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03 - komplett

03 - komplett

Titel: 03 - komplett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 2 Romane
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haben. Sie waren weit von ihrem Zuhause in Hertfordshire entfernt und hatten sich in diesem Gasthof sicher vor Entdeckung geglaubt, zumal es an der Great North Road nach Schottland zahlreiche andere Gasthöfe für müde Reisende gab. Daher hatte Sylvie es für höchst unwahrscheinlich gehalten, ausgerechnet in dem eher schäbigen Gasthof, den sie zur Rast gewählt hatten, jemandem aus ihrem Bekanntenkreis zu begegnen. Darin hatte sie sich ja nun gründlich geirrt! Aber warum trieb sich ein Aristokrat überhaupt in so einem Wirtshaus herum? Vielleicht hat Lord Rockingham seinen Titel nicht genannt, weil es ihm peinlich ist, an einem solchen Ort angetroffen zu werden und er hier nicht als Mitglied des Adels erkannt werden will, dachte Sylvie. Doch sie verwarf den Gedanken sofort. Er hatte kein bisschen verlegen ausgesehen, und wahrscheinlich würde eher die Hölle zufrieren als der Augenblick kommen, in dem er sich dessen, was er tat, schämte. Sie sah zu John hinüber, der sich genussvoll eine Gabel Fleisch in den Mund schob und den Bissen mit einem Schluck Bier herunterspülte. „Oh, ich verstehe nicht, wie du imstande bist zu essen, nach dem, was geschehen ist“, sagte sie ärgerlich.
    Mit schuldbewusster Miene legte John die Gabel auf den Teller. „Und ich verstehe nicht, warum du dich so aufregst. Irgendwann werden wir ohnehin bekannt geben müssen, dass wir verheiratet sind.“
    „Ja, aber doch jetzt noch nicht! Nicht bevor die Zeremonie überhaupt stattgefunden hat. Wir haben erst die Hälfte des Weges nach Gretna Green zurückgelegt.“
    „Du hast mich doch angewiesen, der Wirtin zu sagen, wir seien verheiratet“, erwiderte John verwirrt.
    „Ja, ich weiß“, sagte Sylvie und seufzte. „Aus Gründen der Schicklichkeit müssen wir auch bei dieser Behauptung bleiben, wenn wir uns in Gesellschaft befinden. Wenn die Wirtin misstrauisch wird, könnte sie vielleicht die Behörden benachrichtigen.“
    „Dann ist es doch gar nicht schlimm, wenn auch Townsend denkt, wir seien bereits verheiratet, nicht wahr? In ein paar Tagen wird dies ohnehin der Wahrheit entsprechen.“
    Sylvie ließ sich auf dem Stuhl gegenüber von John nieder. „Ja, vielleicht.“ Sie nahm die Gabel und schob das Essen auf ihrem Teller hin und her. „Es ist nur, ich weiß nicht
    ... Meinst du, er hat uns geglaubt? Er schien Zweifel zu hegen.“
    John ergriff ihre Hand. „Auf mich wirkte er gar nicht zweifelnd. Er scheint mir ein anständiger Bursche zu sein und gut betucht. Woher kennst du einen solch feinen Pinkel? Ist er ein Freund deines Vaters?“
    Sylvie schüttelte den Kopf. „Er ist ein Freund meines Schwagers William Pemberton.
    Adam Townsend trägt den Titel Marquess of Rockingham.“
    „Oh“, sagte John beeindruckt, ehe er die Gabel nahm und weiteraß.
    „Es tut mir leid“, sagte sie zerknirscht. Ihr Gewissen plagte sie, weil sie so ungehalten mit John umgesprungen war. Schließlich war es nicht seine Schuld, dass das Schicksal ihnen nicht wohlgesinnt schien. Wäre sie nicht stehen geblieben, um Adams Karriole zu bewundern, wäre sie ihm vielleicht gar nicht begegnet. Es war ja nur verständlich, wenn er ein solch teures Gefährt nicht aus den Augen ließ.
    Nach einigen Bissen des überraschend köstlichen Mahls fühlte sie sich indes bereits ein wenig zuversichtlicher. „Wir werden morgen in aller Früh aufbrechen“, verkündete sie. „Vielleicht reist Seine Lordschaft heute Abend noch ab, was ich allerdings bezweifle, denn es ist bereits viel zu dunkel. Falls nicht, werden wir indes fort sein, noch ehe er aufsteht.“
    „Ich kann nicht glauben, dass sie uns so etwas antut! Und noch dazu so heimlich, so verstohlen!“, rief Mrs. Meredith.
    Edgar Meredith hob müde den spärlich behaarten Kopf, den er in die Hände gestützt hatte. „Unsere Sylvie war schon immer ein schlauer kleiner Wildfang“, sagte er.
    „Glaubst du im Ernst, sie hätte solch ein Vorhaben nicht sorgfältig geplant?“
    „Nun, ich weiß nicht, wie du das so gelassen hinnehmen kannst“, erwiderte Mrs.
    Meredith aufgebracht. Sie konnte es immer noch nicht fassen, dass ihre jüngste Tochter sie alle getäuscht hatte und ihre Abwesenheit beinahe einen ganzen Tag unbemerkt geblieben war. Kopfschmerzen vorschützend hatte sich Sylvie am vergangenen Tag nach dem Tee auf ihr Zimmer zurückgezogen und darum gebeten, zum Dinner nicht geweckt zu werden. Als ihr Fehlen bemerkt wurde, war es bereits heller Vormittag. Sylvie hatte eine kurze Nachricht

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