0336 - Nachts sind alle Gangster grau
anscheinend verwandelt hatte.
***
Irgendwie kam ich hoch und torkelte durch den Waschraum, mein Schädel schmerzte wie irrsinnig. Ich musste zugeben, dass ich mich wie ein Anfänger benommen hatte.
Dabei hätte ich doch Jack Orlando kennen sollen. Er hatte nur vorgetäuscht, sich mit dem Fensterrahmen zu beschäftigen, um mich nahe genug heranzulocken, Draußen hörte ich die Stimme Phils wie durch einen Nebel, ohne seine Worte zu verstehen. Dann hatte ich die Tür erreicht und riss sie auf.
Jack Orlando war schon gute zweihundert Meter weit entfernt und rannte wie ein Windhund.
Phil war dem Gangster hart auf den Fersen und brüllte ihm zu, stehen zu bleiben. Darum kümmerte sich der Verbrecher herzlich wenig.
Das konnte man ihm nicht einmal übel nehmen, denn Phil gewann mit jedem Schritt ein wenig und hatte alle Aussichten, Jack Orlando einzuholen.
Aber Orlando trat plötzlich in eine Bodenunebenheit, schrie vor Schmerzen auf und stürzte zu Boden. Ich zwinkerte in das grelle Sonnenlicht, dass das Summen in meinem Kopf nicht gerade verringerte und öffnete schon den Mund, um Phil zu warnen, aber er schien meine Gedanken erraten zu haben.
Er blieb plötzlich stehen und hob den Arm mit der Smith & Wesson.
Jack Orlando lag im kniehohen Gras und schrie gellend auf. Aber selbst in meinem benommenen Zustand erkannte ich, dass er nicht schwer verletzt war.
Er musste sich ein Bein gebrochen haben, denn Orlando versuchte vergeblich, sich weiterzuschleppen.
Jetzt hatte ihn Phil erreicht.
Ich drehte mich zu dem Tankwart um, der den Ereignissen mit offenem Mund gefolgt war und jetzt noch immer wie gebannt zu Phil und Jack Orlando hinüber starrte.
»Keine Ursache zur Besorgnis, Freund«, erwiderte ich und hielt ihm das Lederetui mit dem Ausweis unter die Nase. »Der Ausreißer ist ein gefährlicher Mörder, der alles riskierte. Haben Sie einen Verbandskasten?«
Der Tankwart fand noch immer keine Worte, er nickte, trudelte ab und erschien wenig später mit einem Verbandskasten unter dem Arm wieder.
»Brauchen Sie einen Doktor?«, erkundigte er sich verängstigt.
Ich schüttelte den Kopf.
»Wir haben Übung in solchen Sachen«, erklärte ich ihm. »Ich verarzte ihn, damit wir ihn nach New York bringen können. Dort kümmert sich dann ein Polizeiarzt um ihn und bringt ihn wieder auf die Beine.«
»Was hat er denn angestellt?«, fragte der Tankwart neugierig weiter, aber ich hatte ihm schon den Rücken zugewandt und rannte zu Phil hinüber. Langsam verebbte auch der Schmerz in meinem Schädel.
Tatsächlich — Orlandos Unterschenkel schien gebrochen. Es war eine schmerzhafte Wunde. Allerdings bezweifelte ich, dass sie vollkommen ausgeheilt sein würde, wenn man ihn zum elektrischen Stuhl führte.
»Das hättest du eigentlich vorher wissen müssen, Orlando«, knurrte ich ihn an, als ich einen Verband um sein Bein gelegt hatte. »Du hast uns zu viel Ärger bereitet, als dass wir dich so leicht laufen lassen. In New York wartet einer auf dich, der dir eine ganze Menge Fragen stellen will, und ich will ihn nicht ungeduldig werden lassen.«
»Geh zum Teufel, G-man«, spuckte mir Orlando ins Gesicht.
»Dort wirst du wahrscheinlich selbst landen«, knurrte ich.
Dann schleppten wir Jack Orlando zur Tankstelle und zum Jaguar zurück. Ich ließ den Motor wieder an und lenkte den Jaguar zum Highway zurück.
Diesmal nahm ich mir vor, keine zweite Pause einzulegen, die Orlando dazu bewegen könnte, uns ein weiteres Schnippchen zu schlagen.
***
Es war schon dunkel, als wir das District Office in New York erreichten.
Diese Tatsache hatte allerdings Mr. High nicht dazu bewogen, sein Büro zu verlassen.
Im Gegenteil, er erwartete uns, denn Sheriff Baxter hatte ihm die Entwicklungen in Rockrift mit plötzlich erwachtem Eifer telefonisch mitgeteilt.
Mr. High sorgte dafür, dass Jack Orlando sofort in ein Gefängnishospital eingeliefert wurde, wo ein Arzt seine Wunde behandeln konnte.
Leider hüllte sich Jack Orlando vorerst in ein mysteriöses Schweigen, das er nicht einmal unterbrach, als er in einem Krankenwagen abtransportiert wurde. Mr. High schmunzelte trotzdem.
»Es freut mich, dass Sie diesen Fall nicht vollkommen auf eigene Faust lösen wollten«, lächelte er. »Dadurch erfuhr ich schon vor zwei Stunden, was vorgefallen ist. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt Jack Orlando noch unverwundet, und ich musste annehmen, dass er auf der Rückreise einen Fluchtversuch unternehmen würde. Wie dem auch sei, ich will Sie
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