0309a - Tod im Fesselballon
kleinen Insel vor der Einfahrt zum New Yorker Hafen. Es ist bedeutend kleiner als die Freiheitsstatue und wird von den Besuchern der Insel wenig beachtet.«
»Und du meinst, dass dieses Denkmal in dem Rätsel von Bud Lavers gemeint ist?«
»Es gibt keinen anderen Leif Erikson, Jerry. Und auf dieses Denkmal könnte doch alles zutreffen, was weiter in dem Brief gesagt wird. Gegen achtzehn Uhr wird die Sonne direkt auf den Kopf des steinernen Leif Erikson scheinen und ihm mit ihren Strahlen vergolden. Es ist möglich, dass das Denkmal dann einen hundert Yard langen Schatten wirft, der auf ein Holzhaus deutet.«
»Ich weiß nicht, ob du richtig liegst«, wandte ich zweifelnd ein.
»Hast du einen besseren Vorschlag?«
»Nein, leider nicht.«
»Also müssen wir es versuchen, wenn wir weiterkommen wollen.«
Ich stimmte zu. »Und nun?«, fragte ich.
»Wir haben noch viel Zeit, bis der Wikinger einen goldenen Kopf bekommt.«
»Folgen wir dem Rat des Chefs«, sagte ich.
»Und?«
»Du scheinst noch zu träumen«, bemerkte ich und grinste.
***
Tom Spencer, der Direktor des National Museums, sah nicht so aus, wie man sich allgemein den Leiter eines Museums vorstellt. Er trug eine graue Hose, über die ein saloppes taubenblaues Hemd fiel. Am Ausschnitt steckte ein gelbes Tuch. Sein kantiges Gesicht war braun, und die silbersträhnigen Haare lagen dicht am Kopf an. Dem Alter nach musste er dem Jahrgang des toten Kunsthändlers Warren Rood angehören.
Mit einem selbstsicheren Lächeln kam er von seinem Schreibtisch her auf uns zu. Das Zimmer war mit Kunstgegenständen aller Art vollgestopft.
Ich stellte uns vor und sagte, was wir wollten.
»Ich helfe Ihnen gern«, sagte er, »meine Zeit erlaubt es gerade. Warten Sie bitte einen Augenblick. Mister Romer ist auch noch im Haus.« Er bestellte den Wächter in die Halle.
Romer erwartete uns am Absatz der Treppe. Wir gingen nach oben, wobei uns der Wächter die Geschehnisse der Nacht schilderte.
Phil und ich interessierten uns für die Ritterrüstung, an der der Täter gestanden hatte, bevor er den Wächter niederschlug. Wir suchten den Boden ab. Dort waren Fußspuren zu erkennen. Es handelte sich um glatte Gummisohlen, sogenannte Mooskreppsohlen. Die Spuren waren bereits von der Polizei sichergestellt worden, wie wir erkannten. Phil und ich sahen uns die mit Nitratpulver bestäubten Abdrücke an und prägten uns die Formen ein. Die Sohle lief glatt in einem Stück von der Fußspitze bis zur Ferse durch. Die Schuhe besaßen keinen Steg und keinen Absatz.
»Mister Spencer, haben Sie eine Vermutung, warum ausgerechnet dieses Gemälde gestohlen wurde?«, fragte ich.
»Nein.«
»Es gibt doch noch andere kostbare Bilder in dem Museum, nicht wahr?«
»Über diesen Punkt sind Sie nicht ganz richtig informiert, Mister Cotton«, sagte Tom Spencer. »Die Kunstschätze dieses Museums sind zweifellos überaus wertvoll. Aber das gestohlene Rembrandt-Bild lief an der Spitze. Es gibt allerdings noch eine Reihe anderer Gemälde, die dem verschwundenen Bild kaum an Wert nachstehen. Trotzdem finde ich ist es eigenartig und seltsam, dass überhaupt ein Bild aus diesem Museum gestohlen wurde. Im öffent-34 lichen Handel kann es der Dieb nicht verkaufen. Sämtliche Kunsthändler sind oder werden noch darüber informiert. Sie geben an uns Nachricht, wenn das Bild auftauchen sollte.«
»Es soll doch auch einen illegalen Kunsthandel geben«, bemerkte ich.
»Darauf wollte ich gerade zu sprechen kommen. Einmal kann der Dieb selbst ein fanatischer Sammler sein, der das Bild für sich besitzen will. Solche Fälle hat es wiederholt gegeben. Denken Sie nur an den Raub der Mona Lisa aus dem Louvre in Paris, wo auch ein fanatischer Sammler zum Verbrecher wurde. Die andere Möglichkeit ist die, dass es einen reichen Sammler gibt, der das Bild durch einen Dieb hat stehlen lassen.«
Wir sahen uns noch weiter um, ohne aber Spuren zu entdecken, die auf den Täter schließen ließen.
»Mister Spencer, am Kennedy-Airport wurde ein Rembrandt-Bild vom Zoll beschlagnahmt und dem FBI zugeleitet.«
»Von der Sache weiß ich, Mister Cotton. Ihr Kollege Hutchins hat mich bereits informiert und gebeten, mein Gutachten abzugeben. Ich bin leider noch nicht dazu gekommen, werde es aber nachholen. Deshalb kann ich Ihnen jetzt leider keine Auskunft über dieses Bild geben.«
Wir bedankten uns und gingen.
»Wir tappen wie in einem Tunnel herum«, sagte ich unterwegs zu Phil. »Überall stoßen wir an, können
Weitere Kostenlose Bücher