0356 - Die Frau, die zweimal starb
gibt einen Zeugen, dabei denke ich an den Reporter.«
»Ja, den müssen wir noch ausschalten.« Klakev nickte. »Ich wäre dafür, daß sie spektakulär gefunden wird.«
»Und wie meinst du das?«
Klakev deutete auf den Flügel. »Faß mal mit an. Wir legen sie in den offenen…«
»Du bist verrückt…«
»Nein, aber sie soll so gestorben sein, wie sie gelebt hat. Ist doch nicht schlecht?«
Sorrow ließ sich überreden. Die Vase hatte sein Kumpan aus der Hand gegeben. Sie lag jetzt am Boden. Der untere runde Rand zeigte einige Blutspritzer. Das störte keinen.
Gemeinsam hievten sie den nicht sehr schweren Körper in die Höhe und drückten ihn in den offenen Flügelkasten hinein. Der Kopf bewegte sich dabei haltlos. Er schlug auch gegen eine Kante, wurde gedreht, so daß die beiden Russen in das Gesicht starren konnten.
Klakev und Sorrow sprangen zurück. Sie waren kalkbleich geworden, denn an der Toten hatte sich etwas verändert.
Sie besaß kein Gesicht mehr!
Wo es noch vor wenigen Minuten gewesen war, befand sich nun eine glatte weiße Fläche…
***
»Fühlst du dich noch immer so schlecht?« fragte Sheila, als sie sah, daß Bill seine Lippen verzog.
»Es geht wieder.«
Sheila wußte, daß jedes weiteres Wort überflüssig war. Sie blieb ander Seite ihres Mannes, mit dem zusammen sie den Gang durchschritt, den sie schon einmal gegangen waren.
Überhaupt nichts vernahmen sie. Nur ihre eigenen Schritte, deren Echos von den Wänden zurückgeworfen wurden. Sie schauten auch noch in Gabrielas Garderobe nach, fanden den Raum leer und gingen weiter, bis sie einen schmalen Durchgang erreichten, wo sie ein Schild entdeckten, auf dem stand, daß es hier zur Bühne ging.
»Den Weg nehmen wir!« flüsterte Sheila.
Bill widersprach nicht. Hin und wieder malträtierten ihn die Schmerzen. Sie zuckten wie Stiche durch seinen Kopf. Bill mußte ehrlich zugeben, daß er sich schon wohler als in diesen Augenblicken gefühlt hatte.
Nachdem sie den Garderobengang verlassen hatten, wurde es noch kühler. Und auch dunkler.
Jemand hatte die gesamte Beleuchtung ausgeschaltet, so daß die beiden überhaupt nichts erkennen konnten.
»Verdammt, das wird nichts«, hauchte Bill.
»Willst du wieder zurück?«
»Zumindest möchte ich den Schalter finden. Hier muß es doch wenigstens eine Notbeleuchtung geben.«
»Ja, das müßte sein.«
»Warte erst mal«, sagte Bill. Sheila stellte fest, daß sich ihr Mann bewegte, dann hörte sie etwas schnicken.
Es war ein Feuerzeug, das der Reporter eingeschaltet hatte. Im Licht der kleinen Flamme, die Bill jetzt höherdrehte, wirkten ihre Gesichter wie mit Farbe übergossen, die trotzdem nicht die Bleichheit der Haut vertreiben konnte, denn beide fühlten sich an diesem Ort nicht wohl.
Es war nicht allein die Leere, die auf sie einen so bedrückenden Eindruck machte. Bill und Sheila wurden das Gefühl nicht los, von irgendwelchen unsichtbaren Augen beobachtet zu werden, denn Düsternis, Schatten und Verstecke gab es schließlich genug.
Bill schüttelte den Kopf.
»Das gefällt dir nicht, wie?« fragte Sheila leise.
»Genau.«
»Mir auch nicht.«
»Wie tröstlich.« Der Reporter ging einige Schritte nach vorn auf eine wellige schwarze Wand zu. Er trat nicht bis an sie heran, denn er hatte erkannt, daß es sich bei der Wand um die Rückseite des geschwungenen Bühnenvorhangs handelte.
»Da wirst du bestimmt kein Licht finden«, sagte Sheila leise.
»Glaube ich auch.« Bill kam wieder zurück, passierte seine Frau und schritt bis zu der rohen Ziegelsteinwand, wo Sicherungskästen angebracht worden waren und Eisenleitern in die Höhe zu den einzelnen Etagen des Schnürbodens führten.
Hier suchte der Reporter. Er entdeckte auch Beschriftungen, die angaben, welche Funktionen die einzelnen Schalter übernehmen konnten und hatte Glück, daß er sie fand, der die Notbeleuchtung einschaltete.
Grell war das Licht nicht, aber beide konnten erkennen, wo sie sich befanden.
Bill löschte die Flamme und steckte das Feuerzeug wieder weg.
»Jetzt müßten wir nur den Durchgang finden«, sagte er und drehte sich wieder dem Vorhang zu.
Das war einfacher gesagt, als getan. Erst bekamen sie einen Überblick von der Größe des Raumes, der hinter der Bühne lag. Er lag sehr lang, führte vor ihnen noch in verschiedene Gassen hinein, durch die man ebenfalls die Bühne betreten konnte.
Sheila war es, der die Bewegung in der Mitte des Vorhangs auffiel.
»Bill, da!«
Sie hatte schon ihren
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