0305 - Im Rattentempel
wie ein menschliches Monstrum vorkam.
Noch konnten wir kämpfen, aber lange würden wir nicht mehr hier stehen, denn die Tiere, die es schafften durchzukommen, versuchten mit geballter Kraft, uns umzustoßen.
Was tat Mandra?
Das interessierte mich natürlich stark, denn er war schließlich durch seine Verletzung behindert.
Danach sah es nicht aus, denn Mandra Korab hatte zwei der drei Dolche gezogen und stellte sich ebenfalls den Ratten zum Kampf.
Nur stach er mit den Waffen nicht zu, sondern setzte sie anders ein.
Er wurde Herr über die Rattenplage.
Mandra stand wie ein Fels in der Brandung. Es hatte ihm nichts ausgemacht, daß sich einige Ratten an ihm festbissen. Seinen Kopf hatte er in den Nacken gelegt, die Arme halb erhoben, und aus den Fäusten schauten die schwarzen Klingen hervor, während die roten Griffe von seinen Händen umschlossen wurden und nicht sichtbar waren.
Ich stach mit meinem geweihten Silberdolch zu. Mandra dagegen ließ die Waffen kreisen.
Und er nutzte ihre Magie.
Noch nie hatte ich ihn so sprechen hören. Aus seinem Mund strömten kehlige Laute, während er die beiden Dolche kreisförmig durch die Luft führte. Dabei drehte sich der rechte nach links und der linke nach rechts.
Zuerst geschah nichts. Wie nebenbei bekam ich die kreisenden Bewegungen der Arme mit, und ich fragte mich, was das alles überhaupt sollte. Wollte Mandra hier vielleicht den Märtyrer spielen?
Nein, dazu war er nicht der Typ!
Es begann mit einem gellenden Schrei.
Nicht Mandra Korab hatte ihn ausgestoßen, sondern Lakana, und er war wie ein Irrwisch von seinem Nagelbrett in die Höhe geschnellt. Mit einem froschartigen Hüpfer verließ er seine »Schlafstelle« und sprang mitten in das Gewimmel der Ratten hinein, wobei er sich im Kreis drehte und beide Hände vorstreckte.
Weit riß er sein Maul auf. Er starrte Mandra Korab an, zischte ihm etwas zu, doch der Inder hörte nicht. Er bewegte seine Arme, aus dem Mund drangen Laute der alten Göttersprache, und Lakana zog sich zusammen, als hätte er Essig getrunken.
Was er schrie, konnte ich nicht verstehen, es hatte sich allerdings angstvoll angehört.
Nicht ohne Grund.
Plötzlich reagierten auch die beiden Dolche.
Bisher hatte ich nur gedacht, in den Griffen würden die Flammen stecken, doch sie breiteten sich aus und erfaßten ebenfalls die schwarzen Klingen, so daß diese auch rot aufglühten.
Dabei blieb es nicht.
Plötzlich schossen Flammen aus ihnen hervor. Es waren lange, feurige Lanzen, und sie stachen in die Masse der Ratten hinein, loderten über die Körper hinweg und hatten sie im Nu erfaßt.
Die Ratten brannten!
Das geschah, ohne daß sie Rauch abgaben. Ihre Körper schmolzen weg, und die Flammen, die die Dolche verlassen hatten, zuckten auch nicht zurück. Sie blieben mit den Messern in Verbindung, huschten dabei lautlos über die graubraunen Nager und breiteten sich immer weiter aus.
Fingerhoch huschten sie über die Ratten hinweg, ließen uns Menschen aus und griffen nur die Tiere an, um sie vor unseren Augen zu zerstören.
Aus Ratten wurde Staub.
Ich ließ meinen rechten Arm sinken, denn den Dolch brauchte ich vorerst nicht mehr. Mandra Korab hatte mir bewiesen, wie man sich dieser Rattenplage entledigte.
Lakana schaute zu.
Er verstand die Welt nicht mehr. Auf seinem Gesicht breitete sich der Unglaube aus. Er mußte mit ansehen, wie seine Tiere, für die er so lange gekämpft hatte, Opfer der Dolchmagie wurden. Nur sehr wenigen Ratten gelang es, durch die offene Mauer zu entkommen oder in Richtung Ausgang zu laufen.
Auf einmal regte sich nichts mehr zu unseren Füßen. Auch Mandra konnte seine Arme sinken lassen. Er schaute uns an, nickte, wobei ein Lächeln um seine Lippen glitt.
Geschafft!
Und wie, mußte man sagen. Was Mandra Korab da gebracht hatte, hätten wir niemals geschafft.
Ich schaute auf die Dolche in seinen Händen. Die Klingen hatten wieder ihre normale Farbe angenommen. Mit einer lässig anmutenden Bewegung warf Mandra beide Dolche in die Luft, sah zu, wie sie sich überschlugen, und fing sie geschickt auf.
Dann ließ er sie wieder verschwinden.
Lakana hockte auf dem Boden. Aus seinem Mund drangen Geräusche, die man als Mittelding zwischen Lachen und Schluchzen bezeichnen konnte. Jedenfalls seltsame Laute. Er, der Fakir, mußte den Schock seines Lebens bekommen haben, denn noch immer war er völlig aus dem Häuschen, änderte seine Haltung, kniete sich in den Ascherest, spreizte die Finger und wühlte ihn
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