035 - Ein Horror-Fest um Mitternacht
Seite war sie hochmütig gewesen.
Doch das war vorbei. Georgis lebte nicht mehr.
Der Ghoul stieß sich vom Felsen ab. »Du rührst dich nicht von der Stelle!« knurrte er. »Ein Fluchtversuch hat keinen Sinn, ich würde dich doch wieder kriegen, und dann würde es dir schlecht ergehen!«
»Ich bleibe hier«, sagte Nana mit brüchiger Stimme. Sie sagte es, obwohl sich alles in ihr dagegen auflehnte. Wenn der Ghoul sich entfernte, bot sich ihr doch die Möglichkeit, das Piratenboot zu erreichen.
Es hatte einen starken, frisierten Motor. Wenn Nana erst mal an Bord des Schiffes war, würde der Leichenfresser sie nicht mehr einholen können. Wenn, ja, wenn…
Cronis verschwand, und die Versuchung war für Nana Stuarnaras sehr groß. Sollte sie es wagen? Vielleicht stellte der Ghoul sie nur auf die Probe. Vielleicht wollte er sich nur einmal davon überzeugen, daß sie gehorchte.
Wenn sie jetzt aufsprang und er sie abfing… Dann war alles aus!
Deshalb blieb sie sitzen. Aber es fiel ihr nicht leicht, und es wurde von Minute zu Minute schwerer für sie. Wie lange würde sie diesen enormen Druck aushalten?
***
Im 13. Stock nahm ich kurz den Finger vom Knopf und holte meinen Colt Diamondback aus der Schulterhalfter. Gewissenhaft, wie ich bin, schaute ich nach, ob mir die Ghouls nicht die Patronen aus der Trommel geklaut hatten.
Sie hatten es nicht getan. Sechs geweihte Silberkugeln warteten darauf, abgefeuert zu werden.
Auf Knopfdruck senkte sich die Arbeitsbrücke weiter. Durch das Glas der Fenster flutete mir Neonlicht entgegen. Ich blickte in einen Raum, dessen Wände mit dunklem Palisanderholz getäfelt waren.
Milchweiße Gardinen ließen mich zwar hineinsehen, erschwerten aber den Blick nach draußen, was mir sehr entgegenkam. Ein knöcheltiefer Hochfloorteppich bedeckte den Boden.
Ich sah einen großformatigen Schreibtisch, an dem niemand saß, auf dem aber – ich freute mich, es wiederzusehen – mein silbernes Feuerzeug lag. Mikis Gizikis hatte es mitgebracht.
Hinter dem Schreibtisch entdeckte ich an der Wand einen riesigen Ziegenschädel, der mich grausam anstarrte. Manchmal wird Asmodis so dargestellt. Ein Kreis aus schwarzmagischen Sprüchen und Symbolen umspannte den Ziegenkopf.
Das Feuerzeug und dieser Kopf bestätigten mir, daß ich hier richtig war. Mikis Gizikis und seine Komplizen befanden sich nicht im Raum. Ich mußte Cucas Allerheiligstes vor mir haben.
Die Ghouls schienen sich nebenan aufzuhalten. Warteten sie auf Cypara Kulidis? War die Hexe von ihrer Anwesenheit schon unterrichtet? Befand sie sich bereits auf dem Weg hierher?
Es war nicht einfach gewesen, herzukommen, deshalb freute es mich, daß ich es geschafft hatte. Selbst Atax, der mir Knüppel zwischen die Beine warf, konnte nicht verhindern, daß ich Cucas Büro fand.
Mit dem Taschenmesser, das mir heute schon wertvolle Dienste geleistet hatte, knackte ich den Drehfensterverschluss. Ein sanfter Druck, der Flügel wich zu Seite, und ich hatte die Möglichkeit, von der Reinigungsbrücke in das Büro der Hexe zu steigen.
Der Vorhang bauschte sich vor mir. Ich schob ihn vorsichtig zur Seite, nachdem ich das Fenster hinter mir wieder geschlossen hatte. Beim Betrachten des gewaltigen Ziegenschädels beschlich mich ein mulmiges Gefühl.
Es schien auf eine geheimnisvolle Weise den Raum zu beherrschen. Vielleicht lebte er sogar. Drohte mir von ihm Gefahr? Völlig ausschließen durfte ich das nicht.
Ich näherte mich lautlos dem Schreibtisch, um mir mein wertvolles Feuerzeug wiederzuholen. Als sich meine Finger darum schlossen, hatte ich den Eindruck, der unheimliche Ziegenkopf würde mich dabei beobachten.
Bewegten sich seine Augen?
Ich wich zurück, nahm mir vor, mich später um ihn zu kümmern. Zuerst wollte ich mich der Ghouls annehmen, die nebenan aufgeregt und ärgerlich miteinander redeten.
Ich konnte nicht verstehen, was sie sagten, denn sie sprachen griechisch.
Ihre Namen fielen… Pedon, Demis, Mikis.
Sie erwähnten Cuca. Ja, die würde bestimmt toben, wenn sie erfuhr, welchen Mist ihre Ghouls gebaut hatten. Ab und zu verstand ich einen Brocken von dem, was gesagt wurde.
Anscheinend machte Mikis Gizikis einem seiner Freunde Vorwürfe, weil er nicht umgekehrt war, als sie feststellten, daß ich mich nicht mehr im Wagen befand.
Sie redeten von der Krypta, und es fiel auch Atax’ Name.
Den magischen Flammenwerfer in der Linken, den Colt in der Rechten, so schlich ich auf die offene Tür zu. Die geplante Überraschung
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