036 - Der Teufel von der Schönheitsfarm
trat ein hochgewachsener Mann ein, der so gar nicht zu den anderen passen wollte. Er konnte nicht viel älter als dreißig sein. Sein Gesicht war gebräunt, der Blick seiner Augen stechend. Etwas Unheimliches schien von ihm auszugehen. Aber vielleicht lag das an dem dichten Schnurrbart, dessen Enden nach unten gezwirbelt waren. Der Fremde blickte sich flüchtig um und trat an den Tisch.
»Ist hier noch frei?«
»Ja«, sagte ein Mann, den Healey nicht kannte.
Der Schnurrbärtige lächelte. »Gestatten Sie, mein Name ist Dorian Hunter.«
Healey wandte den Blick ab, doch immer wieder mußte er Dorian Hunter anblicken.
»Sind Sie auch zur Behandlung hier, Mr. Hunter?« fragte Jeanne Deane interessiert.
»Nein, Madame«, sagte der Dämonenkiller lächelnd.
»Das wundert mich aber. Wir alle sind hier, damit wir …«
»Entschuldigen Sie, Mrs. Deane, daß ich Sie unterbreche«, sagte Victor Shapiro, der am Nebentisch saß. »Ich würde mir an Ihrer Stelle gut überlegen, ob ich mit Mr. Hunter spreche.«
»Wie meinen Sie das, Mr. Shapiro?«
»Ganz einfach. Mr. Hunter ist das, was man vulgär als einen Schnüffler bezeichnet.«
Plötzlich war es still im Speisesaal. Alle starrten den Dämonenkiller an. Der Gesichtsausdruck veränderte sich. Alle sahen ihn kühl und abweisend an.
»Was wollen Sie damit sagen?« stieß Healey schwer atmend hervor.
»Mr. Hunter ist neugierig«, sagte Shapiro spöttisch. »Er möchte gern Näheres über die Patienten, über Dr. Goddard und seine Behandlungsmethoden erfahren.«
Es war so still, daß man eine Stecknadel hätte fallen hören können.
»Ich würde Ihnen vorschlagen, daß Sie sich in Mr. Hunters Anwesenheit bei Ihren Gesprächen Zurückhaltung auferlegen«, sprach Shapiro weiter.
»Weshalb wird er dann nicht von der Insel gebracht?« fragte ein dicker rotgesichtiger Mann grimmig.
»Da müssen Sie Dr. Goddard fragen, Mr. Wilson. Ich wollte Sie nur informieren, damit Sie wissen, was Sie von Mr. Hunter zu halten haben.«
Der Dämonenkiller hatte schweigend zugehört, doch innerlich verfluchte er Shapiro. Es war ihm klar, daß keiner der Patienten mehr etwas sagen würde.
»Wir wollen keinen Schnüffler in unserer Mitte haben«, kreischte eine vollbusige Frau. »Er soll von der Insel verschwinden.«
Einige Männer standen auf und kamen drohend auf den Dämonenkiller zu. Dorian stand auf und schob den Stuhl zurück.
»Meine Damen und Herren«, sagte er lächelnd, »ich bedauere, daß meine Gegenwart hier nicht erwünscht ist. Guten Abend!« Er drehte sich um und ging aus dem Speisesaal.
Shapiro sah ihm grinsend nach.
Einige Sekunden blieb es still, dann schrien alle erregt durcheinander.
Manuel Fuente war in eines der Zimmer im Nebentrakt gebracht worden. Seit er das Gebäude betreten hatte, fühlte er sich schwach und konnte keinen klaren Gedanken fassen. Er stand im Zimmer, glotzte stumpfsinnig die Wand an und hörte nicht, daß die Tür geöffnet wurde. Auch die raschen Schritte vernahm er nicht. Dann spürte er eine Hand auf seiner Schulter und hörte eine Frauenstimme, die aus weiter Ferne zu kommen schien. Die Hand verkrallte sich in seiner Schulter, und die Stimme schrie ihm ins Ohr. Er bewegte leicht den Kopf und wollte die Hand abschütteln.
»Hörst du mich, Manuel?« Die Stimme sprach portugiesisch.
Er versuchte zu sprechen, doch kein Laut kam über seine Lippen.
»Du mußt mich hören, Manuel!«
Er kannte die Stimme. Er versuchte sich zu erinnern, doch jeder Gedanke fiel ihm schwer.
»Ich bin es, Maria!«
Maria. Ja, er hatte einmal ein Mädchen dieses Namens gekannt. Maria war mit ihm aus Portugal geflohen. Sie war siebzehn Jahre alt: eine hübsche junge Frau mit nachtschwarzem, langem Haar und glutvollen dunklen Augen. Ihre Haut war weich wie Samt gewesen, der Körper voll erblüht, mit hohen federnden Brüsten und sinnlichen Hüften. Er hatte sie geliebt. Doch das war lange her.
»Hörst du mich, Manuel? Ich bin es, Maria! Deine Maria.«
Seine Lippen formten ein Ja. Ein kaum hörbares Flüstern.
Vor sich sah er eine Bewegung. Irgend etwas schob sich zwischen ihn und die Wand, doch er konnte nicht erkennen, was es war. Etwas strich über sein Gesicht, und weiche Finger führen durch sein Haar.
»Wach auf, Manuel! Ich bin bei dir! Bitte, wach auf!«
Er bewegte die Augen, und riß die Lider weit auf. Ein leichtes Pochen war in seinen Schläfen, das immer stärker und schmerzhafter wurde. Er konnte wieder sehen. Vor ihm stand eine
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