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031 - Der Puppenmacher

031 - Der Puppenmacher

Titel: 031 - Der Puppenmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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seine Augen an das Halbdunkel zu gewöhnen.
    Noch bevor er die schattenhaften Umrisse des Mannes erkennen konnte, sprach ihn dieser an.
    »Sie sind früher als erwartet eingetroffen, Mr. Chapman«, sagte der Unbekannte mit leicht südländischem Akzent.
    Chapman zog blitzschnell seine Waffe. Seine Augen hatten sich inzwischen an das Dämmerlicht gewöhnt. Der Mann vor ihm war klein und drahtig. Er hatte einen dunklen Teint, und sein schwarzes Haar war pomadisiert. Er war Chapman auf Anhieb unsympathisch, aber mehr noch spürte er instinktiv die Gefahr, die von ihm ausging. Und dann fiel ihm noch etwas auf. Das Kruzifix an der Wand war verformt und die Inschrift – I.N.R.I. – bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt.
    Vom Gekreuzigten waren nur noch die festgenagelten Hände und Füße übrig. Rund um das deformierte Kreuz waren fremdartigen Schriftzeichen und eine Reihe von obszönen Schimpfworten hingekritzelt.
    »Aber, aber, Mr. Chapman! Was wollen Sie denn mit der Pistole?« fragte der Unbekannte. Er näherte sich langsam und fuhr mit gesenkter Stimme fort: »Sie werden doch nicht schießen, ohne mich anzuhören? Ich habe Ihnen einen Vorschlag zu machen. Schließen wir einen Pakt. Helfen Sie mir, Dorian Hunter zur Strecke zu bringen, und ich schenke Ihnen die Freiheit!«
    Chapman schoß. Er hatte noch nie in seinem Leben an die Existenz von Dämonen und Gespenstern geglaubt, nicht einmal als Kind, aber jetzt spürte er das Böse, das von diesem unscheinbaren Mann ausging und wußte, daß Dorian recht hatte. Es gab die Mächte der Finsternis, und dieser Mann gehörte zu ihnen.
    Chapman drückte immer wieder ab, bis er das Magazin leergeschossen hatte, aber der Unbekannte lachte ihn nur aus.
    »Wie Sie wollen, Mr. Chapman. Dann werden Sie eben nicht mein Verbündeter, sondern mein Sklave sein. Halte ganz still! Sei artig, mein stolzer, energischer Puppenmann!«
    Chapman blieb gelähmt stehen.
     

     
    Lord Hayward beobachtete Dorian Hunters Kommen aus dem Fenster seines Zimmers, das im zweiten Stock neben dem von Phillip lag. Langsam begann er daran zu zweifeln, daß es klug war, sich mit Hunter einzulassen. Dieser Mann verstand zweifellos etwas von der Materie, aber er begnügte sich nicht damit, Phillip zu helfen, sondern schnüffelte überall und in allem herum.
    Hayward ging zur Tür, schob die beiden schweren Riegel beiseite, die er vor einer Woche selbst montiert hatte, schloß auf und lauschte. Im Haus war es vollkommen still. Er nahm an, daß seine Gäste noch nicht wach waren. Sie schliefen meistens bis spät in den Tag hinein.
    Auf leisen Sohlen schlich er in den Korridor hinaus. Als er an Phillips Schlafzimmer vorbeikam, horchte er erneut. Kein Laut drang an sein Ohr. Seine Hand langte instinktiv zur Klinke, aber er drückte sie dann doch nicht hinunter.
    Die Stille in Phillips Zimmer mußte nicht unbedingt etwas zu bedeuten haben. Er durfte nicht gleich das Schlimmste annehmen. Immerhin war diese Coco Hunters Geliebte. Sie hatte keine Veranlassung, sich an Phillip zu vergreifen.
    Hayward biß sich auf die Lippen und eilte geräuschlos die Treppe hinunter. Darin besaß er schon einige Übung. Wie oft war er in den letzten Tagen durch sein Haus geschlichen!
    Noch bevor der Dämonen-Killer zum Glockenzug greifen konnte, hatte Hayward die Tür aufgerissen.
    »Ich habe Sie von meinem Fenster aus gesehen.«, erklärte er entschuldigend, als Hunter erstaunt zurückzuckte. »Es ist besser, wenn niemand etwas von Ihrem Besuch merkt.«
    »Sind Ihre Gäste denn noch nicht wach?« fragte Dorian verwundert.
    »Ich mache ihnen keine Vorschriften«, antwortete Hayward gereizt. »Sie können in meinem Haus tun und lassen, was sie wollen. Stört Sie das etwa?«
    Dorian hob nur die Schultern und ging an Hayward vorbei ins Haus.
    »Wie geht es Phillip?« fragte er dann.
    »In seinem Zimmer ist alles ruhig«, antwortete Hayward. »Können wir zu ihm gehen?«
    Hayward stieg vor Dorian die Treppe hinauf. Er hielt sich automatisch ganz nahe an der Wand des Stiegenaufganges. um kein unnützes Geräusch zu verursachen. Er hat Angst, durchzuckte es Dorian. Ganz erbärmliche Angst. Doch vor wem?
    Sie kamen ohne Zwischenfall in die zweite Etage. Hayward lauschte wieder an der Tür von Phillips Zimmer, bevor er sie abrupt aufstieß und wie angewurzelt stehenblieb.
    Dorian sah über seine Schulter, daß das Zimmer leer war. Die Decke von Phillips Bett lag zerknüllt auf dem Boden, die Kissen waren zerschlissen, die Daunen durch das

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