug Conar vor. Melisande warf ihm einen Blick zu und erkannte, dass er sie beobachtet haben musste, obwohl er mit Swen, Gaston und Philippe zusammensaß. Offenbar beabsichtigten die Männer, noch länger über verschiedene Probleme zu sprechen.
»O nein, ich bin nicht müde … «, begann sie, dann verstummte sie. Immerhin hatte er sie nicht daran gehindert, Warrior zu reiten. Damit wollte sie sich vorerst begnügen und ihre Autorität erst morgen bekräftigen, wenn sie frisch und ausgeruht war. »Nun, vielleicht doch.« Sie wünschte den Männern, die ihrem Vater und ihr selbst so treu gedient hatten, eine gute Nacht, umarmte Ragwald und ging mit ihrer Zofe zur Treppe.
»Melisande!« Der leise Ruf ihres Mannes ließ sie erstarren, dann drehte sie sich langsam um. Sie hatte ihn ignoriert, was ihm natürlich missfiel. Notgedrungen kehrte sie zu ihm zurück und küsste ihn flüchtig auf die Stirn. »Bald komme ich zu dir meine Liebe«, versprach er.
»Nimm dir nur Zeit für deine Unterredung, mein Gemahl - die ganze Nacht, wenn es sein muss.«
»Das würde ich nicht ertragen. Bis gleich!«
Gequält lächelte sie und floh die Treppe hinauf.
Ein warmes Bad erwartete sie im Zimmer ihres Vaters. Die Wanne stand vor dem Kamin Mit Maries Hilfe kleidete Melisande sich aus, versank im Wasser und berichtete von den fernen Ländern, die sie besucht hatte. Ihren Mann erwähnte sie mit keinem einzigen Wort. Aber sie musste unentwegt an ihn denken. Alle ihre und seine Sachen waren in diesen Raum gebracht worden.
Als sie aus der Wanne stieg, reichte ihr die Zofe ein weiches Leinentuch, und Melisande wickelte sich hinein. Dann schlüpfte sie in ein Hemd aus kostbarem, zartem Stoff, das für sie bereitlag und das sie nie zuvor gesehen hatte.
»Wo ist das her?«
»Graf Conar brachte es von einer Reise mit«, erwiderte Marie.
»Oh … «, hauchte Melisande.
Die Zofe küsste und umarmte sie, und Melisande versprach ihr, von nun an würden sie stets beisammenbleiben. Dann war sie alleine im Zimmer ihres Vaters.
Nachdenklich starrte sie ins Kaminfeuer und überlegte, wann Conar das Hemd gekauft haben mochte und ob es tatsächlich für sie bestimmt gewesen war - oder für Brenna oder irgendeine andere Frau. Beinahe hätte sie es über ihren Kopf gezogen, doch sie hörte Schritte vor der Tür. Blitzschnell kroch sie unter die Bettdecke und stellte sich schlafend.
Conar trat ans Bett. Lange stand er reglos davor und schien sie zu betrachten, dann hörte sie, wie er umherging und sich auskleidete. Schließlich schlug er die Decke zurück, streckte sich neben Melisande aus, und sie spürte seinen nackten Körper.
»Sieh mich an!« befahl en Als sie sich nicht rührte, neigte er sich über sie und fügte hinzu:
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