0312 - Ihn peitschte die Angst
sind mein Freund«, verkündete der Preisboxer feierlich. »Schon wegen dieses Schlags.«
»Ich fange gleich an zu weinen«, sagte der dicke Quincey und machte kehrt.
Zehn Minuten später tranken sie in Prights Billardsalon einen Whisky und hielten Ausschau. Quincey schüttelte stumm den Kopf. Er rückte näher an Phil heran und raunte, ohne die Lippen zu bewegen:
»Ich bin hier bekannt. Daß Sie Geld von ihm zu kriegen hätten, dürfen Sie nicht behaupten, sonst gibt uns keiner einen Tip.«
Phil nickte unmerklich, trank seinen Whisky aus und winkte den mürrischen Burschen heran, der hinter der Theke stand.
»Ich komme von der Blindenheim-Lotterie«, behauptete Phil. »Ein gewisser Mr. Al Forster hat bei mir seinerzeit das Los Nummer vierundsechzigdreiundneunzig - zweiunddreißig - einundachtzig gekauft. Das Los hat hundert Dollar gewonnen, aber ich kann Mr. Forster nicht auftreiben. Ich habe mich schon an das. Polizeirevier gewandt, aber Mr. Quincey konnte mir auch nicht helfen, obgleich er Mr. Forster kennt. Ich muß doch den Gewinn gegen Quittung loswerden! Können Sie mir nicht sagen, wo ich Mr. Forster finden kann?«
»Hundert Dollar?« wiederholte der Barkeeper. »Mann, dann kriege ich ja endlich die vierzig Bucks, die er mir schuldet! Junge, hat der Kerl ein Glück. Ich gewinne nie was. Kennen Sie die Blayds-Garagen?«
Phil schüttelte den Kopf.
»Zwei Blocks weiter hinauf nach Norden«, erläuterte der Barkeeper. »Auf der rechten Seite. Al arbeitet dort. Fragen Sie nach ,Tinten-Al, das ist sein Spitzname, darunter kennt ihn jeder in den Garagen.«
»Eigentlich müßte er Ihnen von seinem Gewinn etwas abgeben«, sagte Phil todernst. »Ohne Sie hätten wir ihn nie gefunden.«
»Da haben Sie verdammt recht!« sagte der Barkeeper. »Einen Fünfer könnte er ruhig springen lassen. Sagen Sie es ihm ruhig, Sir.«
»Ganz bestimmt«, nickte Phil und legte zwei Dollar auf die Theke. »Danke, es stimmt schon.«
»Vielen Dank, Sir! Wenn Sie mal einen guten Tip für mich haben?«
»Nächste Woche ist Ziehung bei der Waisenkinder-Lotterie. Ich werde sehen, ob ich ein paar gute Nummern erwischen kann«, sagte Phil.
Zusammen mit Quincey verließ er die Kneipe.
Draußen blieb der dicke Detektiv stehen und hielt Phil am Ärmel fest.
»Irgend etwas ist faul«, raunte er leise.
»Wieso?«
»›Tinten-Al‹ hat noch nie richtig gearbeitet. Glauben Sie mir, Mr. Decker, hier ist etwas faul, oberfaul!«
»Wir werden ja sehen«, meinte Phil leichthin. »Jedenfalls werden wir uns die Garagen mal ansehen.«
Er hätte besser gleich nach zwanzig Mann Verstärkung telefoniert.
***
Es war gegen drei Uhr, als ich im Distriktgebäude ankam. Ich suchte sofort unseren Chef auf.
»Haben Sie das Gutachten?« fragte ich. »Ich meine das Gutachten darüber, wie lange es die im Laderaum eingeschlossenen Männer dort aushalten können?«
Mr. High nickte.
»Es ist so, wie ich es mir gedacht hatte, Jerry. Es gibt eine Frischluftzufuhr. Theoretisch können es die beiden Männer darin einige Tage aushalten. Die Frage ist, wie es psychisch auf sie wirkt: Dunkelheit, das Wissen, daß irgend etwas geschehen sein muß, und die Ungewißheit, was sie tun sollen.«
»Ich hoffe, daß sie es wenigstens noch ein paar Stunden aushalten«, sagte ich langsam und gedehnt. »Vielleicht sieht in ein paar Stunden alles schon ganz anders aus.«
»Haben Sie eine Spur?«
»Noch nicht richtig. Eigentlich nur einen vagen Verdacht. Ich gebe Ihnen Bescheid, sobald sich etwas Greifbares herauskristallisiert hat.«
»Ja, bitte, Jerry.«
Ich ging in mein Office. Von Phil war nichts zu sehen. Ich setzte mich an meinen Schreibtisch und nahm den Telefonhörer. Eine unserer Telefonistinnen aus der Zentrale meldete sich. Ich bat um eine Verbindung mit der FBI-Dienststelle im Bundesstaat Florida.
»Es kann ein j5aar Minuten dauern«, gab die Telefonistin zu bedenken.
»Das macht nichts, ich warte.«
Ich legte den Hörer zurück, stand auf, zündete mir eine Zigarette an und ging zum Fenster. Strahlender Sonnenschein lag über New York. Tief unter mir rollten die Autos in sechs Kolonnen.
Sie sahen aus wie kleine Spielzeuge. Das Summen der Klimaanlage war gerade laut genug, um das dumpfe Brausen des Verkehrs aus der Straßenschlucht zu übertönen.
Noch einmal ging ich die Verdachtsmomente durch, die ich gefunden hatte. Sie setzten sich aus lauter winzigen, bruchstückartigen Einzelheiten zusammen, die weder einzeln noch gemeinsam genügten, um als
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