0314 - Höllentage für uns G-men
entsetzlich müde.«
»Das kann ich mir gut vorstellen. Es war ein bisschen viel für dich, erst die Verletzungen, und dann dieses stundenlange Antworten auf unsere Fragen. Komm, ich helfe dir. Du musst dich nur kräftig auf mich stützen.«
***
Mr. Burny versicherte, dass er sich mit Walter noch über das Schmerzensgeld unterhalten werde. Der alte Mann war sichtlich von Sympathie für den Jungen erfüllt. Nachdem sich der Abschied von ihm ein bisschen in die Länge gezogen hatte, kletterte Hutchenrider endlich nach dem Jungen in seinen alten, klapprigen Ford. Er setzte sich ans Steuer. Als er in der Beck Street anhielt, sagte Walter Blake plötzlich: »Glauben Sie, dass man den Überfall auch ausgeführt hätte, wenn Mister Burny selbst im Geschäft gewesen wäre?«
Hutchenrider sah den Jungen überrascht an.
»Darüber habe ich noch nicht nachgedacht«, bekannte er ehrlich. »Aber das ist eine gute Idee! Hätte der alte Burny selbst in seinem Geschäft gestanden, wäre der Überfall dann auch ausgeführt worden? Das ist eine interessante Frage.«
»Sie fiel mir nur gerade ein.«
»Diese Frage bedeutet, was war den Einbrechern - oder wie man diese Gauner nennen will - also was war ihnen wichtiger: die erhoffte Beute? Oder der Umstand, dass sie dich würden gehörig durch die Mangel drehen können. Das Motiv des ganzen Überfalls! Das brauchen wir! Waren die gestohlenen Pistolen oder der Angriff gegen dich wichtiger? Wenn man diese Frage beantworten könnte, hätte man vielleicht schon den Schlüssel zur Lösung des Rätsels gewonnen.«
»Sieht eigentlich so aus, als ob es ihnen mehr um meine Person gegangen wäre, was?«, fragte Walter Blake.
»Wieso?«
»Ich dachte nur. Weil sie nicht einmal die Ladenkasse mitgenommen haben. Die Gelegenheit dazu konnten sie sich doch gar nicht besser wünschen.«
»Zum Teufel, das ist wahr!«, nickte Hutchenrider. »Obgleich ich angenommen hatte…«
In der Dunkelheit, die nun schon seit fast einer Stunde herrschte, trat von außen plötzlich ein Mann an Hutchenriders Auto heran. Im Licht der abgeblendeten Scheinwerfer erkannte der Sergeant einen sehr beleibten Mann, der einen hellen Staubmantel trug. Er kam an den geparkten Wagen heran, beugte sich zum Seitenfenster herab, das einen Spalt offenstand, und keifte schnaufend: »Was wollen Sie denn hier?«
»Wir haben uns noch ein bisschen unterhalten«, erwiderte der Sergeant ungerührt. »Bevor Mister Blake aussteigt. Er wohnt nämlich hier.«
»Ach, der junge Blake. Dann entschuldigen Sie nur meine Aufdringlichkeit. Aber wenigstens ein Blick muss einem ja vergönnt sein, wenn in der Dunkelheit wildfremde Autos vor dem Haus parken. Man kann ja heutzutage gar nicht vorsichtig genug sein.«
»Da haben Sie sicher recht«, knurrte Hutchenrider unfreundlich und kurbelte das Fenster zu, während sich der Dicke auf den Hauseingang zu entfernte.
»War das nicht ein gewisser Chris Furier?«, fragte der Detective-Sergeant mit einem leisen, vieldeutigen Unterton.
»Ja«, erwiderte Blake arglos. »Er bewohnt die ganze erste Etage. Wir wohnen in der vierten Etage, und wir haben keineswegs das ganze Stockwerk. Aber was wollten Sie vorhin sagen, als Sie unterbrochen wurden? Sie hatten eigentlich angenommen…«
»Ja, ich hatte angenommen, dass es in der ersten Linie nicht darum ging, dich zu traktieren. Das hätte man letztlich auch an einem anderen Ort machen können. Aber da man offenbar nur die Waffen mitgenommen hat, die man mit einem Griff aus dem Regal ziehen konnte, und da man ferner die ganze Ladenkasse unangetastet ließ, könnte man auch zu der Folgerung kommen, dass der Diebstahl der Waffen nur von der anderen Fährte ablenken soll, nämlich von der Annahme, das alles sei vielleicht nur geschehen, weil man dich hart rannehmen wollte. Das eröffnet völlig neue Theorien.«
Hutchenrider bohrte wieder Löcher in die Luft mit dem Stiel seiner Pfeife, Walter Blake schwieg und wartete geduldig, obgleich ihm jeden Augenblick die Augen zuzufallen drohten.
»Morgen früh, wenn du aufgewacht bist und dich halbwegs wohlfühlst, mach mir eine Liste von den Burschen, die dich hassen könnten«, bat der Sergeant den Jungen. »Ganz egal, was sie in der Hauptsache wollten, jetzt haben sie sechs Pistolen und genug Munition, um ganze Häuserblocks zu entvölkern. Also müssen wir ihnen möglichst schnell auf die Spur kommen. Ich muss Burny noch einmal anrufen. Er muss doch wenigstens wissen, welche Zeitungen der Junge ausgetragen hat.
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