Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0328 - Wir legten einen Köder aus

0328 - Wir legten einen Köder aus

Titel: 0328 - Wir legten einen Köder aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wir legten einen Köder aus
Vom Netzwerk:
es nichts, das wir tun können. Zuerst musst du mit deinem Magen zurechtkommen. Kein Mensch kann nachdenken, wenn ihm speiübel ist. Aber wir müssen nachdenken. Denn wir wollen Ethel doch helfen, nicht wahr? Das wollen wir doch?«
    Sie nickte ein paar Mal.
    »Na, siehst du«, sagte er mit einem schwachen Lächeln. »Bleib ein paar Sekunden liegen, versuch, an nichts zu denken, und atme langsam und tief. Du wirst dich gleich besser fühlen. Wenn du willst, gehe ich in die Küche und versuche, einen Kaffee zu machen. Möchtest du?«
    Sie schüttelte den Kopf. Er setzte sich neben sie auf die Bettkante und nahm ihre schlanken, zarten Hände. Erschrocken fühlte er, dass ihre Hände kalt und leblos waren. Behutsam suchte er den Puls. Der war so schwach, dass Bill die richtige Stelle erst nach langem Suchen fand. Unregelmäßig, dachte er. Sehr unregelmäßig. Man sollte vielleicht einen Arzt kommen lassen.
    Zögernd beugte er sich vor und wollte zum Telefon greifen, aber dann ließ er die Hand doch wieder sinken. Angenommen, das Haus wurde beobachtet. Mussten die Männer, die Ethel in ihrer Gewalt hatten, nicht annehmen, dass Ruth die Polizei verständigt hatte. Vielleicht verwechselten sie den Arzt mit einem Detective.
    »Was soll das nur bedeuten, Bill?«
    Ihre leise, gequälte Stimme riss ihn aus seinen Überlegungen. Er wandte sich dem Mädchen zu.
    »Es ist zu früh, darüber Vermutungen anzustellen, Ruth«, sagte er in einem beruhigenden Tonfall. »Wir wollen fürs Erste damit zufrieden sein, dass sie angerufen haben.«
    »Zufrieden!«, schrie sie. »Oh, Bill, wie kannst du nur so etwas sagen!«
    »Wir wissen jetzt immerhin schon zweierlei: Einmal wissen wir, dass ihr nichts zugestoßen ist, ich meine, dass sie nicht etwa einen Unfall hatte oder so etwas. Und zum anderen wissen wir, dass sie in der Gewalt von Männern ist, die doch irgendeinen Zweck mit ihr verfolgen wollen.«
    »Aber welchen, Bill? Welchen? Was können sie denn wollen? Ich habe kein Vermögen, Ethel hat keines! Was also wollen sie?«
    »Darüber sollten wir uns jetzt noch nicht den Kopf zerbrechen, Ruth. Das werden sie uns schon noch mitteilen. Dann ist es früh genug, darüber nachzudenken. Im Augenblick musst du eine viel entscheidendere Frage beantworten, Ruth. Eine Frage, die nur du beantworten kannst.«
    »Was soll ich entscheiden?«
    »Ob du das FBI verständigen willst«, sagte Bill Morich. »Es scheint ein klarer Fall von Entführung zu sein, ein Kidnapping. Das ist FBI-Sache, Ruth. Gott sei Dank, möchte ich hinzufügen.«
    Ruth stemmte sich in die Höhe.
    Das goldblonde Haar fiel ihr in zwei großen Wellen auf die Schultern.
    »Das wäre mir überhaupt nicht eingefallen«, murmelte sie schwach. »Nein, daran hätte ich nicht gedacht. Aber du hast natürlich recht. Man muss sich diese Frage stellen. Nur wie man sie beantworten soll, Bill, wie um alles in der Welt man sich da entscheiden soll, das weiß ich nicht. Ich weiß es nicht, ich weiß es nicht.«
    Bill Morich steckte sich eine Zigarette an. Er schwieg. Natürlich hatte er seine Meinung auch zu dieser Frage. Aber durfte er Ruth jetzt in irgendeiner Weise beeinflussen? Konnte er es verantworten?
    Langsam blies er den Rauch aus.
    Dann griff er nach seiner Brieftasche, die noch immer neben dem Telefon lag, und steckte sie zusammen mit dem dicht bekritzelten Umschlag ein.
    Ruth Rutherford saß noch immer bewegungslos.
    ***
    Um halb vier morgens war der Himmel über Manhattan noch schwarz und ohne das geringste Anzeichen des nahenden Tages.
    Über der Großbaustelle in Down-' town, dicht am East River, lag die Stille der Nacht.
    Wenige Schritte von der geschlossenen Tür entfernt, die von der Straße her zu der Baustelle führte, ragte das stählerne Gerüst eines hohen Auslegerkrans empor und verschmolz mit der Finsternis der Nacht. Daneben duckte sich ein Hochlöffelbagger dicht an die aufgewühlten Erdhaufen.
    Das niedrige Maschinenhaus auf dem breiten Raupenfahrwerk wurde von dem steil aufstrebenden Ausleger überragt, an dessen vorderem Ende der mächtige Baggerlöffel mit seinen großen Grabzähnen hing.
    Als die Uhr einer nahen Kirche dünn und schüchtern viermal schlug, richtete sich in dem stählernen Kasten des Baggerlöffels mit einem leisen Ächzen eine Gestalt auf.
    Seit Mitternacht hatte sie reglos in der für einen erwachsenen Mann sehr engen Schale des Baggerlöffels gehockt. Nun war sie steif, und alle Muskeln schmerzten.
    Ein paar Minuten brauchte der Mann, um seinen

Weitere Kostenlose Bücher