0371 - Karawane der Dschinns
Tempel.
Suko verließ den Ort des Grauens, erreichte wieder die Vorderseite des Altars und blieb steif stehen. Er wurde das Gefühl nicht los, in den letzten Sekunden beobachtet zu werden.
Irgendwo mußte jemand lauern. Vielleicht vorn, genau dort, wo sich der Eingang befand.
Möglich war alles.
Die Distanz war sehr groß, das Licht entsprechend schwach, so daß auch Suko trotz seiner scharfen Augen nicht erkennen konnte, ob sich dort etwas tat.
Er hatte die Tür nicht abgeschlossen. Spaltbreit stand sie noch offen. Leider war der Spalt so klein, daß er nicht entdecken konnte, ob sich dahinter eine Gestalt abmalte.
Das Gefühl blieb…
Der Inspektor schritt den gleichen Weg zurück, den er gekommen war. Mit einem heftigen Ruck öffnete er die Tür.
Der Gang vor ihm war leer.
Auf der Schwelle blieb Suko stehen. Seine Blicke tasteten jeden Zentimeter des Bodens ab, und er glaubte plötzlich, ein Klirren zu hören, als wäre Glas zerbrochen.
Das war im Moment nicht wichtig. Suko suchte die beiden anderen Männer. Er hatte die Qual der Wahl, da vom Gang aus mehrere Türen abzweigten, hinter denen Räume lagen.
Wenn nichts anderes half, mußte Suko sie einzeln und der Reihe nach untersuchen.
Damit begann er auch.
Der erste Raum besaß eine Einrichtung, die ihn wunderte. Er hatte mit einem elegant eingerichteten Zimmer gerechnet und schüttelte vor Überraschung den Kopf, als er sich in einem geräumigen Waschraum sah. Rechts von der Tür standen spindartige Schränke aus Metall, die fast die gesamte Breite des Raumes einnahmen. Sie bildeten gewissermaßen eine Trennlinie.
Auf der linken Seite befand sich die lange Reihe weißer Waschbecken. Eine schmale Tür mit einem Milchglaseinsatz führte wahrscheinlich zu den Duschen.
Sukos Herz klopfte stärker, als er sich auf den Weg machte. Er blieb für einen Moment an der Tür stehen, versuchte durch die Milchglasscheibe zu blicken und erkannte einen hohen Schatten.
Suko riß die Tür auf.
Es war ein kleiner Duschsaal. Sechs Düsen zählte Suko unter der Decke. Auf dem Fliesenboden des großen Beckens lag ein bräunlich schimmerndes Holzgestell.
Und darauf sah er auch den Mann.
Der dritte Tote stierte an die Decke. Und auch er war auf die gleiche schreckliche Weise ums Leben gekommen. Er war vollständig bekleidet, und sogar eine Maschinenpistole lag neben ihm. Nur hatte er sie nicht mehr einsetzen können, sein Killer war schneller gewesen.
Der Inspektor verzog das Gesicht, als hätte er Essig getrunken. Er mußte sich mit der Tatsache abfinden, daß hier jemand fürchterlich aufgeräumt hatte. Ein unheimlicher Mörder hatte klare Verhältnisse schaffen wollen, und das war ihm auch gelungen.
Einen Weg vorbereiten für die Dschinns! Aber wer steckte dahinter? Wer war doch so grausam, daß er jeden tötete, der ihm in die Quere kam? Vielleicht auch die Dschinns selbst?
Diese Möglichkeit zog Suko in Betracht, ging jedoch nicht davon aus. Noch ein Toter fehlte ihm, so makaber die Rechnung auch war.
Er konnte sie einfach nicht verbannen.
In der Dusche gab es keinerlei Möglichkeiten, noch eine weitere Leiche zu verstecken. Hier würde der Chinese sie nicht finden. Er drehte sich um, weil er den Raum verlassen wollte, als er einen dumpfen Laut aus dem anderen Raum vernahm.
Das mußte es sein.
Und das war es auch.
Der Inspektor hatte die Tür kaum aufgerissen, als er die Bescherung sah. Es war der vierte Tote, und er war aus einem der spindartigen Schränke gefallen.
Von allein?
Daran wollte der Chinese nicht glauben. Da mußte jemand nachgeholfen haben, deshalb ging der Inspektor davon aus, nicht mehr allein mit der Leiche zu sein.
Lauerte der Killer?
Suko verließ seinen Platz an der Tür. Er wollte sich die Leiche aus der Nähe anschauen, und wieder mußte er feststellen, daß es der gleiche Mörder gewesen war.
Vor Suko befand sich die Wand aus Schränken. Wenn sich der Killer noch in der Nähe aufhielt, konnte er sich nur hinter den Schränken verborgen halten.
Durch die Nase atmete Suko ein. Der andere mußte ihn gehört haben. Spuren entdeckte der Chinese nicht. Er sah nur das Blut auf den hellen Fliesen.
»Wenn du da bist, komm hervor!« rief Suko und lauschte dem Echo seiner eigenen Stimme. Als »Antwort« ertönte ein krächzendes und düster klingendes Lachen.
»Wer bist du?« fragte Suko.
»Kennst du meinen Namen nicht?« Die Stimme klang ähnlich wie das Lachen vorhin.
»Nein.«
»Ich will es dir sagen. Bei meiner Geburt hat man
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