0343 - Kampf um Lady X
rechnete mit Faustschlägen meinerseits.
Es war lächerlich, so zu denken. Ich wollte etwas anderes, und das bekam ich auch.
Aus dem Lauf schoß mein Arm nach unten. Ohne mich großartig zu bücken, riß ich das Kreuz an mich.
Das Silberne Kreuz!
Einen Schritt entfernt lag die Beretta, die ich ebenfalls nahm und mich jetzt wieder wohler fühlte. Der Großteil meines Plans hatte geklappt. Mein Einsatz war die Kraft gewesen, die ich benötigt hatte, um das Grab aufzuschaufeln.
Jetzt konnte ich die Scott endgültig vernichten!
Irgendwie schien der Vampir dies geahnt zu haben, denn er wurde wütend und begann schrecklich zu fluchen. Dabei machte er auf dem Absatz kehrt, schrie etwas von Geiseln und verschwand im dichten Grau des Nebels.
Zurück ließ er Lady X und mich!
Einen überraschten Geisterjäger, denn ich war so perplex, daß ich nicht einmal einen Warnschuß abgegeben hatte. Gab dieser verfluchte Vampir so einfach auf?
Das konnte ich einfach nicht glauben. Er hatte die Geiseln, aber auch ich hielt nun einen Trumpf.
Mit wenigen Schritten erreichte ich das Grab der Lady X. Am offenen Rand kauerte ich mich nieder und hielt mein Kreuz so, daß ich es jeden Augenblick nach unten fallen lassen konnte. Dann würde es den Körper zu Asche verbrennen.
Sekundenlang geschah nichts. Ich hörte auch von meinem Gegner nichts. Allmählich bekam ich ein ungutes Gefühl. Es sah gar nicht so positiv für mich aus, wie ich angenommen hatte. Dieser Bogdanowich schien all seine Pläne über den Haufen geworfen zu haben, indem er Lady X, seine große Königin, einfach im Stich ließ.
Das war unbegreiflich.
Er ließ sie nicht im Stich. Das bekam ich sehr bald zu hören, denn aus der Höhe schallte mir seine Stimme entgegen. Dazwischen vernahm ich ein klatschendes Schlagen. Ohne ihn überhaupt gesehen zu haben, wußte ich schon Bescheid.
Er hatte sich verwandelt.
Mir fielen Mareks Erzählungen ein. Er hatte davon geredet, daß sich Bogdanowich verändern konnte. Wie es oft genug erzählt wurde und man auch nachlesen konnte, wenn etwas über Vampire geschrieben stand.
In eine große Fledermaus!
Sie befand sich über mir und teilte mit ihren gewaltigen Schwingen den Nebeldunst.
Die Wolken gerieten in heftige Bewegungen. Sie quirlten durcheinander, wurden zu tanzenden Kreiseln, rissen manchmal Löcher, und ich konnte den dunklen Schatten sehen, der in der Luft schwebte.
Boris Bogdanowich war noch da!
»Du kannst mich sehen, Blutsauger?« rief ich zu ihm hoch.
»Ja.« Obwohl er sich in eine Fledermaus verwandelt hatte, antwortete er mit seiner menschlichen Stimme. Sekunden danach erkannte ich den Grund. Zwischen seinem breiten schwarzen Körper schimmerte ein heller Fleck, das Gesicht.
Er war also eine Mischung aus Vampir und »Mensch«.
Für mich zwar nichts Neues, ich hatte ähnliche Wesen schon gesehen, trotzdem mußte ich mich umstellen. »Ich hoffe, du hast erkannt, wo ich sitze und was ich in meiner Hand halte. Ich brauche das Kreuz nur fallen zu lassen, dann ist es um deine Königin geschehen.«
»Ja, das sehe ich«, erklang es dumpf und rauh aus der Höhe zu mir herab. »Ich sehe es genau, aber du solltest auch an die denken, die sich in meiner Gewalt befinden.«
Ich schielte hoch. Dünner Nebel trieb über meinen Kopf. Dazwischen malte sich die Gestalt des großen Vampir ab. Man konnte Angst bekommen, wenn man ihn sah. Ein fürchterliches Monstrum, das seine Chancen genau abzuschätzen wußte.
»Einigen wir uns doch, Geisterjäger!« schlug er mir vor. »Du wirst wieder in das Grab klettern und die Leiche hervorholen.«
Was bezweckte er damit? Ich war mißtrauisch und fragte: »Was geschieht danach?«
»Werde ich die Geiseln freilassen.«
Ich lachte ihn aus. »Und wie soll das technisch ablaufen?«
»Sie werden zu dir kommen.«
»Gesund und munter?«
»Ja, wenn du so lange bei Lady X sitzenbleibst und dich nicht rührst. Du wirst sie auch nicht töten, denn dann hättest du im Endeffekt verloren, weil die Vernichtung der Geiseln auf dein Konto ginge. Ist das ein Vorschlag von mir?«
Ja, es war einer. Ich überlegte nur noch, wo sich der Haken an der Sache befand. Irgend etwas stimmte da nicht, dessen war ich mir sicher. Boris war kein Wesen, das so leicht aufgab. Der hielt stets einen Trumpf in der Hinterhand.
»Wie lautet deine Antwort?«
Mir fiel kein besserer Gegenvorschlag ein. »Es ist gut«, sagte ich.
»Du kannst die Geiseln holen.«
»Erst nimmst du Lady X und schaffst sie aus dem
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