0324 - Sie tanzten, wenn die Ratte pfiff
Besseres?«
Ich bedauerte, dass wir auf der Straße standen und ich deshalb keine Möglichkeit hatte, mich hinzusetzen. Aber mir war sehr danach. Ein Polizist, vielleicht gar ein G-man sollte Ackerman durch unsere Absperrung gelassen haben? Den Ackerman, um den es in der Hauptsache ging?
»Tja«, sagte Mr. High betreten. »So leid es mir tut, ich fürchte, wir werden uns mit Phils Gedankengang vertraut machen müssen. Ehrlich gesagt, ich glaube auch nicht, dass eine andere Möglichkeit auch nur theoretisch existiert. Dass Ackerman bei der Durchsuchung übersehen worden sein kann, ist einfach ausgeschlossen. Kommen Sie mit zurück ins Districtgebäude?«
»Ja«, nickte Phil.
»Nein«, sagte ich.
Sie sahen mich überrascht an.
»Ich will mich selber noch einmal im Haus umsehen«, erklärte ich.
»Was versprichst du dir davon?«, maulte Phil. »Glaubst du, du findest Ackerman jetzt noch?«
Ich zuckte die Achseln.
»Ich weiß auch nicht, was ich mir davon verspreche«, sagte ich. »Ich möchte 36 mich eben noch einmal in dem Haus umsehen. Heute Nacht ging ja alles viel zu schnell.«
»Na schön«, knurrte Phil verärgert. »Meinetwegen krieche den ganzen Tag über durch die Bude. Wenn Sie gestatten, Chef, würde ich gern mit Ihnen zurückfahren. Ich sehe nicht ein, warum ich hier nutzlos meine Zeit verplempern soll. Vielleicht weiß einer der heute Nacht verhafteten Opiumschmuggler, wo wir Ackerman finden können.«
***
Knurrig folgte Phil unserem Chef, als dieser hinüber zu der schwarzen Limousine ging, die ihm als Dienstwagen zur Verfügung stand. Ich sah ihm nach. Sicher. Phil hatte recht. Natürlich würde ich Ackerman nicht mehr im Haus antreffen. Aber ich wollte mir das Gebäude noch einmal ansehen. Im Grunde wusste ich selbst nicht genau, warum mir so viel daran lag. Jedenfalls ging ich langsam auf die Bude zu, nachdem Mr. High mit Phil abgefahren war.
Dass in diesem Hause das Chinesenmädchen ermordet worden war, konnte mehrere Gründe haben. Vielleicht hatte sie in diesem schmutzigen Geschäft des Opiumhandels nicht länger mitarbeiten wollen, vielleicht war es aus irgendeinem anderen Grund zwischen ihr und Ackerman zu einem Zerwürfnis gekommen - das alles würde sich klären, sobald wir Ackerman hatten. Der Schlüssel zu allen Rätseln und Geheimnissen, die jetzt noch existierten, war und blieb Ackerman. Ohne ihn würden wir nie genau erfahren können, wohin von hier aus Opium geliefert worden war und vor allem, woher es kam.
Aber es gab zwei andere mysteriöse Dinge, die vielleicht mit Ackerman und seinem Verschwinden zusammenhingen: einmal der Mord an dem Polizisten, der völlig rätselhaft war, was die Schusslinie anging, und zum anderen die Mordwaffe, mit der das Mädchen erstochen worden war. Wie kam sie auf das Lager des Hundes? Ein Mörder lässt entweder seine Tatwaffe am Tatort zurück oder aber, wenn er sie schon mitnimmt, versucht er sie zu verstecken oder zu vernichten, weil sie ja eventuell beweiskräftige Spuren gegen ihn liefern kann. In unserem Falle war die Mordwaffe nicht am Tatort zurückgeblieben, aber sie war auch nicht versteckt oder vernichtet worden, sondern sie lag auf der alten Wolldecke, die einem Hund als Lager diente.
Ich stand sinnend vor dem Haus und steckte mir eine Zigarette an. Plötzlich huschte ein vager Gedanke durch meinen Kopf. Eigentlich war es anfangs nichts mehr als ein unbestimmtes Gefühl, etwas nicht genau Definierbares, das mich in Unruhe versetzte.
Langsam ging ich an dem Gebäude entlang bis zu dem Seitentor, das direkt in den Hof führte. Ich öffnete es langsam und sagte, bevor ich über die Schwelle trat: »Ich bin’s, Cotton!«
Dann erst huschte ich durch die kleine Pforte und drückte das Tor hinter mir zu. Meine Vorsicht war nicht unbegründet: die vier Polizisten, die als Posten zurückgeblieben waren, steckten gerade ihre Pistolen wieder ein.
»Ich habe nur noch eine Frage«, sagte ich. »Hat einer von Ihnen hier im Hof oder vor dem Haus oder irgendwo hier in der Nähe einen Hund gesehen?«
»Einen Hund?«, wiederholte der älteste der vier Cops verständnislos.
»Ja«, nickte ich. »Einen Hund! Im Hof steht doch eine große Hundehütte, und im Haus gibt es ein Zimmer, in dem eine Ecke mit Blech ausgeschlagen und mit einer Wolldecke ausgelegt ist, damit der Hund nicht die Wände und den Fußboden beschmutzen kann. Dann müsste doch auch ein Hund existieren.«
»Die Hundehütte haben wir auch gesehen«, bestätigte der Gefragte.
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