0346 - Medusas Horrorblick
Grieche auf ihn gerichtet hielt, und der Politiker wunderte sich, daß der Schuß aus der Waffe gar nicht mal so laut klang.
Er sah noch das winzige fahle Mündungsfeuer, dann bekam er den Schlag gegen das linke Bein.
Ein regelrechter Volltreffer. Der Schrei klang erstickt, im nächsten Augenblick spürte er den Schmerz, das Bein wurde ihm weggerissen, und während des Falls bekam er mit, wie sich Hermes lautlos und blitzschnell bewegte. Mit zwei Sprüngen war er bei Dana und preßte ihr hart die Hand auf den Mund, um ihre Schreie erst gar nicht aufkommen zu lassen.
Harrison krümmte sich. Er hatte seine Hand auf die Wunde am Oberschenkel gepreßt und starrte den Griechen vor und über ihm aus brennenden Augen an.
Kastakis lächelte kalt. Seine nachfolgende Erklärung klang zynisch. »Das hätten Sie sich ersparen können. Wußte gar nicht, daß Sie Schmerzen so mögen. Ihr Tod wird nämlich eine relativ schmerzlose Sache sein, wie ich annehme. Natürlich kann ich mich auch täuschen, wir werden sehen.« Er schaute kurz auf Hermes.
In dessen Griff wand sich Dana Harrison. Über der breiten Pranke des Mannes waren nur mehr ihre aufgerissenen Augen zu sehen, die seltsam groß wirkten. Bleich wie kaltes Lammfett war die Haut, schreckliche Angst sprach aus ihren Blicken.
»Sie soll zuschauen, wie es Ihnen ergeht«, erklärte der Grieche.
»Denn sie wird die nächste sein, die Medusas Blick zu Stein macht. Schade für Sie, Mrs. Harrison. Sie sind eine nette Person. Ich hätte gefallen an Ihnen gefunden und habe auch damit gerechnet, daß Sie Ihren Mann zu meinen Gunsten beeinflussen. Wenn ich Sie so anschaue, habe ich mich wohl geirrt. Irren ist für Sie tödlich.«
Henry gab nicht auf. Er wälzte sich auf die Seite, wollte sich aufstützen, um in die Höhe zu kommen, doch die Kugel in seinem Bein machte dies unmöglich.
Sie brannte wie eine Feuerstelle. Weiter oben und auch dem Fuß entgegen, war das Bein taub. Wenn er es belastete, knickte es wieder ein. Vor Wut drang ein scharfes Schluchzen aus seinem Mund, daß sein Gegner mit einem häßlichen Lachen quittierte.
»Keine Chance, Harrison.« Er bückte sich und streckte seinen freien Arm aus. Im nächsten Moment wunderte sich Henry Harrison, welch eine Kraft dieser kleine Grieche besaß. Er zerrte den wesentlich schwereren Politiker mit einem Ruck in die Höhe und hielt ihn auch fest, als Henry wieder zusammenbrechen wollte.
»Nein, du bleibst so, Bastard!« Harrison hatte etwas sagen wollen, verschluckte die Worte allerdings, da der nächste Befehl des Griechen der Statue galt. »Öffne die Augen!« Und Medusa reagierte.
Henry Harrison hatte wegschauen wollen, der Bannstrahl traf ihn gnadenlos, und er geriet genau in Medusas tödlichen Horror-Blick…
***
Suko war noch immer bleich wie eine frisch gestrichene Wand, als er in Bills Porsche saß. Der Reporter hatte ihm erklärt, um was es ging, und der Chinese konnte es einfach nicht begreifen.
»Wäre ich doch nur vorher dabei gewesen.«
»Du hättest daran auch nichts geändert.«
»Meinst du?«
»Bestimmt.« Suko schüttelte den Kopf. Er starrte durch die Scheibe auf das Ufer der Themse. Die Promenade dort wurde von zahlreichen Bäumen flankiert, deren Laub eine herbstliche bunte Färbung zeigte. Vom hellen Gelb bis hin zu tiefen Rostrot. Alles war vertreten. Die Natur hatte sich wieder einmal als perfekter Maler erwiesen.
»Du meinst also, auf der richtigen Spur zu sein«, nahm Suko den Gesprächsfaden wieder auf. »Davon bin ich überzeugt.«
»Was macht dich so sicher?«
»Eigentlich alles. Die gestohlene Statue, die Verbindung zu Griechenland, der Besuch dieser Politiker, ich habe nachforschen lassen und bin bei einem Mann namens Kosta Kastakis hängengeblieben.«
»Wieso an ihm?«
»Weil er der Besitzer der Statue ist.«
»Weshalb stellt er sie dann erst aus?«
»Ein Trick und gleichzeitig ein Alibi. So kann er immer behaupten, sollte etwas passieren, daß er es gewesen ist, dem man die Statue gestohlen hat.«
»Etwas weit hergeholt«, wandte Suko ein. »Aber nicht unrealistisch.«
»Möglich.«
Danach schwiegen die beiden. Bill konzentrierte sich auf den Verkehr, der jetzt, in den frühen Abendstunden, wieder zugenommen hatte. Es war ein herrlicher Herbsttag gewesen. Sehr warm, mit Temperaturen, die schon die 20-Grad-Grenze erreicht hatten. Nun ging die Sonne unter. Ein Teil des Himmels schien von einem dunkelroten Feuerstrom übergossen worden zu sein. Er brannte und loderte hoch
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