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gelungen wäre, und nicht gewillt, sich von Mr. Cordell einschüchtern zu lassen.
„Ihre Verkleidung!" erwiderte er verächtlich, riss ihr den Hut vom Kopf und schleuderte ihn beiseite.
„Meine Verkleidung war perfekt", sagte sie scharf. „Wenn die Jungen nur nicht so langsam und eigensinnig gewesen wären ..."
„Sie haben sich töricht benommen. Sie hätten getötet werden können."
„Ich könnte jetzt frei sein", entgegnete sie hitzig, „frei von Ihnen und Mr. Marlow!"
„Mich werden Sie nie los", sagte er, und seine Wut nahm zu, weil Miss Alvarez sich beharrlich sträubte, Vernunft anzunehmen. „Sie sind mich erst dann los, wenn ich Sie Ihrem Vater übergeben habe. So, und nun ziehen Sie die lächerlichen Sachen aus."
„Nein!" weigerte sie sich
„Oh doch! Sie werden sie ausziehen. Vor noch nicht allzu langer Zeit haben Sie mir gesagt, Sie seien eine Dame. Ich erwarte, dass Sie sich wie eine solche kleiden."
„Es ist mir gleich, was Sie von mir erwarten oder wünschen!" zischte sie ihn an.
„Das weiß ich. Ihnen ist alles und jeder gleich. Ihnen liegt nur an sich selbst", erwiderte er aufgebracht. „Ziehen Sie sich jetzt aus."
„Nein!" Sie stand mit dem Rücken zur Wand und hatte keine Fluchtmöglichkeit mehr. Dennoch hielt sie tapfer Mr. Cordells Blick stand und zuckte nicht mit der Wimper.
„Ich habe genug von Ihren Verkleidungen, Miss Alvarez. Ziehen Sie sich jetzt aus, oder soll ich Sie ausziehen?"
„Fassen Sie mich nicht an!" schrie sie.
Er ließ sich nicht beirren, zog ihr grob das Hemd aus und schleuderte es angewidert zur Seite. Schamhaft kreuzte sie die Arme vor den nackten Brüsten.
„So! Sind Sie jetzt zufrieden?"
„Die Hosen, Miss Alvarez!"
„Nein!"
Getrieben von dämonischen Gelüsten, die er nicht begriff und auch nicht begreifen wollte, zog er die Schleife der als Gürtel dienenden Kordel auf, so dass die weiten Hosen herunterfielen.
Reina wich nicht vor ihm zurück, sondern schaute ihn herausfordernd an.
„Von nun an gibt es keine Verkleidungen mehr, Miss Alvarez. Mit diesem Spiel ist es jetzt vorbei."
Sie sah in seinen Augen den Ausdruck flammender Leidenschaft, die keiner von ihnen beherrschen konnte, und begann zu zittern. Ihr Überlebenswille riet ihr zu fliehen, ehe sie sich wieder in Clays Armen vergaß.
Aber sie hatte keine Fluchtmöglichkeit. Sie hasste alles, was Mr. Cordell darstellte, und dennoch ging etwas ungemein Unwiderstehliches von ihm aus, so dass sie ihm nichts verwehren konnte.
Ihrer beider Vereinigung war mitreißend. Jeder Zärtlichkeit folgte eine andere, die noch kühner und begehrlicher war. Jeder Kuss war verzweifelter als der vorhergehende. Wut verwandelte sich in Begierde, und Begierde sich in leidenschaftliche Lust.
So schnell, wie sie zueinander gefunden hatten, so schnell war der Liebesakt vorbei.
Reina konnte sich nicht dazu überwinden, Clay anzusehen. Sie rückte im Bett von ihm ab, fort aus seiner berauschenden Nähe, weil sie Zeit brauchte, um sich zu sammeln. Zornig hielt sie sich vor, sie müsse diesem Wahnsinn ein Ende machen. Sie konnte nicht zulassen, dass er andauerte. Sie verließ das Bett und wickelte dabei das Laken um sich.
„Weißt du, was du mir angetan hast?" rief sie, verzweifelt nach Antworten auf Fragen suchend, die sie nicht einmal kannte.
Clay war durch das, was sich ereignet hatte, viel zu sehr aus dem inneren Gleichgewicht geraten, als dass er sich bis zu diesem Moment hätte regen oder denken können.
„Wovon redest du?" Durch ihre in kaltem Ton gestellte Frage verflog die gelöste Stimmung, in der er sich befand. Er schaute zu Reina und sah ihren gequälten Blick.
„Du wurdest hinter mir hergeschickt, um mich zu finden und zu meinem Vater zurückzubringen. Du wurdest angeheuert, um mich auf der Reise zu beschützen."
Verbittert lachte Reina auf. „Aber mir scheint, dass du derjenige bist, vor dem ich beschützt werden muss."
Ihre Worte waren wie Peitschenhiebe, die ihm ins Herz schnitten. „Ich kann mich deiner nicht erwehren", fuhr sie fort. „Du bist stärker als ich. Ich kann dir nicht entkommen. Du vereitelst alles, was ich unternehme. Was willst du von mir?"
Er schwieg.
„Lass mich in Ruhe, Clay. Bleib mir vom Leibe."
Schmerzlich erinnerte er sich Reinas Äußerungen vom vergangenen Abend. „Du kannst meinen Körper besitzen, wirst mich jedoch nie besitzen. Niemals!" hatte sie gesagt. Er zog sich an und kam sich eigenartig verloren vor. Dann nahm er die Männerkleidung an sich
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