0374 - Der Inka-Henker
abzustützen. Nur war er noch bleicher geworden.
»Ich weiß, daß es Ihnen schwerfällt, so etwas zu glauben«, sagte ich. »Aber es ist eine Tatsache.«
»Dann… dann ist er aufgestanden?«
»Genau.«
»Und wie sah er aus?«
»Er war kaum verwest und trug noch seine Uniform, in der man ihn begraben hat.«
»Aber was sucht er hier?«
Ich hob meine Schultern. »Das kann ich Ihnen nicht genau sagen. Möglicherweise diese Statue, die Sie gesehen haben. Alles ist doch drin – oder?«
»Ja, jetzt glaube ich es auch…« Ernesto schüttelte den Kopf und schlug dabei seine Hände vor das Gesicht. Er redete trotzdem weiter. Ich unterbrach ihn und erklärte, daß ich nach oben gehen wollte.
Seine Hände sanken nach unten. »Was wollen Sie dort? Sich den beiden stellen?«
»So ungefähr.«
»Das ist lebensge…«
Weiter kam er nicht. Wie auch der junge Mann hatte ich ebenfalls den berstenden Krach vernommen, der über uns entstanden war.
»Am Dach!« schrie Ernesto. »Das muß da einfach gewesen sein.«
Dem Krachen folgte ein Poltern. Wahrscheinlich waren die Dinge wieder zurückgefallen, die zerstört worden waren.
Ich hatte es plötzlich eilig, jagte aus dem Pfarrhaus, wäre fast über die nach innen gefallene Tür gestolpert und blieb vor dem Haus stehen. Dachziegel und Gebälk lagen auf dem Boden. Eine unerklärliche Gewalt mußte alles losgerissen haben, hatte es in die Luft geschleudert, bevor die Dinge wieder auf den Erdboden krachten.
Das alles war für mich zweitrangig. Ich bekam auch nur am Rande mit, wie sich ein ängstlicher Ernesto Lazarro aus dem Türrechteck löste und mit zögernden Schritten näher kam.
Ich schaute in den Himmel.
Über mir, dem Haus und auch den Bäumen schwebte eine Gestalt. Starr, unbeweglich, als würde sie dort festhängen. Sie war tatsächlich eine Statue oder Figur.
In der rechten Hand sah ich die Axt. Mit der linken hielt sie eine Person so am Kragen oder im Nacken gepackt, wie man ein Kaninchen anfaßt.
Es war der Zombie!
***
Was sehr selten vorkam, trat nun ein. Ich stand auf dem Fleck, staunte, denn mir hatte es einfach die Sprache verschlagen. Dafür flüsterte Ernesto. Leider konnte ich nicht verstehen, was er von sich gab. Er schaute ebenso wie ich in die Höhe, und sein Mund stand dabei noch offen.
Die Statue hatte sich den Untoten geholt. Weshalb? Aus welchem Grund waren die beiden Feinde.
Bei Helligkeit hätte ich sie besser sehen können. Dennoch kam mir die Figur so vor, als würde sie eine in der Mitte gegürtete Mönchskutte tragen.
Sollte es sich bei ihr tatsächlich um einen Mönch handeln? Oder um eine lebende Heiligenfigur?
Vielleicht wußte Ernesto etwas. Ich mußte die Frage zweimal stellen, um ihn aus seiner Lethargie zu reißen. Er schüttelte nur den Kopf. Also wußte er auch keinen Bescheid.
Was hatte die Figur mit dem Zombie vor? Er zappelte in ihrem Griff. Wie er die Arme und Beine bewegte, war fast schon lächerlich.
Der andere ließ nicht los. Er diktierte hier und fürchtete sich auch nicht vor einer lebenden Leiche. Demnach mußte er noch stärker sein. Ich war gespannt darauf, was weiterhin passierte, denn ewig würden die beiden dort nicht bleiben.
Schon bald änderte sich das Bild.
Die lebende Figur, die tatsächlich noch mit beiden Füßen auf einem Sockel stand, schüttelte sich, als hätte sie etwas Unangenehmes erfahren. Dann hob sie den linken Arm mit ihrem Beutezombie an, stieß ihn in der gleichen Sekunde wieder nach vorn und schleuderte den Untoten in die Tiefe.
Es war ein groteskes Bild, denn der Zombie bewegte sich dabei wie ein Fallschirmspringer. Es sah so aus, als würde er seinen Goldhelm verlieren.
Genau in dem Augenblick, als der Zombie mit einem dumpfen Krach zu Boden geschmettert wurde.
Es war ein Schlag, der einen Menschen sicherlich getötet hätte.
Eine lebende Leiche konnte man auf diese Art und Weise nicht umbringen, das wußte ich.
Es schien trotzdem so, als wollte sich der jahrhundertealte Zombie nicht mehr erheben. Er blieb einfach liegen, platt und mit ausgebreiteten Armen und Beinen, auch ohne einen Laut von sich zu geben.
»Ist der erledigt?« hörte ich Ernestos Flüstern.
»Nein, der nicht.«
Ich hatte den Satz kaum beendet, als der Zombie bereits reagierte.
Arme und Beine winkelte er zur gleichen Zeit an, bevor er sich abstemmte und langsam in die Höhe drückte.
»Verdammt, der macht weiter!« Ernesto war außer sich und erregt. Er erlebte diesen Vorgang zum erstenmal. Ich hatte
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