0343 - Kampf um Lady X
sagte er, »das nehme ich dir nicht ab. Du hast mich belogen. Ich habe nichts gehört, du willst nur…«
»Dann sei mal still!« zischte sie.
Diese Aufforderung mußte beschwörend genug gegeben worden sein, denn der Krumme hielt tatsächlich den Mund, drehte den Kopf und begann zu lauschen.
Weder Bianca noch er wagten zu atmen. Sie lauschten auf fremde Geräusche, und wieder war es das Mädchen, das die Schritte vernahm. »Hörst du wirklich nichts?« raunte Bianca. Er nickte. Bianca wußte nicht, wie diese optische Antwort gemeint war. Sie wollte auch nicht fragen, aber sie erkannte an den Reaktionen des Krummen, daß dieser mißtrauisch geworden war.
So leise wie möglich bewegte er sich durch das Zimmer auf die offene Tür zu, überschritt die Schwelle und verschwand im düsteren Flur, wo kaum Licht hindrang.
Bianca Schwarz hörte das Knirschen unter seinen Sohlen. Erst jetzt merkte sie wieder die Kälte. Sie fraß sich in ihren Körper, erzeugte eine Gänsehaut und sie begann zu zittern.
Der Gedanke an Flucht schoß durch ihren Kopf. Sie konnte ihn wieder aufgeben, denn sie brauchte sich nur das Fenster anzuschauen. Es war viel zu klein.
Nein, da kam sie nicht durch. Und die normale Ausgangstür blieb ihr sowieso versperrt.
Was tun?
Sie mußte sitzenbleiben und hörte, wie der Krumme zurückkehrte. Seine Gestalt malte sich wie ein düsterer Schatten auf der Türschwelle ab. Selbst auf diese Entfernung hin glaubte sie, das Funkeln seiner Augen sehen zu können.
»Komm her!« Er raunte es ihr scharf zu.
Bianca gehorchte. Ihr blieb wirklich nichts anderes übrig. Wahrscheinlich war es sogar das Beste. Zitternd trat sie zu ihm. Er machte ihr Platz, damit sie aus dem Wohnraum in den noch kälteren Flur gehen konnte. Der Krumme hielt sich dicht neben ihr. Sie nahm seinen säuerlichen Schweißgeruch wahr und schüttelte sich wieder vor Ekel. Nein, dieser Mensch war fast so schlimm wie ein Vampir, obwohl er sie so verehrte.
Jetzt brachte er seine Lippen dicht an ihr Ohr. »Du hattest recht«, wisperte er, »sie kommen.«
»Die Vampire?« gab sie ebenso leise zurück.
»Ja, sie.« Wintek deutete auf die Tür. »Ich habe sie genau gehört. Sie sind schon auf der Treppe.«
»Aber was sollen wir machen?«
»Wir müssen weg.«
»Lieber zu mir, wo meine…«
Er schüttelte so heftig den Kopf, daß Bianca erschrak. »Nicht zu dir, ich kenne ein besseres Versteck. Es liegt nicht weit von hier. Wir werden einen Spaziergang machen.«
»Nein, das will ich nicht.« Sie ging zwei Schritte zurück.
»Du mußt aber.« Er war schneller, als Bianca gedacht hatte und hielt sie plötzlich fest. Hart drückte er das Fleisch an ihrem Oberarm zusammen, so daß sie leise aufschrie. Es nutzte ihr nichts. Er hatte kein Mitleid, ließ sie nicht los und zog sie sogar näher zu sich heran.
»Horch!« flüsterte er nur, »horch!« Er drückte seine Hand gegen ihren Kopf und preßte das Ohr gegen das Holz der Kellertür.
Es blieb Bianca nichts anderes übrig, als diesem »Wunsch« nachzukommen. In der Tat vernahm sie die Schritte und zuckte plötzlich zurück, als in Kopfhöhe jemand gegen die Innenseite der Tür drosch.
»Das sind sie!« hechelte der Krumme. »Ja, das sind sie. Jetzt wollen sie raus und Blut trinken.«
»Was machst du?«
Wintek deutete auf den Keil. »Damit habe ich die Tür festgeklemmt. Sie werden ihre Mühe haben.« Er schaute sie aus großen Augen an. »Aber ich nicht mit dir.«
Bevor Bianca Schwarz sich versah, hatte er schon zugegriffen und sie in die Höhe gehievt. Einen leisen Ruf der Überraschung konnte sie nicht vermeiden.
Sie lag auf den Armen des Krummen, der sich hastig umdrehte und aus dem Haus stürmte.
Mit seiner Geliebten verschwand er im grauen Licht des Tages…
***
Auch Frantisek Marek erwachte. Seinem Freund John Sinclair war es schon nicht gutgegangen, ihm ging es noch schlechter. Er kam sich vor, als hätte er die Nacht durchgemacht. Nur paßten die eigentlichen Kopfschmerzen nicht zu dem dicken Schädel, und diese Schmerzen strahlten genau dort ab, wo ihn der Stein erwischt hatte.
Dort tuckerte und hämmerte es. Als er sich aufrichtete, nahm dieses Gefühl sogar noch zu, und er preßte beide Hände gegen seine Wangen. So und mit verzerrtem Gesicht blieb er zunächst einmal sitzen, weil er auch seine Gedanken ordnen mußte.
Wo befand er sich?
Das war die große Frage, die er sich stellte. Er dachte noch an das Wohnmobil und war überrascht, als er feststellen mußte, daß er
Weitere Kostenlose Bücher