0374 - Der Inka-Henker
brauchte sie nur wenige Minuten.
Als er nicht mehr sprach und sich wieder auf seine nähere Umgebung konzentrieren konnte, fiel ihm auf, wie ruhig es im Haus geworden war. Er kam sich plötzlich so allein vor.
Ruhig war es nie.
Alte Häuser wie dieses arbeiten immer. Da knackte mal eine Bohle, dann klapperte oder rappelte ein Fensterladen. Laute, an die sich der Pfarrer längst gewöhnt hatte, die für den jungen Mann jedoch neu waren.
Er war nervös.
Das merkte er an dem Schweiß, der auf seinen Handflächen lag.
Immer wenn er nervös war, glänzte die Haut.
Sollte er noch einen Schnaps trinken?
Nein, er ließ es bleiben. Statt dessen trat er an das Fenster und schaute nach draußen.
Auf den Kirchhof konnte er sehen. Es war windig geworden. Die Zweige der Bäume bewegten sich wie lange Peitschenarme. Manchmal wurden sie auch so geschüttelt, als hätten Hände sie umfaßt, um ihre Wut an ihnen auszulassen.
Am Himmel lief ein Wechselspiel ab. Wolken kamen, trieben wieder fort, zeigten sich erneut, verdeckten die Gestirne und waren im nächsten Augenblick wieder verschwunden.
Die Fensterläden standen offen und berührten die Hauswand.
Wie unheimliche Klopfzeichen kamen die Klappergeräusche dem jungen Ernesto Lazarro vor.
Plötzlich sah er den Schein. Er hatte den Kopf in den Nacken gelegt, um zum Himmel schauen zu können, denn das Spiel der Wolken löste eine nie gekannte Faszination bei ihm aus.
Zwischen den Wolken sah er den Schein.
Langezogen, kometengleich zog er seine Bahn und hinterließ ein orangefarbenes Leuchten, das dem Grau des Himmels einen blassen Schein gab.
Ernesto holte tief Luft. Auch auf seiner Stirn bildete sich der Schweiß. Er wußte nicht genau, was das zu bedeuten hatte, und an einen Kometen wollte er nicht glauben.
Ein Flugzeug war es auch nicht.
Was dann?
Da das Gebilde weiterflog und der Schein verlängert wurde, wollte der junge Mann genau erkennen, in welche Richtung sich der andere drehte. Er schaute schräg nach links und rechnete eigentlich damit, daß der Schein längst das Dorf passiert hatte und tief in das Landesinnere gejagt war.
Das stimmte nicht.
Er hatte gedreht und ein neues Ziel gefunden.
Es war der Ort Porros!
Für Ernesto ein unglaublicher Vorgang. Gleichzeitig wurde ihm auch das Rätselhafte und Unheimliche des Vorgangs bewußt. Er dachte an die Stimmen und die Botschaft, die man ihm übermittelt hatte.
Das mußte es einfach sein.
Dieser Schein hatte etwas mit ihm zu tun. Einen Beweis dafür gab es natürlich nicht, es sei denn, er nahm das Flackern, das durch die Scheibe fiel, als einen solchen.
Der »Komet« war gelandet.
Aber einen solchen Himmelskörper hatte er nie gesehen. Das mußte also ein anderer gewesen sein. Ein für ihn nicht sichtbarer.
Auch hatte er keinen Aufschlag vernommen. Es war alles in einer nahezu gespenstischen Ruhe abgelaufen. Von einer Gefahr konnte er nur etwas ahnen.
Dennoch mußte die Gefahr vorhanden sein. Da war etwas erschienen, das man mit einem unbekannten Flugobjekt umschreiben konnte.
Was Ernesto alles durch den Kopf schoß, reichte von der Invasion aus dem All bis zu gefährlichen Monstren.
Der Wahrheit kam er kaum auf die Spur.
Das Klopfen ließ ihn zusammenschrecken. An der Tür war es aufgeklungen und hatte sich fordernd und siegessicher angehört.
Wer war da gekommen?
Um die Haustür zu erreichen, mußte Ernesto in den Flur schleichen und dort einige Schritte zurücklegen. Eine Sache weniger Sekunden. Er erreichte auch den Flur. Dort brannte zum Glück noch das Licht. An den dunklen Kleiderhaken schlich er vorbei, passierte auch einen sehr schmalen Schrank und bekam schon die Eingangstür in sein Blickfeld.
Sie zitterte unter den Schlägen.
Ernesto blieb stehen. Wer da Einlaß begehrte, konnte weder der Pfarrer sein noch dieser Engländer. Da mußte jemand dahinter stehen, der…
Er machte nicht mehr weiter. Ihm war aufgefallen, daß unter der Ritze der Haustür der gleiche fahle Schein gedrungen war, den er auch am Himmel gesehen hatte.
So rötlich und flackernd.
Ernesto schluckte. Erklären konnte er sich die Sache nicht, und er dachte darüber nach, was er noch anstellen sollte. Vielleicht die Tür aufreißen und dem Fremden Einlaß gewähren.
Wer konnte es sein?
Seltsamerweise dachte er dabei an seinen toten Ahnherrn, dessen Stimme er vernommen hatte. Außerdem waren der Pfarrer und Sinclair zum Friedhof gegangen, um da etwas herauszufinden.
War dieser Juan Lazarro vielleicht aus seinem
Weitere Kostenlose Bücher