0371 - Karawane der Dschinns
prächtiger Altar bildete den Abschluß eines Ganges, der von zwei Bankreihen flankiert wurde.
Die Leere fiel Suko auf.
Nicht allein, daß niemand der hier lebenden Menschen in dem tempelartigen Gebäude gewesen wäre, es war eine andere Leere, eine gewisse Kälte, so, als wäre etwas entweiht worden.
Entweiht war genau der richtige Ausdruck.
Das gefiel dem Chinesen überhaupt nicht. Sein Verdacht wuchs.
Er wußte mit einemmal, daß er von nicht sichtbaren Feinden umgeben war. Daß sie hier auf ihn lauerten und auch schon zugeschlagen hatten.
Hatte es Sinn, die Kirche zu durchsuchen?
Ja, möglicherweise fand er eine Spur oder einen Hinweis, der ihn weiterbrachte.
Und so ließ Suko die Tür hinter sich, betrat den Gang und schritt ihn langsam entlang.
Auch er versuchte, so wenig Geräusche wie möglich zu machen.
Unter seinen Füßen zerknirschten hin und wieder kleinere Steine, und er hielt seinen Blick geradeaus gerichtet.
Jetzt war der Altar besser zu erkennen. Er lag praktisch in einem kleinen erkerähnlichen Anbau, der an seinem Ende mit einem Rundbogen geschmückt war. Mehrere Fenster unterbrachen das Mauerwerk. Sie wirkten wie überlange Finger, und durch ihre bunten Scheiben sickerte das graue Tageslicht, das den Altar traf.
So prächtig, wie Suko ihn bei seinem Eintritt in Erinnerung gehabt hatte, zeigte er sich in Wirklichkeit nicht. Der Inspektor sah ein koptisches Kreuz, das schief stand und ebenfalls wie verkohlt wirkte. Auch die Heiligenfiguren standen nicht mehr dort, wo sie eigentlich hingehört hätten. Sie lagen auf der Steinplatte und sahen aus, als bestünden sie aus dunkler Asche.
Hier hatte jemand den Tempel entweiht!
Suko konnte einfach zu keiner anderen Schlußfolgerung kommen.
Die Dschinns mußten es geschafft haben. Aber was war mit den hier lebenden Menschen geschehen?
Suko erinnerte sich daran, vier Männer gesehen zu haben. Al-Acham nicht mitgerechnet.
Er schaute nicht allein auf den Altar, sondern jetzt auch in die Bankreihen hinein. Bisher waren sie leer gewesen, das änderte sich, als er zwei Schritte vorging und nach rechts schaute.
Er sah den Körper auf dem Boden zwischen zwei Bankreihen liegen. Verkrümmt und bewegungslos.
Eine Schocksekunde gab es für Suko nicht. Sofort drückte er sich in die enge Bankreihe hinein, ging einige Schritte und sah schon das Blut, das sich zu einer Lache ausgebreitet hatte.
Suko packte zu. Dabei achtete er darauf, nicht in die Lache zu treten. Er wußte, daß dem Mann nicht mehr zu helfen war, dennoch wollte er wissen, wie er gestorben war, dann konnte er Rückschlüsse auf die Mordwaffe ziehen.
Suko schüttelte den Kopf, als er die Brust des Mannes sah. Dieser Kerl war voll erwischt worden. Nicht von einer Kugel, sondern einem anderen Mordgegenstand.
Der Inspektor hatte die Dschinns zwar noch nicht gesehen und nur von ihnen gehört, aber er wußte sehr genau, welche Waffen sie besaßen. Die Wunde konnte durchaus von einem Krummschwert stammen, das jemand in die Brust des Mannes geschlagen hatte.
Eine furchtbare Art zu sterben!
Suko schluckte und schüttelte sich. Er hatte die Hände zu Fäusten geballt, sein Hals war trocken, und er dachte daran, daß der Mann ausgerechnet in diesem kirchenartigen Tempel gestorben war. Ein Beweis, daß auch er keinen Schutz mehr bot.
Suko richtete sich wieder auf. Deprimierende Gedanken quälten ihn. Er dachte wieder an die Stille, die er so deutlich gespürt hatte.
Ein Toter war von ihm gefunden worden. Vier Männer außer Al-Acham hatte er gesehen.
Wo steckten die anderen drei?
Diese Frage beschäftigte ihn sehr. So machte er sich auch auf die Suche, aber zwischen den Bänken fand er keinen weiteren Toten mehr.
Blieb der Altar. Suko wollte ganz sichergehen, deshalb nahm er auch ihn in Augenschein.
Er sah die verbrannten Gegenstände, die verwelkten Blumen und nahm abermals diesen widerlich ätzenden Geruch auf, der alles umweht hatte. An der Vorderseite schritt er den Altar ab, erreichte sein Ende und wollte schon kehrtmachen, als er den Fuß entdeckte.
Er schaute ein Stück an der Rückseite hervor.
Zwei Sekunden später stand der Inspektor vor dem nächsten Toten. Hinter dem Altar lag er, und er war auf die gleiche Art und Weise ums Leben gekommen wie der Mann in der Bank.
Blieben noch zwei.
Nein, drei, mit Al-Acham.
Es gab keine weiteren Verstecke innerhalb der Kirche, die der Inspektor hätte durchsuchen können. Wenn noch weitere Leichen vorhanden waren, dann nicht mehr im
Weitere Kostenlose Bücher