0333 - Drei Herzen aus Eis
sie, »man erwartet Sie bereits.«
»Wer?«
»Ich rufe den zuständigen Arzt an.« Die Stimme klang sehr gehetzt.
Wahrscheinlich war die Dame überlastet.
Ein noch jüngerer Arzt kam und holte uns ab. »Ich bin Dr. Andretti«, sagte er.
»Haben Sie den Verletzten behandelt?« fragte Suko, als wir uns ebenfalls vorgestellt hatten.
»Ja, das tat ich.«
»Und?«
Er hob die Schulter und lehnte sich für einen Moment an die Wand neben dem Fahrstuhl. »Der Mann hat sehr viel Glück gehabt. Die Klinge ist wunderbar abgerutscht. Er muß noch hierbleiben, aber die Fleischwunde wird wohl gut verheilen.«
»Das hoffen wir auch«, sagte ich.
In den zweiten Stock mußten wir. Der lange Krankenhausgang nahm uns auf.
Es roch so wie in jedem Hospital. Ich hätte mir am liebsten die Nase zugehalten.
Wir passierten den Aufenthaltsraum der Krankenschwestern und blieben vor einer Tür stehen, die in einer Nische lag. Der Arzt betrat als erster das Zimmer.
Als der Verletzte uns eintreten sah, hob er den Kopf. Sein Blick war fragend auf uns gerichtet. Sehr blaß sah er aus. Die Anstrengungen hatten ihn gezeichnet.
»Zu seiner Verletzung kam natürlich der psychische Schock«, erklärte der Doc. »Deshalb haben wir ihn zunächst einmal auf ein Einzelzimmer gelegt. Zudem hat er Beruhigungsmittel bekommen.«
Ich nickte.
Dr. Andretti stellte uns vor.
Ralph Gern nickte nur, bevor über seine Lippen ein flüchtiges Lächeln huschte. »Jetzt hoffen Sie natürlich, daß ich Ihnen den Mörder präsentieren kann, wie?«
»Nein, so vermessen sind wir nicht, Mr. Gern. Vielleicht können Sie uns einen kleinen Hinweis geben.«
»Das ist schwer.«
»Versuchen wir es«, sagte ich und nahm am Fußende an der Bettkante Platz. »Wenn es Ihnen möglich ist, berichten Sie bitte von Beginn an. Wie es gewesen war, als sie die Wohnung betraten.«
Er hob die Schultern und setzte sich gerade hin. Sein Blick war auf eine Tür gerichtet, dennoch hatte ich das Gefühl, daß er sie gar nicht sah, sondern ins Leere schaute.
Wir hörten von ihm eine schlimme Geschichte. Suko und ich konnten uns gut vorstellen, welch einen Schock der junge Mann erlitten hatte, als er die Wohnung betrat.
Wir fragten ihn nach dem Killer.
»Können Sie uns wirklich keine Beschreibung geben?« wollte Suko wissen.
»Nur schlecht.«
Mein Partner beugte sich vor. »Versuchen Sie trotzdem.«
Dr. Andretti griff nicht ein. Er stand nahe der Tür und beobachtete uns.
»Was soll ich Ihnen da sagen? Der Kerl war so groß wie ich, dazu dunkelhaarig…«
»Und sein Gesicht?«
»Verzerrt. Haßentstellt, hatte ich das Gefühl. Einzelheiten weiß ich wirklich nicht.«
»Sie haben ihn auch noch nie zuvor gesehen?«
»Nein, Inspektor.«
»Dennoch muß er in einer Beziehung zu Ihrer Freundin gestanden haben«, spann ich den Faden weiter.
»Wieso?«
»Niemand tötet ohne Motiv.«
Er senkte den Blick. »Ja, das stimmt. Nur kann ich mir nicht vorstellen, was dieser Mann mit Karen zu tun gehabt hat. Wirklich nicht, das ist mir zu hoch.«
»Vielleicht war er einer ihrer früheren Freunde«, vermutete ich.
»Eifersucht ist ein Motiv.«
»Stimmt. Nur gab es so einen Freund nicht, dem man diese Dinge hätte zutrauen können.«
»Dabei ist Karen nicht die erste gewesen«, sagte Suko.
Erstaunt schaute Ralph Gern den Chinesen an. »Wie meinen Sie das denn, Inspektor?«
»Es gab noch zwei Morde.«
»Von demselben Täter verübt?«
Diesmal gab ich die Antwort. »Ja, Mr. Gern. Ich nenne Ihnen jetzt die Namen der Toten. Sabrina Page und Angie Hunt. Können Sie damit etwas anfangen?«
Er sagte nichts, sondern wurde noch blasser. Seine Hände, die er vor sich auf der Bettdecke liegen hatte, bewegten sich. Die Finger glichen plötzlich Würmern, die über die Bettdecke krochen, bis sie sich so hart ineinander verkrampften, daß die Knöchel auf den Handrücken scharf und spitz hervorstanden.
»Ich kenne die beiden«, hauchte unser Zeuge.
»Persönlich?«
»Ja, wir haben uns einmal getroffen. Karen brachte mich mit. Ich war der einzige Mann. Es war kurz nach ihrer Rückkehr aus Paris. Sie wollten Erinnerungen auffrischen.«
»Und?«
»Sie erzählten viel, denn nach ihren Worten zu urteilen, mußten sie halb Paris auf den Kopf gestellt haben.«
»Kennen Sie Einzelheiten?« fragte ich.
»Meinen Sie, das hätte etwas mit dem Verbrechen zu tun?«
»Wir müssen jeder Spur nachgehen«, erklärte ich.
»Wenn Sie das sagen, dann glaube ich es Ihnen. Auf jeden Fall haben sie in
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