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037 - Klinik der Verlorenen

037 - Klinik der Verlorenen

Titel: 037 - Klinik der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jose Michel
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Ich werde ihr ein Fläschchen bereiten.«
    Sie drehten sich um und ging hinaus. Die anderen Mädchen waren aufgewacht und drängten sich um Eric, um zu sehen, was aus mir in einer einzigen Nacht geworden war.
    Fragen wurden laut. Eric wußte nicht, was er antworten sollte. Ich beneidete die anderen. Setonis Serum hatte bei ihnen gewirkt. Alle hatten ihr früheres Aussehen wiedererlangt, auch Clarice war wieder groß. Jeanne rauchte eine Zigarette, deren Rauch mir unangenehm in die Nasenlöcher stieg.
    Norma zeigte kichernd auf meine Pyjamahosen. Sie hingen weit hinunter. Mary reichte mir einen Zeigefinger, den ich festhielt. Ich war verzweifelt. Würde das so weitergehen? Würde von dem jungen Mädchen, das ich einmal war, tatsächlich nichts übrig bleiben?
    Mit großer Anstrengung preßte ich meinen Kopf gegen Erics Hals. Er wandte sich ab, ging mit mir zum Kinderbettchen und legte mich hinein. Dann ging er weg, und ich schrie, um ihn zurückzuhalten. Aber mein Schreien war vergebens.
    Eliane nahm mich auf ihre Knie und gab mir das Fläschchen. Ich schluckte die gezuckerte Milch. Nach einer Weile schloß ich die Augen. Das Trinken hatte mich ermüdet.
    Als ich die Augen wieder öffnete, standen Eric, Setoni und einige unbekannte Männer um mein Bettchen und flüsterten miteinander. Ich konnte nicht verstehen, was sie sagten, aber sie sprachen ganz sicher über meinen Fall.
    Ariane schrieb auf einem Block mit. Sie sah völlig unbeteiligt drein, drückte wie zufällig Erics Arm und beugte ihr Gesicht ganz dicht neben dem seinen zu mir herunter.
    Die Straße war frei, der Weg geebnet. Ihre Rolle begann.
    Setoni deckte mich ab, um mir sein Serum zu injizieren. Er betrachtete meinen Babykörper, drehte mich auf den Bauch und wieder auf den Rücken.
    »Mademoiselle Tellier«, sagte er zu mir. »Es ist schade, daß Sie uns nicht sagen können, was Sie empfinden. Ich weiß, daß Ihr Geist völlig normal arbeitet. Ich arbeite ohne Unterlaß, um ein wirksames Mittel für Sie zu finden. Haben Sie Vertrauen. Eric wird mir helfen.«
    »Welch süße kleine Händchen«, schnurrte Ariane, »und so glatt und fein.«
    Eric legte mir die Hand auf die Stirn und streichelte mir die Wangen. Meine Zähne schienen ihn besonders zu interessieren. Er gab Setoni ein Zeichen.
    »Sehen Sie, die Zähne sind gleich geblieben«, sagte Eric. »Die Knochen scheinen also nicht alle angegriffen zu sein. Auch ihr Haar ist so lang und dicht wie früher. Was denken Sie darüber?«
    Setoni überlegte sekundenlang.
    »Ich denke, wir sollten die Abstände zwischen den einzelnen Injektionen verkürzen«, sagte er dann. »Und die Dosis weiter erhöhen.«
    Einer der Unbekannten sagte: »Ich glaube trotzdem, daß wir ein unmittelbares Resultat erzielen, wenn wir sie an der Hypophyse operieren. Natürlich ist es eine riskante Angelegenheit, aber einige Eingriffe dieser Art sind mir bereits gelungen. Wenn Sie meiner Meinung sind, sollten wir nicht zögern.«
    Ohne ihn anzusehen, sagte Eric: »Nein. Ich möchte das Schicksal nicht herausfordern. Im Augenblick setzen wir die Spritzen fort. Wenn sie ohne Effekt bleiben, können wir weitersehen.«
    Erleichtert seufzte ich.
    Alle verließen den Saal. Dann nahm mich Eliane in ihr Zimmer mit, um mich zu baden. Ich schrie ohne Unterlaß, und das tat mir gut. Nach einer Weile gab Eliane mir einen Klaps auf das Hinterteil, bereute es aber sofort, weil sie sich offensichtlich daran erinnerte, daß mein Geist alles registrierte, und streichelte mir die Wange.
    Sie trug mich wieder in mein Bettchen zurück. Wer war wohl darin gestorben? Dominique oder Olga? Diese verdammten Kinderbettchen waren ein offenes Zeichen für das nahe Ende.
    Ich schlief unruhig. Hin und wieder wachte ich auf, weil sich ein Fläschchen zwischen meine Lippen drängte. Ich wußte nicht, wie spät es war, denn meine Armbanduhr war mir natürlich weggenommen worden.
    Eliane drehte das Licht an. Es war Abend. Die Abendmahlzeit wurde serviert.
    Plötzlich verspürte ich am ganzen Körper ein unerträgliches Jucken. Der Schweiß brach mir aus, meine Gliedmaßen wurden ganz leicht, und ein seltsames Ziehen verkrampfte meine Muskeln. Ich spürte meine Hände und Füße nicht mehr. Ich hatte das Gefühl, ganz klein und flach zu werden … Die formlose Masse, das kleine Häufchen! Ich schnappte nach Luft, öffnete den Mund, um zu schreien, aber ich brachte keinen Ton hervor. Das war das Ende. Ich wollte Eric sehen, bevor ich starb …
    Ein heftiger Schmerz

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