03 Göttlich verliebt
Hectors freche Missachtung der Götter stießen andere Scions weitere Herausforderungen aus.
»Warte!« Helen hob einen Arm, damit Hector nicht gleich zum Angriff überging. Lucas und Jason sprangen herbei, um Hector zurückzuhalten.
»Solch ein Feuer habe ich in den letzten Hundert Generationen nicht mehr gesehen«, stellte Zeus lachend fest. »Aber du hast recht, Apoll. Er ist mutig, sogar mutiger als dein Junge in Troja, aber er ist auch dümmer als ein Marmorbrocken.«
»Ganz ruhig«, sagte Orion zu Hector. »Vertrau uns.«
Zeus beugte sich dicht zu Hector und kam ihm dabei so nah, dass Helen die Blitze sehen konnte, die durch seine bernsteinfarbenen Augen zuckten. »Hätte er nur ein bisschen Verstand, würde ihm wieder einfallen, dass er mich nicht töten kann, wie geschickt er auch sein mag.«
»Ganz genau«, sagte Helen mit gemessener Stimme. »Also ist es keine richtige Herausforderung. Die Götter dürfen sich nicht mit Sterblichen duellieren – deswegen sind in Troja auch nur Halbgötter gegeneinander angetreten. Die Götter können versuchen, Scions mit Riesenwellen, Blitzen oder Flüchen zu töten. Aber im Zweikampf dürfen sie nur gegen uns antreten, wenn sie selbst sterblich sind. So wie Ares, als er mich im Portal gefoltert hat. Dort war er nicht unsterblich, hätte mich also töten können. Aber jenseits der Portale müssen die Götter einen Weg finden, uns dazu zu bringen, dass wir einander bekämpfen. Wie sie es auch in Troja getan haben.«
»Und wie sie es jetzt wieder tun«, fuhr Orion bedeutsam fort, damit möglichst viele Scions hörten und verstanden, dass die Götter eigentlich nur versuchten, sie alle umzubringen.
»Es gibt Regeln für diese Fälle. Du bist bereits mein gewählter Champion«, sagte Helen. »Und da du sterblich bist, muss Zeus einen sterblichen Gegner für dich wählen.«
»Woher weißt du das alles?«, fragte Zeus und sah Helen mit gerunzelter Stirn an.
»Ein kleiner Fluss hat es mir verraten«, sagte sie und seufzte innerlich erleichtert auf, weil sich die Erinnerungen von Helena von Troja als zutreffend erwiesen hatten.
Helen sah, wie Hector sich entspannte, und lächelte. Lucas und Jason zogen sich zurück, denn inzwischen vertrauten sie darauf, dass Helen und Orion wussten, was sie taten.
Auch bei den meisten anderen Scions wich die Anspannung. Die anderen Häuser kannten Hector zwar nicht persönlich, wohl aber seinen Ruf. Er hatte Kreon, einen Schattenmeister, mit bloßen Händen getötet. Soweit es sie betraf, war das Beweis genug für seine Fähigkeiten.
Es gab keinen Scion, der ihm gewachsen war, abgesehen vielleicht von Helen selbst. Er war der perfekte Held. Die größte körperliche Bedrohung war Daphne und sie liebte Hector. Was auch immer Daphnes Motive waren – und Helen musste sich eingestehen, dass sie keine Ahnung hatte –, wusste Helen doch ganz sicher, dass ihre Mutter Hector niemals töten würde. Dafür erinnerte er sie zu sehr an Ajax.
Zumindest bauten Orion und Helen darauf. Sie kannten beide keinen Scion, der Hector besiegen konnte, und so hofften sie, dass die Todesbilanz am Ende des Tages bei zwei stehen würde – Phaon und am besten einer von den Hundert Cousins oder ein entfernter Verwandter aus dem Haus von Athen.
Die hektische Planung der letzten Sekunden hätte Helen eigentlich siegessicher machen sollen, aber das war sie nicht, denn Zeus grinste jetzt noch breiter.
Plötzlich bemerkte Helen eine gewisse Unruhe um sich herum, als wären die Dünen lebendig geworden. Einen Moment später war der Strand voller merkwürdig aussehender Männer in altertümlichen Rüstungen. Ein paar von ihnen hatten glänzende rote Augen, andere einen harten Panzer statt einer Haut, und wieder andere besaßen Greifzangen anstelle von Händen. Myrmidonen. Helen musste wieder daran denken, wie Automedon Zach getötet hatte, und die Wut ließ Blitze von ihren Fingerspitzen sprühen.
»Meinst du, dass du mit einem Myrmidonen fertigwirst?«, flüsterte Helen Hector zu, als ihr klar wurde, dass sie und Orion mit dieser Wendung nicht gerechnet hatten.
»Klar«, wisperte Hector zuversichtlich. Helen sah an ihm vorbei zu Lucas, der mit einem nachdenklichen Nicken bestätigte, dass er ebenfalls der Meinung war, dass Hector es schaffen konnte.
»Auch ich habe meinen Champion gewählt, Helen«, verkündete Zeus. Der Triumph ließ seine Augen aufleuchten. »Achill wird gegen deinen Hector antreten.«
Die Myrmidonen bildeten eine Gasse, durch die ein
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