0301 - Todestrunk im Whisky-Keller
Ring der Sieben. Leider war er immer maskiert, wenn er zu den Treffs erschien. Doch heute sollte sich sein Inkognito lüften. Mortimer wollte wissen, wer dieser Mann war.
Plötzlich zog der Fahrer des Ford die Wolldecke von seinen Knien. Ein Mann hatte das Haus verlassen und ging auf den Nash zu. Er hatte den Hut tief in die Stirn gezogen, sodass man sein Gesicht nicht erkennen konnte. Es war außerdem schon zu dunkel.
Der Nash setzte sich in Bewegung. Der Fahrer des Fords ließ ihm einen kleinen Vorsprung und fuhr dann hinterher. Die Fahrt ging durch die Canal Street zur Manhattan Bridge. Ab und zu schoben sich andere Fahrzeuge zwischen den Nash und seinen Verfolger. Dennoch gelang es dem Ford, Anschluss zu behalten.
Die Fährt ging nach Brooklyn. Hinter der Grand Army Plaza bog der Nash plötzlich in den Prospect Park ein. Der Ford folge ihm. Zwischen den Bäumen war es völlig dunkel. Vom flammten die Stopplichter des Nash auf. Der Fordfahrer bremste ebenfalls und löschte die Scheinwerfer. Minutenlang saß er unschlüssig hinter dem Steuer. Die Dunkelheit wurde nur durch den matten Schimmer des Schnees unterbrochen und von den Rücklichtern des Nash. Die unheimliche Stille war beklemmend für den Mann am Steuer. Die immer dichter werdende Schneeschicht auf der Scheibe versperrte ihm schon die Sicht. Der Mann beugte sich vor, um die Scheibenwischer anzustellen. Dabei musste er den Lichtknopf berührt haben. Grell blitzten die Scheinwerfer auf und fraßen sich durch das dichte Schneetreiben bis zu dem Nash. Der Mann im Ford stellte sie zitternd wieder ab. Nim weiß er, dass ich hier bin, dachte er.
Ein Schauder rann über seinen Rücken. Er fingerte die Zigarettenpackung hervor, aber im letzten Augenblick fiel ihm ein, dass der Mann vor ihm die Glut sehen konnte. Er legte die Packung ins Fach zurück und drehte die Scheibe der Tür herunter. Lautlos und stetig fiel der Schnee. Würgende Angst stieg in dem Mann hoch. Eine Angst, die ihn schließlich zum Handeln trieb.
Er zog eine automatische Pistole aus dem Schulterhalfter und entsicherte sie, dann stieg er lautlos aus. Sekundenlang stand er unbeweglich neben dem Ford. Dann ging er langsam auf die roten Lichter zu. Je näher er kam, umso langsamer wurden seine Schritte. Endlich war er dicht heran. Er brauchte nur noch die Hand auszustrecken, um den Nash zu berühren.
In diesem Augenblick ließ ihn das Geräusch eines brechenden Astes herumfahren.
Er starrte auf die schemenhafte Gestalt eines Mannes, der kein Gesicht zu haben schien. Er wollte schreien, aber die Angst schnürte ihm die Kehle zu. Sie lähmte feinen ganzen Körper. Schlaff hing der Arm herunter.
Der Mann spürte weder Schnee noch Kälte. Er sah nur diese unheimliche Gestalt. Ganz plötzlich kam Leben in sie. Sie bewegte sich und kam langsam auf ihn zu. Zwei Schüsse peitschten durch die Nacht.
***
In den frühen Morgenstunden des nächsten Tages fand ein Parkwächter die Leiche und verständigte sofort die Homicide Squad. Bereits eine halbe Stunde später erschien Lieutenant Andy Gresh mit seinen Leuten am Tatort. Trotz der frühen Stunde hatten sich schon ein paar Passanten eingefunden. Sergeant Paul Solowski forderte die Leute zum Weitergehen auf.
Gresh sah sich um, aber nirgends gab es Spuren. Der Schnee hatte alles zugeweht. Der Fotograf war fertig. Nun machte sich Doc Landwin an die Arbeit. Die übrigen Männer durchsuchten inzwischen die Umgebung des Tatortes. Doch der Schnee hatte ganze Arbeit geleistet. Enttäuscht kehrten sie zu dem Doc zurück. Doch plötzlich stieß Gresh einen Pfiff aus. Er kniete sich hinter den Stamm einer Buche und starrte auf den deutlich sichtbaren Abdruck einer gerillten Gummisohle.
»Weading, kommen Sie her!«
»Lieutenant?«
Gresh stand auf und sah hinauf. »Die Zweige waren zu dicht. Der Schnee blieb darauf liegen. Der Tote hat Ledersohlen an den Schuhen, Giles, Die Gummisohle könnte dem Mörder gehören. Nehmen Sie einen möglichst deutlichen Gipsabdruck. Es sieht nicht danach aus, dass der Mörder mit seinem Opfer gekämpft hat, bevor er es erschoss. Vielleicht ist dieser Fußabdruck die einzige Spur.«
Weading nickte. »Wird gemacht, Lieutenant.«
Gresh und Sergeant Solowski traten zu Doc Landwin, der seine Arbeit beendet hatte.
»Der Mörder muss ein guter Schützte sein«, sagte er ernst. »Wenn er nicht vor seinem Opfer gekniet hat, dürfte er fast von der Hüfte aus geschossen haben Die Kugeln drangen nämlich schräg von unten in den
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