0365 - Die Grotte der Saurier
herauswachsen zu sehen, das Ähnlichkeit mit einem Kopf oder Gesicht hatte.
Als ich van Liechem aufmerksam machen wollte, war beides schon verschwunden. Einfach weggetaucht oder von der Dunkelheit verschluckt. Ich rieb über meine Augen. War ich schon verrückt, daß ich mir etwas einbildete, oder hatte ich den Flammenring tatsächlich gesehen?
Ich tippte den vor mir gehenden Inspektor auf die Schulter. Der blieb stehen und drehte sich um.
»Was ist denn?«
»Haben Sie den Flammenring gesehen?«
»Nein.«
»Aber ich.«
»War es wirklich ein Flammenring?« fragte mein Kollege. Ich nahm den Geruch seiner feuchten Kleidung wahr.
»Wenn ich es Ihnen sage. Außerdem kam es mir so vor, als würde aus ihm ein Gesicht hervorstechen. Kann Einbildung gewesen sein, muß aber nicht.«
»Nein, das muß es nicht«, erwiderte er nach einer Weile. »Das muß es wirklich nicht.«
»Wie meinen Sie?«
»Mir fällt da die alte Geschichte wieder ein, die man sich erzählt. Es ist so. Die Mönche zeigten sich vor ihrem Begräbnis seltsam verändert. Um ihre Köpfe soll ein Flammenring gelegen haben, und die Verurteilten selbst sprachen vom Feuer der Hölle, das sie schützte. Was Sie davon halten, Sinclair, bleibt Ihnen überlassen.«
»Ich werde mich doch nicht getäuscht haben. Der Flammenring existierte, auch der Kopf, nur war er leider blitzschnell verschwunden. Ich würde ihn gern noch mal sehen.«
»Lieber nicht.«
Ich schlug van Liechem im Dunkeln auf die Schulter. »Bleiben Sie ganz ruhig, mein Freund, auch wenn die Mönche zurückgekehrt sind.«
»Und das steht für Sie fest?«
»Ja, ich glaube daran. Für mich ist klar, daß wir es hier mit zwei lebenden Toten zu tun haben. Eine unheilvolle Magie hat sie wieder zum Leben erweckt.«
»Dann sind das Zombies?«
»So ähnlich, mein Lieber…«
Van Liechem begann zu stöhnen. »Wäre ich doch nur Kartenspielen gegangen.« Er lachte. »Nein, Geisterjäger, nein. Wie sollen die denn ihre Gräber aufgebrochen haben?«
»Magie ist stark. Sie überwindet nicht nur Zeiten und Dimensionen, sondern auch Hindernisse, die wir als Menschen für unüberwindbar halten. Glauben Sie mir, ich kenne mich aus.«
»Das muß ich dann wohl.«
»Rechts von uns habe ich den Flammenring entdeckt. Ist es möglich, diese Richtung einzuschlagen?«
»Mal sehen. Wir müßten nur einen Gang finden, der in die Richtung führt. Und den haben wir gleich.« Er schaltete wieder seine Lampe an und leuchtete. An der aus Kalksandstein bestehenden Außenfläche tastete sich der Strahl entlang, bis er auf eine Öffnung fiel, die den Beginn eines Ganges darstellte.
»Dort ist es.«
Vorsichtig gingen wir weiter. Hin und wieder schalteten wir die Lampen ein, das mußten wir zwecks besserer Orientierung einfach, und wir hörten wieder das Gebrüll.
Diesmal erklang es nicht mal so weit entfernt. Durch die Echos verzerrte es sich nur ein wenig, aber es traf uns so stark, daß wir vor Schreck stehen blieben.
»Verdammt, auch…«
Ich übernahm die Führung und drückte meinen Begleiter einfach zur Seite.
Wir waren inzwischen in einer sehr großen Höhle gelandet. Die Wände stachen längst nicht mehr senkrecht in die Höhe, eher hangartig, auch nicht glatt, so daß man ohne weiteres auf ihnen weiterklettern konnte.
Van Liechem wollte mich zurückhalten. Ich schüttelte seine Hand ab und stieg den Hang hoch.
Die ersten Schritte fielen mir schwer, dann ging es besser, da ich immer mehr Kerben fand, die mir Halt und eine gewisse Trittsicherheit gaben. Zurück blieb van Liechem. Er leuchtete mir und rief auch etwas. Seine Stimme verzerrte sich, weil sie nur mehr aus Echos zu bestehen schien.
»Ich laufe um die Wand herum. Dann treffen wir uns bestimmt irgendwo. Klar?«
»Ja.«
Die Hälfte hatte ich etwa hinter mir. Ich lauschte noch den hohlen Schrittechos meines Kollegen nach, als ich gleichzeitig einen Schrei vernahm. Der schien die Wände sprengen zu wollen. Diesmal war es kein tierhaftes Brüllen, sondern der Schrei aus einer menschlichen Kehle. Da weder van Liechem noch ich ihn ausgestoßen hatten, mußte er einem anderen Menschen gehören, der sich in der Grotte aufhielt.
Als der Schrei und auch die Echos verstummt waren, wußte ich, daß der Mensch nicht mehr lebte. So wie er brüllte nur jemand, der sich in Lebensgefahr befand. Die Stille danach war fast noch schlimmer.
Ich spürte genau, wie ich innerlich aufgewühlt wurde. Über meinen Rücken rann es kalt und fast bis hinunter zu den
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