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0366 - Zigeunerliebe - Zigeunertod

0366 - Zigeunerliebe - Zigeunertod

Titel: 0366 - Zigeunerliebe - Zigeunertod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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gewöhnt, als abermals eine Veränderung eintrat. Aus dem Schatten wurde Carmen, die rauchende Zigeunerin.
    Trotz ihrer überdimensionalen Größe verwandelte sie sich in einen Menschen, und sie blieb auch dabei so groß.
    Ein Riese war geboren.
    Lackschwarz das Haar. Wie goldene Monde glänzten die Ringe in beiden Ohrläppchen. Sie trug einen blauen Rock und eine grüne Bluse, so stand es auch in den alten Überlieferungen und Legenden, die nun keine mehr waren.
    Und sie hatte das Gesicht verzogen. Es war ein Lächeln, mit dem sie auf die Menschen herabschaute, dennoch sehr gefährlich, wissend und auch hinterhältig.
    Noch hatte sie kein Wort gesprochen, sie bewegte sich auch nicht, aber jeder konnte auch die dünne Qualmfahne erkennen, die von einer Zigarette in die Höhe stieg.
    Die rauchende Zigeunerin.
    Manche hatten ihr eine Pfeife angedichtet, andere wiederum eine Zigarre, aber sie rauchte eine Zigarette, hob den rechten Arm und führte den Glimmstengel zum Mund.
    Sie nahm einen Zug.
    Vor den Lippen glühte es dunkelrot auf, dann entließ sie den Qualm, der ihr Gesicht für einen Moment einnebelte. Aus dem Nebel drang die laute Stimme.
    »Ihr habt es nicht anders haben wollen«, erklärte sie. »Mich habt ihr verbrannt. Ihr, die Menschen, und deshalb wird meine Rache euch jetzt treffen.«
    Die Bewegung, die sie vollführte, war kaum zu erkennen, aber es flog etwas durch die Luft.
    Eine glühende Kippe.
    Und sie fiel genau auf die Hauptstraße…
    ***
    Ich hatte keinen Grund, den Angaben des Küsters zu mißtrauen und raste wie ein Irrwisch die Treppe hoch, gelangte in die Kirche, durchquerte sie und riß die Tür auf.
    Kalte Luft traf mich. Sie wehte eisig in mein Gesicht. Ich schob den Kopf in den Nacken, schaute zum Himmel hoch und sah die Gestalt, die etwa die Höhe des Kirchturms besaß.
    Das genau war sie.
    Aber vergrößert, angewachsen zu einer Höhe, die für mich nicht erklärbar war. Ich hörte sie sprechen, sie redete von einer Rache und nahm anschließend einen Zug aus ihrer Zigarette.
    Ich wußte, was kam. Wenn die Zigarette den Boden berührte, kam es zu einer schwarzmagischen Entladung, die keinem von uns und auch keinem Menschen gedient war.
    Sie würde das Grauen verbreiten.
    Ich stellte fest, daß ich diesmal zu spät gekommen war und hoffte nur, daß sich keine Menschen in der Nähe aufhielten.
    Fast im Zeitlupentempo senkte sich die brennende Kippe dem Boden entgegen, und ich spürte plötzlich einen noch kälteren Hauch, der über meinen Nacken strich.
    Er war unsichtbar und mußte schnell wie das Licht sein, denn urplötzlich verlöschte die Kippe.
    Mir kam es vor, als würde sich mitten in der Luft ein Bottich mit Wasser befinden, und als ich das Glühen nicht mehr sah, vernahm ich die flüsternde, dennoch laute Stimme, die über den Ort hallte.
    »Mich hat man an einer heiligen Stätte getötet. Ich will nicht, daß noch mehr Unrecht geschieht…«
    Ein Heulen erklang. Aus dem Unsichtbaren kam es, brauste auf zu einem Sturm, der Schneewolken von den weiten Feldern hochfegte und sie über das Dorf trieb.
    Der Schnee verdeckte alles, auch die Zigeunerin.
    Als die feinen Körner verschwanden, sah ich auch nichts mehr von der übergroßen Gestalt.
    Sie war verschwunden, wie der Geist der Nonne…
    »Ist sie das gewesen?« hörte ich hinter mir die Stimme meines Freundes Bill Conolly.
    »Ja«, erwiderte ich, »das war sie…«
    Natürlich hatte man Gesprächsstoff für die nächsten Wochen.
    Jetzt wußte wohl jeder in Pluckley, daß er in einem Gespensterdorf wohnte.
    Ob sich jemals ein Gespenst wieder zeigen würde, war die große Frage.
    Fast noch mehr wunderten sich die Menschen über die beiden fremden Männer. Sie wurden gefragt, wo sie herkamen, aber Antworten bekamen sie nur ausweichende.
    Zudem hatte der gute Bill etwas anderes zu tun. Er telefonierte mit Sheila, um von seiner glücklichen Rückkehr zu berichten.
    Es wurde schon dunkel, als wir wieder losfuhren. Keiner hatte Lust, in Pluckley zu übernachten.
    Wieder einmal fuhr ich mit meinen Freunden, und darüber war ich mehr als froh.
    Auch Shao freute sich. Sie saß neben Suko im Fond und hatte sich so eng an ihn geschmiegt, als wollte sie ihn nie mehr im Leben loslassen. Auf Knien stand etwas, nach dem wir so lange gesucht und es endlich gefunden hatten.
    Der Würfel des Unheils.
    Nein, der Ausdruck war jetzt falsch. Für uns sollte er zum Würfel des Heils werden…
    ENDE

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