031 - Sie kamen aus dem Jenseits
denn nicht retten?« wollte ich wissen.
»Wie denn?« fragte Cruv zurück. »Sie sind verbraucht. Nur Radheeras Magie hält sie noch für kurze Zeit am Leben. Wenn du eine Möglichkeit fändest, diese Magie aus ihrem Körper zu vertreiben, würdest du sie auch töten. Sie sind verloren, Tony. Ich glaube nicht, daß noch irgend jemand etwas für sie tun kann. Radheera hat sie auf dem Gewissen. Sie fangen in dem Augenblick an, langsam zu sterben, wo der Magier-Dämon sie nach drüben holt.«
Mir wurde aus zwei Gründen warm. Erstens dachte ich an Ireen Bean, die Radheera – immer vorausgesetzt, er war schuld an ihrem damaligen Verschwinden – vermutlich auch zurückgebracht hatte.
Was würde sie tun? Wen sollte sie dem Magier-Dämon bringen? Ihren Mann? Oder ihre Tochter?
Der zweite Grund war, daß Radheera nun ein anderes Opfer auswählen würde. Wann schlug er zu? Wo würde er auftauchen?
Hatte er etwa vorgehabt, mich nach Coor zu holen?
Ich fragte Cruv, wie Radheera dabei vorging, und der Gnom sagte es mir. Der Magier-Dämon hatte die Fähigkeit, Lebewesen verschwinden zu lassen.
Er radierte sie aus ihrer Umgebung buchstäblich aus, sie wären dort dann nicht mehr vorhanden. Ich konnte mir vorstellen, daß Radheera die Personen, die er verschwinden ließ, mit seiner Magie zerlegte und zu Hause auf Coor zusammensetzte.
Dabei kam es vermutlich auch zu jenem Umwandlungsprozeß, der aus guten Menschen böse, abgefeimte Kreaturen machte. So besehen hatte ich großes Glück gehabt, daß der Magier-Dämon mich nicht auch zerlegte.
Aber wer würde dieses Glück heute nacht nicht haben?
»Wenn ich bloß wüßte, wo der verdammte Kerl steckt!« sagte Mr. Silver grimmig.
»Yuums Auge hat ihn mir kurz gezeigt«, sagte Cruv.
»In welcher Umgebung?« fragte der Ex-Dämon sofort.
Der Gnom hob ratlos die Schultern. »Ein kahler Gang, glaube ich. Dahinter Sitzbänke… vielleicht. Eine Rasenfläche… möglicherweise.«
»Glaube ich. Vielleicht. Möglicherweise!« wetterte der Ex-Dämon. »Knirpsie, du tanzt auf meinen Nerven Csárdás.«
»Seit wann hast du denn Nerven?«
»Seit ich dich kenne.«
Ich fragte Sybil Montana, ob ich mal telefonieren dürfe. Sie erlaubte es mir. Ich rief die Auskunft an und ließ mir die Nummer des Jeremy-Jingles-Hallenbades geben.
Ich notierte sie. »Danke«, sagte ich und drückte auf die Gabel.
Anschließend wählte ich die Nummer.
»Jeremy-Jingles-Hallenbad«, meldete sich eine männliche Stimme.
»Ich möchte Miß Mara Bean sprechen«, sagte ich.
»Augenblick.«
Es knackte in der Leitung. Dann meldete sich Mara. Obwohl ich sie nicht kannte, war ich froh, ihre Stimme zu hören. Ich nannte meinen Namen und versuchte ihr klarzumachen, daß sie in Gefahr war.
Sie glaubte mir nicht, hielt meinen Anruf für einen schlechten Scherz. Ich bat sie, nicht aufzulegen. Irgend etwas in meiner Stimme machte sie unsicher.
Sie hörte mir weiter zu, und ich berichtete ihr vom Schicksal der Montanas. Von dem Greis, auf den auf dem Airport geschossen worden war und der die Garben wie nichts weggesteckt hatte, hatte sie im Radio gehört.
Allmählich fühlte ich, daß sie mir glauben wollte. Aber ich hörte noch deutlich die Skepsis hinter ihren Worten, wenn sie mich unterbrach.
»Können Sie nicht versuchen, einfach zu glauben, was ich Ihnen sage?« fragte ich ungeduldig.
»Versetzen Sie sich doch einmal in meine Lage, Mr. Ballard. Sie kriegen einen Anruf…«
»Sie haben recht«, sagte ich seufzend. »Darf ich Sie wenigstens bitten, von nun an sehr vorsichtig sein? Und wenn Ihnen eine Greisin begegnet, laufen Sie weg, als wäre der Teufel hinter Ihrer Seele her. Das ungefähr ist dann nämlich der Fall.«
»Na schön.«
»Ich komme so rasch wie möglich zu Ihnen.«
»Ich glaube nicht, daß ich in Gefahr bin.«
»Hoffentlich müssen Sie nicht bald Ihre Meinung revidieren. Wie heißt Ihr Vater?«
»Gary.«
»Wo kann ich ihn erreichen?«
»Wollen Sie ihm etwa auch Angst einjagen?«
»Angst einjagen«, wiederholte ich ärgerlich. »Mein liebes Kind, wenn Sie’s immer noch nicht gemerkt haben sollten: Ich versuche Ihnen das Leben zu retten. Ihre und Ihres Vaters Sicherheit liegt mir am Herzen.«
»Sie kennen uns doch gar nicht.«
»Ich weiß, daß unter Umständen etwas Furchtbares auf sie zukommt. Ist es da so wichtig, Sie zu kennen? Ich möchte verhindern, daß Ihnen etwas zustößt. Es ist in der heutigen Zeit zwar unmodern, sich für seine Mitmenschen einzusetzen, aber ich bin
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