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03_Im Brunnen der Manuskripte

03_Im Brunnen der Manuskripte

Titel: 03_Im Brunnen der Manuskripte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Umschlag?«
    Er klopfte auf seinen raumgreifenden schwarzen Umhang,
    bis er ihn gefunden hatte, holte noch einmal tief Luft und
    stolzierte hinaus auf die Bühne, wo ihn laute Schreckensschreie
    empfingen.
    Ich kehrte zurück in den Saal und warf einen Blick auf die
    Uhr. Es würde noch weit über eine Stunde dauern, bis der
    begehrteste Preis verkündet wurde, der für den Schwierigsten
    Romantischen Liebhaber. Der Preis war immer noch heiß
    umkämpft, und die Wetten standen sehr hoch. Klarer Favorit
    mit 7:2 war immer noch Heathcliff, der siebenundsiebzigmal
    hintereinander gewonnen hatte. Aber er wusste, was auf dem
    Spiel stand, und hatte seine Worte und Handlungen immer
    wieder unauffällig geändert, um den Lorbeer fest auf seinem
    Kopf zu behalten. Aber auch die Konkurrenten waren nicht
    müßig gewesen. Sogar Hamlet hatte angeblich ein paar Retuschen an seinem Erscheinungsbild vorgenommen. Es hieß, er
    habe seinen Wahnsinn so übertrieben, dass er auf eine Kreuzfahrt geschickt werden musste, damit er nicht völlig durchdrehte.
    Ich kam an einem Tisch vorbei, der ausschließlich mit Kaninchen besetzt war.
    »Herr Ober!« rief eines von ihnen und klopfte mit dem Hinterlauf auf den Stuhl. »Bitte noch zwei Schüsseln Löwenzahnblätter für Tisch Nummer acht!«
    »Guten Abend, Miss Next!«
    Vor mir standen die Bradshaws. Ich war sehr froh, dass sie
    nicht dem Druck spießiger Konventionen gefolgt waren, sondern tatsächlich beide anwesend waren.
    »Guten Abend, Commander! Guten Abend, Mrs Bradshaw –
    hübsches Kleid, das Sie anhaben.«
    »Finden Sie?« sagte Mrs Bradshaw ein wenig ängstlich.
    »Trafford wollte eigentlich, dass ich was Längeres anziehe, aber
    ich fand dieses Cocktailkleid von Coco Chanel unwiderstehlich.«
    »Schwarz passt gut zu Ihren Augen«, versicherte ich, und sie
    lächelte dankbar.
    »Das Ding, das ich mitbringen sollte, steht zu Ihrer Verfügung«, flüsterte Bradshaw. »Ich weiß ein Mädel zu schätzen, das
    zu delegieren versteht. Sie brauchen bloß Bescheid zu sagen.«
    »Ich warte bis zur Vorstellung von UltraWord™«, wisperte
    ich. »Tweed sitzt mir im Genick. Er darf auf keinen Fall erfahren, was Sie mitgebracht haben! Passen Sie gut darauf auf!«
    »Machen Sie sich keine Sorgen, Mädchen«, sagte er. »Die
    Memsahib weiß auch Bescheid. Sie sieht vielleicht zerbrechlich
    aus, aber sie kann sehr wütend werden, wenn man ihr querkommt.«
    Er zwinkerte mir zu, und ich ging weiter. Mein Herz pochte,
    und ich hoffte inständig, dass man mir meine Nervosität nicht
    ansah. Heep war jetzt auf der Bühne, um seinen Preis entgegenzunehmen, aber Legree beobachtete mich.
    Plötzlich nahm ich starken Biergeruch wahr.
    »Miss Next!«
    »Guten Abend, Sir John!«
    Falstaff betrachtete mich ausgiebig von oben bis unten. Ich
    trug selten Kleider und kreuzte abwehrend die Arme vor meiner Brust.
    »Gut schauen Sie aus, meine Liebe!« rief er und tat wie ein
    Kenner.
    »Vielen Dank!«
    Normalerweise ging ich Falstaff aus dem Weg, aber da ich
    unter Beobachtung stand, konnte ein kleines Ablenkungsmanöver nicht schaden. Je mehr Gespräche ich führte, desto weniger
    würden Tweed und TextGrandCentral wissen, wer meine
    eigentlichen Verbündeten waren.
    »Ich kenne ein sehr nettes Nebenzimmer, Miss Next, ein
    recht ansprechendes Boudoir. Was meinen Sie, wollen wir uns
    nicht dorthin zurückziehen? Dort könnte ich Ihnen zeigen,
    woher der Name ›Falstaff‹ kommt.«
    »Ein andermal?«
    »Wirklich?« fragte er überrascht.
    »Nein, nicht wirklich, Sir John«, ergänzte ich rasch.
    »Puh!« sagte er und wischte sich erleichtert die Stirn ab. »Wo
    bliebe denn die Herausforderung, wenn Sie sich wirklich zu mir
    legten – Widerstand, Miss Next, ist der wahre Reiz!«
    »Wenn Sie nur Widerstand suchen, Sir John«, sagte ich lächelnd, »dann können Sie keine Bessere finden als mich.«
    »Darauf werd' ich trinken!« Er lachte herzlich – und man
    hatte das Gefühl, das Wort wäre für ihn erfunden.
    »Ich muss Sie jetzt leider verlassen, Sir John, und denken Sie
    bitte daran: nicht mehr als eine Gallone pro Stunde, nicht
    wahr?«
    Ich klopfte ihm auf den Wanst, der so hart und unnachgiebig
    war wie ein Bierfass.
    »Also wirklich!« sagte er und wischte sich den Schaum aus
    dem Bart.
    Ich kam zum Jurisfiktion-Tisch, wo sich Beatrice und Benedict wie üblich stritten, und setzte mich hin.
    »Hat einer von euch den Protokollführer gesehen«, fragte
    ich, aber niemand schien etwas zu

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