0379 - Todesfalle unter Wasser
Stein stand die Truhe!
In ihrer Farbe stimmte sie fast mit der des Würfels überein, auch wenn ihr Rot mehr einen Stich ins Blutige zeigte. Wichtig für mich war, daß sie überhaupt existierte und damit wahrscheinlich auch der zweite Würfel in ihrem Innern lag.
Plötzlich klopfte mein Herz schneller. Es lag nicht an der Tiefe, sondern an der Aufregung, die mich gepackt hielt. Wäre ich nicht unter Wasser gewesen, hätte sicherlich Schweiß auf meiner Stirn gestanden, so aber zeichneten nur die Luftblasen meinen Weg, als ich waagerecht auf das Ziel zuschwamm.
Trotz meiner Freude über den Fund ließ ich die Vorsicht nicht außer acht. Ich schaute mich um, konnte aber nichts erkennen, das auf eine Gefahr hingedeutet hätte. Mich umgab weiterhin eine schweigende, mir manchmal leer vorkommende Welt, die trotzdem einen gewissen Reiz besaß und auch, wenn ich genauer hinschaute, sehr interessant war.
Aber die Truhe überschattete alles.
Sie barg dieses uralte Geheimnis, das ich lüften sollte.
Keiner konnte es mir verübeln, daß ich mich in diesen Augenblicken wie ein großer Entdecker fühlte, der dicht vor seinem Ziel stand, für das er jahrelang gearbeitet und geforscht hatte.
Ich hätte jubeln können, so aber hielt sich meine Freude in Grenzen, und mein Verstand begann logisch zu arbeiten. Wenn es mir gelang, den Würfel tatsächlich in den Besitz zu bekommen, sollte ich tatsächlich hochsteigen und ihn selbst zerstören, wie es von mir gefordert worden war?
Nein, auf keinen Fall. Ich überlegte mir schon jetzt einen Ausweg aus dieser Lage. Akim Samaran hatte bisher gewonnen, er verließ sich zu sehr auf seinen Leibwächter Kamikaze, aber ich war schließlich noch da. Der zweite Würfel wäre durch den ersten neutralisiert worden, der erste durch den zweiten. Auf den Schiffsplanken lagen meine Sachen und unter ihnen die Beretta. Ich hoffte, daß dies noch da sein würde, wenn ich auftauchte.
Ein paar letzte Bewegungen mit den Beinen, dann hatte ich den Rest der Strecke überwunden.
Meine ausgestreckten Hände berührten bereits den Stein, auf dem die Truhe lag.
Nun sah ich aus nächster Nähe, daß von ihr ein gewisses Leuchten ausging. Es hielt auch den Stein erfaßt, schimmerte dort allerdings nicht rot, sondern war durch die Farbe des Wassers verändert worden, so daß es auch einen grünlichgelben Farbton angenommen hatte, der seinen Schein auf den Stein legte.
Über mir stiegen gluckernd die Blasen hoch. Das alles interessierte mich nicht. Meine Hände wanderten höher, umfaßten die Truhe, und mit den kalten Fingerspitzen suchte ich nach dem Schloß, das, als ich es vom Moos befreit hatte, messingfarben leuchtete.
Vielleicht war es verschlossen, aber ich sah keinen Schlitz, in den ein Schlüssel hineingepaßt hätte. Wahrscheinlich brauchte ich nur die obere Seite des Schlosses in die Höhe zu drücken, um den Deckel abheben zu können.
Kein Problem…
Bis zu dem Augenblick, als ich rechts von mir und gewissermaßen aus dem Augenwinkel den sich bewegenden Schatten wahrnahm. Ich drehte ein wenig den Kopf, sah den häßlichen Totenschädel und auch den Speer, der sich bereits auf dem Weg zu mir befand…
Unter Wasser kann man nicht so schnell reagieren wie normal.
Das ist ein Nachteil, der allerdings dadurch ausgeglichen wurde, daß es auch einem Gegner so ergeht.
Deshalb hatte ich das Gefühl, als würde der geworfene Speer in einem Zeitlupentempo auf mich zukommen, aber auch ich war kaum schneller. Zwar verdrehte ich meinen Körper, warf mich auch nach hinten, sah die blubbernden Luftblasen vor dem Sichtfenster und drückte mir selbst die Daumen.
Es half nichts.
Der verdammte Speer erwischte mich. Wahrscheinlich hatte er mich in den Rücken treffen sollen. Durch meine Drehung war ich ihm entgangen und wurde dafür in Bauchhöhe erwischt.
Die Lanzenspitze riß erst einen Streifen in den dünnen Neoprenanzug, bevor sie mit meiner Haut in Berührung kam, mich verletzte und eine blutige Schramme hinterließ.
Links neben mir verschwand die Waffe bis zur Hälfte im Sand des Meeresbodens.
Jetzt besaß das Skelett keine Waffe mehr. Ich achtete nicht auf meine Schmerzen und drehte mich so um, daß ich den Knöchernen anschauen konnte.
Unter Wasser wirkte sein Schädel nicht mehr hell oder bleich, sondern grünlich, wie von einer Schimmelschicht überdeckt.
Ich schwamm auf das Skelett zu, das sich komischerweise nicht von der Stelle rührte.
Gerade diese Haltung warnte mich.
Blitzschnell
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