03 - Winnetou III
hegen, deren Ausdünstung den Tieren zuwider ist. Aufsteigen lassen sie den Neger, aber wenn er, vor ihnen hergehend, sie führen will, so weigern sie sich, ihm zu folgen.
Was ich bereits vorhin bemerkt hatte, bewährte sich jetzt: unsere Schätze – sowohl jene von uns aus dem Hide-spot mitgebrachten, als auch das den beiden Morgans abgenommene Paket – waren verloren: – das Gold ist deadly dust, tödlicher Staub; es bringt unter hunderten, die ihm in den Diggins und dem wilden Westen nachjagen, neunzig in den Tod. Der Glanz und Klang des verführerischen Metalls weckt finstere Dämonen, und nur unter dem Gesetz bewährt es seine segensreiche Macht.
Ich nahm die Bauchriemen der Pferde und band damit den Kopf je eines an den Schwanz des andern, so daß die sechs Tiere eine fortlaufende Reihe bildeten; dann faßte ich das vorderste beim Zügel, und fort ging es, die steile Berglehne hinan. Ich hatte meine liebe Not mit den widerspenstigen Tieren, und die übrigen vier Indianer mußten weit entfernt stehen, daß sie das Schnauben und Stampfen der Pferde nicht vernahmen; doch gelangte ich glücklich hinauf und drüben wieder hinab – die Wilden hatten keine Pferde mehr und waren also nicht mehr imstande, die Ihrigen einzuholen. Ebenso war ihr Hauptzweck, mich und Bob nachträglich zu fangen oder zu töten, verfehlt.
Der Neger saß unter dem ihm bezeichneten Hickory und bewachte den Indsmen. Es mochte ihm, so allein mit dem Feind, doch etwas bänglich zumute gewesen sein, und er war sichtlich erfreut und erleichtert durch mein Erscheinen.
„Oh, schön, daß kommen Massa. Indian' machen Augen wie Teufel, haben auch brummen und grunzen wie Vieh, aber Nigger Bob haben geben ihm einen Klapps auf Maul, daß er sein stille!“
„Du darfst ihn nicht schlagen, Bob, denn das ist nicht ritterlich und außerdem eine Beleidigung, die ein Indianer nur mit dem Tod vergilt. Wenn er je wieder frei werden sollte und dich einmal trifft, so bist du verloren!“
„Nigger Bob verloren? Oh, ah, Massa! Dann lieber gleich schlagen tot Indian', daß nicht er werden wieder frei!“
Er zog wirklich seinen Bowiekneif und setzte die Spitze desselben auf die Brust des Comanchen.
„Halt, Bob, keinen Mord! Wenn wir ihn leben lassen, wird er uns großen Nutzen bringen. Hilf mir ihn auf das Pferd binden!“
Ich nahm dem Indianer den Knebel aus dem Mund.
„Mein roter Bruder mag atmen, aber er darf nicht sprechen, außer wenn ich ihn frage!“
„Ma-ram wird reden, wenn es ihm beliebt“, antwortete er. „Das Bleichgesicht wird mich töten und meinen Skalp nehmen, auch wenn ich nicht spreche.“
„Ma-ram wird leben und seinen Skalp behalten, denn Old Shatterhand tötet seinen Feind nur im Kampf.“
„Das Bleichgesicht ist Old Shatterhand? Uff!“
„Ich sage die Wahrheit. Ma-ram ist nicht mehr mein Feind, sondern mein Bruder. Old Shatterhand wird ihn bringen in das Wigwam seines Vaters.“
„Der Vater von Ma-ram ist To-kei-chun (der gehörnte Stier), der große Häuptling der Comanchen, welcher über die Krieger der Racurroh gebietet; er wird Ma-ram töten, weil er der Gefangene des Bleichgesichtes ist.“
„Will mein Bruder frei sein?“
Der Indianer blickte mich verwundert an.
„Kann Old Shatterhand den Krieger freigeben, dessen Leben und Skalp ihm gehört?“
„Wenn mein junger roter Bruder mir verspricht, nicht zu fliehen, sondern mich in die Wigwams seines Stammes zu begleiten, so werde ich ihn losbinden und ihm ein Pferd geben; auch seine Waffen, die dort am Sattel hängen, darf er behalten.“
„Uff! Old Shatterhand hat eine starke Faust und ein großes Herz; er ist nicht wie die andern Bleichgesichter. Aber hat er nicht eine doppelte Zunge?“
„Ich rede stets die Wahrheit. Will mein roter Bruder mir gehorchen, bis wir vor dem Angesicht To-kei-chuns stehen?“
„Ma-ram will es!“
„So nehme er das Feuer des Friedens aus meiner Hand; es wird ihn verzehren, wenn er sein Wort nicht hält!“
Das Versteck meines Pferdes befand sich in der Nähe. Ich holte das Tier herbei und nahm aus der Satteltasche zwei von den Strohzigaretten, die ich mir aus den Vorräten des Hide-spot angeeignet hatte. Ein Streichholz gab es auch, und so wurden die dünnen ‚Habanos‘, nachdem ich den Indianer von seinen Fesseln befreit hatte, in Brand gesteckt und unter den gebräuchlichen Formalitäten geraucht.
„Haben die Bleichgesichter keinen großen Geist der ihnen Ton zu einem Calumet wachsen läßt?“ fragte
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