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nicht", antwortete Luis verbissen. „Du kennst mein Problem. Da ich die Ranch behalten will, muss ich die familiäre Bindung zu Señor Marlow herstellen."
„Ich könnte jederzeit vor Gericht dagegen vorgehen, dass man dir das Eigentumsrecht streitig macht", schlug
Rafael vor. Es störte ihn, den Freund so in die Ecke getrieben zu sehen.
„Das hätte keinen Sinn", sagte Luis verzweifelt. „Ich habe miterlebt, wie meine Freunde auf alles Hypotheken aufgenommen haben, um vor amerikanischen Gerichten die Gültigkeit des Besitzrechtes an ihrem Land bestätigt zu bekommen.
Aber alle haben die Prozesse verloren und wurden bettelarm."
„Ich verstehe deinen Standpunkt", räumte der Anwalt widerstrebend ein. Er kannte die ungerechten, nach der neuen amerikanischen Rechtsprechung gefällten Urteile sehr genau. Seit die Gringos den Versuch unternommen hatten, den Staat zu übernehmen, herrschte unter ihnen allgemein die Ansicht, es sei ungerecht, dass so viel Land Eigentum von nur einigen wenigen schmutzigen Mexikanern war. Die Neuankömmlinge hatten angefangen, den Besitzern vieler Plantagen das Eigentumsrecht streitig zu machen und die Kalifornier so gezwungen, ihre Besitzansprüche zu belegen, obwohl deren Land schon seit vielen Generationen im Besitz der jeweiligen Familie gewesen war. Sehr wenige Eigentümer waren imstande gewesen, den von ihnen angestrengten Prozess zu ihren Gunsten zu entscheiden.
Die meisten hatten alles verloren.
„Es hat keinen Sinn, mich durch einen aussichtslosen Prozess zum Bettler zu machen. Deshalb habe ich dieses Arrangement mit Señor Marlow getroffen. Mein Besitz ist sicher, wenn ich einen reichen, mächtigen Yankee zum Schwiegersohn habe." Luis setzte eine zornige Miene auf, als er wieder an die Tochter dachte. „Alles kommt in Ordnung, vorausgesetzt, Reina wird gefunden!"
Einen Moment lang waren er und der Freund in Gedanken versunken. Luis stellte sich vor, wie er die Tochter, wenn sie aufgespürt worden war, nach Hause zerren würde. Rafael überlegte, wie er ihm bei der Suche behilflich sein könnte. Lastende Stille herrschte, bis dem Anwalt plötzlich der Mann einfiel, dem er am Nachmittag im Gefängnis begegnet war.
„Ich habe eine Idee", äußerte er zögernd, weil er nicht sicher war, wie der Freund auf seinen Vorschlag reagieren würde. „Ja?"
„Ich bin nicht sicher, ob dir mein Vorschlag zusagen wird ..."
„Ich bin verzweifelt, Rafael, und werde mir jeden Vorschlag anhören, der mir vielleicht eine Hilfe ist."
„Señor Cordell hält sich in der Stadt auf. Ich hatte heute eine Verabredung mit dem Sheriff im Gefängnis und habe Clay Cordell dort gesehen."
„Wer ist er? Ich habe noch nie von ihm gehört."
„Er ist einer der besten Spürhunde von ganz Kalifornien", erklärte Rafael. „Er und sein Freund, ein stämmiger Ire namens Devlin O'Keefe, haben heute Ace Dentón abgeliefert."
„Den Pistolenschützen?"
„Ja. Sie haben ihn aufgespürt und lebend zurückgebracht, damit ihm der Prozess gemacht werden kann."
„Du denkst, ich solle diesen Señor Cordell anheuern, damit er Reina findet?" fragte Luis skeptisch. Er wusste, welche Art Männer solche Kopfgeldjäger waren.
„Du brauchst Hilfe, Luis. Reina ist sehr klug, doch Señor Cordell könnte sie finden.
Ich kenne seinen Ruf. Die Aufträge, die er annahm, hat er bestens erledigt."
„Aber die Sache darf nicht bekannt werden!"
„Er lebt davon, Leute aufzuspüren. Ich bin überzeugt, gegen ein entsprechendes Honorar könntest du ihn engagieren, damit er deine Tochter findet und trotzdem niemandem etwas davon erzählt." Da der Freund immer noch Zweifel zu haben schien, fuhr Rafael fort: „Was hast du zu verlieren? Es wird dir nicht gelingen, das Verschwinden deiner Tochter ewig zu verheimlichen. Was passiert, sobald Señor Marlow festgestellt hat, dass sie verschwunden ist?"
„Ich weiß, ich weiß", antwortete Luis aufstöhnend. „Also gut. Ich bin einverstanden.
Wo kann ich diesen Gringo treffen?"
„Er und sein Kumpan halten sich wahrscheinlich in einer der Kneipen auf und begießen ihren Erfolg. Er ist hoch gewachsen, hat dunkelbraunes Haar und einen Bart. Als ich ihn nachmittags sah, war er ganz in Schwarz gekleidet. Señor O'Keefe ist fast so groß wie er, aber muskulöser, trägt keinen Bart und hat schwarzes Haar."
Langsam stand Luis auf. Sein Widerstreben war offenkundig. Er wusste, er musste auf den Vorschlag eingehen,
da Reina ihm keine andere Wahl ließ. Wenn die einzige
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