0375 - Bluthand aus dem Jenseits
uns helfen!«, hauchte Miriam.
»Auch der Flötenspieler nicht?«
Scharf stieß die Frau den Atem aus. »Du… du kennst ihn?«, fragte sie.
»Ja.«
»Wann hast du ihn gesehen?«
»Auf dem Weg nach Cockway.«
»Er hat auch mich in die Falle gelockt. Ich bin seiner Melodie gefolgt und erreichte mein Ziel, das sich als die Bluthand aus dem Jenseits darstellte.«
»Wer ist dieser Flötenspieler?«
»Man nennt ihn den roten Ryan.«
»Und wieso?«
»Der Legende nach ist er der Beschützer der Erdgeister. Man kann ihn auch als eine Institution bezeichnen. Der rote Ryan ist ein Machtfaktor. Er weiß über alles Bescheid, ihm gehorchen die Elfen, die Feen und die Trolle…«
»Das gibt es bei euch?«, fragte ich staunend.
»Ja, wir sind das Land der Legenden. Bei uns werden Märchen wahr. Aber wie in jedem Märchen gibt es Gut und Böse…«
»Wer ist der rote Ryan?«
»Er steht über oder zwischen den Dingen. Mal tendiert er zu der einen, dann wieder zu der anderen Seite.«
»Er ist also gefährlich?«
»So kann man es… John!«, rief sie plötzlich. »Was ist da los? Schau dir die vier Männer in Grau an…«
In der Tat änderte sich etwas bei ihnen. Es waren ihre Hände, mit denen sie die Steine hielten. Diese Waffen, die ich kannte, strahlten plötzlich auf. Aber nicht in unsere Richtung wiesen die Strahlen, sondern an uns vorbei, in die Leere des Raumes.
Nicht ganz, denn soeben noch konnte ich eines der Ziele erkennen, das von den Strahlen erfasst worden war.
Es war ein Mann in Grau!
Wenn ich überlegte und hochrechnete, musste es einfach so sein, dass auch die anderen drei Strahlen ihre Ziele getroffen hatten. Und wahrscheinlich ebenfalls die Grauen.
Dann waren es jetzt acht.
Ich verstand immer weniger. Dafür setzte Miriam zu einer Erklärung an, die letztendlich keine war, denn sie sagte: »Ich glaube, John, jetzt passiert etwas…«
Davon ging auch ich aus.
Nun geschahen zwei Dinge zugleich. Irgendetwas musste vor uns auf der Straße laufen, denn plötzlich knatterten Schüsse auf.
Gleichzeitig fielen die vier Finger mit einem so heftigen Druck nach unten, dass die Spitzen den Untergrund beinahe berührten.
Wir waren noch immer wehrlos. Ich starrte auf die Innenseiten der hölzernen Finger. Trotz des schlechten Lichts erkannte ich die Maserung und bekam auch mit, wie die Holzhaut an einigen Stellen aufplatzte.
Hervor quoll – Blut…
***
Kaum waren die ersten Schüsse aufgeklungen, als Suko den Wagen stoppte und sich flach auf den Boden warf. Die Maschinenpistole hielt er dabei im Anschlag, schaute unter dem hochrädrigen Wagen hindurch und entdeckte seine Ziele.
Sie lagen höher als er.
Die letzten Gegner befanden sich zum Glück alle vor ihm. Sie hatten sich in den umliegenden Häusern verschanzt, dort die oberen Etagen »geentert« und die Fenster geöffnet, aus denen sie schräg nach unten feuerten. Sie erwischten auch die Straße, auf der die Kugelgarben tanzten und ihre langen Geschossbahnen zogen.
Staub und Dreck flogen in die Höhe. Kleine Wolken entstanden.
Auch der Wagen wurde getroffen.
Suko hörte die Einschläge der Geschosse. Das Gefährt schwankte, wurde durchgeschüttelt, hielt aber stand.
Der Inspektor hatte die Beine angezogen. Er sah auch den grünen Schimmer, der aus den Händen der vier Wächter in den Himmel stieß und dort nach Zielen tastete.
Darauf konnte Suko nicht achten. Es musste ihm gelingen, Sieger zu bleiben.
Er schoss zurück.
Zuerst nahm er sich die rechte Seite vor. Im Liegen kantete er die Waffe, damit der Lauf schräg in die Höhe wies, und als Suko zurückfeuerte, bewegte sich die MPi in seinen Händen.
Noch schneller tanzten die Geschosse an den Hauswänden entlang. Er hoffte nur, dass keine Menschen an den Fenstern standen, aber so dumm würden sie wohl nicht sein.
In die Echos der Schüsse hinein vernahm Suko das Platzen der Fensterscheiben, sah ebenfalls Mündungsfeuer und hörte plötzlich einen furchtbaren Schrei.
Im nächsten Augenblick löste sich aus einem der Fenster an der rechten Seite eine Gestalt. Es sah so aus, als wollte sie springen, doch zuerst fiel die Waffe nach unten, dann folgte der Körper, der schwer auf die Straße schlug.
Verkrümmt blieb er liegen.
Feuerpause.
Auf Sukos Stirn hatte sich der Schweiß mit dem Dreck vermischt.
Der Inspektor atmete durch den Mund. Er drückte sich ein wenig zurück und wunderte sich darüber, dass die anderen drei nicht mehr schossen.
Hatte dies einen Grund?
Noch immer blieb
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