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0333 - Drei Herzen aus Eis

0333 - Drei Herzen aus Eis

Titel: 0333 - Drei Herzen aus Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Montmartre liegt ein wenig erhöht, ging man hin, um sich zu amüsieren. An einen Friedhof, an den Tod, die Vergänglichkeit und das Dunkel dachte keiner.
    Nur diejenigen, die ihre Verstorbenen auf ihrem letzten Weg begleiteten.
    Es wurde noch beerdigt, und gerade die Bewohner Montmartres und auch die Künstler legten sehr großen Wert darauf, in ihrem kleinen Stadtteil beerdigt zu werden.
    Und so konnte es geschehen, daß manchmal zwei oder drei Beerdigungen an einem Tag stattfanden.
    Wie auch an diesem Morgen!
    Es wurde jemand zu Grabe getragen, der zur Künstlerszene gehört hatte. Er war nicht besonders berühmt gewesen, aber in Musikerkreisen kannte man ihn, und man verdankte ihm zahlreiche Kompositionen, die in den einschlägigen Jazzlokalen gespielt wurden.
    Yves Rocca war 70 Jahre alt geworden und bei einem Verkehrsunfall gestorben. Er hätte mindestens noch zehn Jahre leben und seine Erfahrungen an die Schüler weitergeben können, aber das Schicksal hatte es leider anders gewollt.
    In New Orleans war Rocca geboren. Er hatte auch bis zu seinem dreißigsten Lebensjahr dort gelebt und war schließlich dem Ruf eines inzwischen verstorbenen Freundes gefolgt, um in Frankreich weiterhin sein Glück zu machen.
    Er hatte es geschafft, war anerkannt worden und war auch sehr beliebt gewesen.
    Nun trat er seinen letzten Gang an.
    Die alte Leichenhalle war überfüllt. Ein buntes Völkchen hatte sich dort versammelt. Es setzte sich zusammen aus Musikern, Malern, Bildhauern, Leuten, die hier wohnten und arbeiteten. Mit ihnen hatte Yves Rocca verkehrt, sie waren seine Freunde gewesen, und manch einer hatte ihm viel zu verdanken.
    Der Pfarrer hatte seine Rede beendet, die Trauergäste verließen die Halle und traten hinein in einen trüben Spätmorgen. Das Wetter meinte es nicht gut, der Sommer hatte sich zurückgezogen. Graue Wolken bedeckten den Himmel. Sie lagen sehr tief. Regen rann aus ihnen und legte über die Stadt einen feuchten Film.
    Von der Rue Etex, die zwischen dem Friedhof und dem Krankenhaus lag, war das Brausen des Verkehrs zu hören. Der größte Schall wurde jedoch von den dicht stehenden Bäumen aufgefangen und verschluckt.
    Es führten einige Straßen durch das Gelände des Friedhofs. Manche Autofahrer nahmen sie als Abkürzung, aber das war die berühmte Ausnahme von der Regel.
    An der Vorderseite strömten die Menschen aus der Leichenhalle.
    Einige Frauen weinten. Vor ihren Gesichtern pendelten Schleier, die regennaß waren.
    Eine Gruppe von Musikern hatte sich abseits gestellt. Sie würden vor dem Sarg hergehen und zum letztenmal die Stücke spielen, die der Verstorbene in seinem schaffensreichen Leben komponiert hatte.
    Es gab keine Angehörigen. Yves Rocca war völlig allein gewesen.
    Weder Kinder noch Geschwister existierten, nur Freunde und Bekannte.
    Der schwere schwarze Sarg war durch den Hinterausgang der Leichenhalle geschafft worden. Er stand jetzt auf einem Elektrokarren.
    Das Gefährt wurde um die Leichenhalle herumgelenkt und näherte sich dem Platz, wo die Trauergäste warteten.
    Die Beerdigung würde auf dem alten Teil des Friedhofs stattfinden, denn dort hatte sich Yves Rocca schon vor Jahren eine Gruft gekauft. Er wollte nicht in einem dieser modernen Gräberfelder verschwinden, die ihn an Reihenhäuser für Tote erinnerten.
    Die Musiker, es waren fünf, bekamen ein Zeichen, als der Wagen mit dem Sarg erschien.
    Mit gemessenen Schritten näherte sich die Gruppe, sie bestand aus Weißen und Farbigen, dem Aufstellungsort. Ihr Chef schaute noch zurück. Er wollte warten, bis sich auch die restlichen Trauergäste formiert hatten.
    Das war bald geschehen.
    Dann gingen sie.
    Traurig sah der Himmel aus. Yves Rocca hatte sich immer Regen bei seiner Beerdigung gewünscht, den bekam er nun, denn die Wolken weinten bittere Tränen.
    So bogen sie schreitend in einen der Hauptwege ein, und die Musiker begannen mit ihrer Begleitmusik.
    Eine Jazztrompete schmetterte ihre Klänge gegen den grauen Himmel.
    Wie ein allerletzter Gruß wehten die Töne über den alten Friedhof, um in der Ferne zu verklingen.
    Es waren die Melodien, die Yves Rocca bekannt gemacht hatten.
    Manchmal heiter, dann wieder schwermütig. Sie zeugten von einem unsteten Leben, das der Komponist zwischen Traurigkeit und Frohsinn verbracht hatte.
    Bald schluckte das dichte Laub die Klänge der Instrumente. Die Schritte der Trauergäste knirschten auf dem feuchten Kies. Noch immer weinte der Himmel. So mancher Mann konnte ebenfalls

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