038 - Der Rächer
und führte sie an seine Nase. »Butylchlorid«, sagte er, und das Mädchen nickte. »Ich dachte es mir gleich. Mein Vater war nämlich Apotheker, und als ich einmal in der Apotheke spielte, stand ein Schrank offen. Ich sah eine schöne Flasche darin, nahm sie und öffnete sie. Wer weiß, was mir zugestoßen wäre, wenn mein Väter mich nicht bemerkt hätte. Ich war damals noch ein Kind, aber ich habe den eigentümlichen Geruch nicht vergessen.«
»Butylchlorid.« Mike runzelte die Stirn. »Es ist bekannt unter den Namen ,Todestropfen'. Dieses Mittel wird häufig von Gaunern benützt, um Matrosen auszuplündern. Ein paar Tropfen in ein Weinglas genügen, um sie für lange Zeit bewusstlos zu machen.«
Mike nahm die Flasche wieder. Es war ein gewöhnliches Glas, wie es zur Aufbewahrung von Giften gebraucht wird, und als er näher hinsah, fand er auch das Wort »Gift« eingepresst. »Es ist keine Spur von einer Aufschrift zu finden«, sagte er. »In Wirklichkeit besteht vielleicht gar kein Zusammenhang mit dem geheimnisvollen Auto«, fügte Helen hinzu. »Es ist ja alles nur Vermutung von mir - ich habe eins ans andere gereiht.« »Wo haben Sie die Flasche gefunden?«
»In einem Graben, der dort sehr tief und augenblicklich überflutet ist. Aber die Flasche fiel nicht so weit. Das war Entdeckung Nummer eins - hier ist Nummer zwei.« Sie nahm einen sonderbar geformten, metallenen Gegenstand aus ihrer Tasche, der an beiden Seiten Bruchstellen zeigte. »Wissen Sie, was das ist?« fragte sie. »Nein«, sagte Jack und übergab Mike den Fund.
»Aber ich weiß es, weil ich es im Atelier gesehen habe«, sagte Helen. »Und Sie wissen es auch, nicht wahr, Mr. Brixan?«
Mike nickte. »Es ist das Hauptgelenk einer Handschelle«, sagte er. »Das Gelenk, das beim Fesseln einschnappt.«
Es war mit rostigen Stellen bedeckt, die gereinigt worden waren. Helen sagte, dass sie das getan hätte.
»Das sind meine beiden Funde. Ich kann Ihnen meine Schlussfolgerungen nicht verraten, weil ich keine habe!«
»Diese Dinge brauchen überhaupt nicht aus dem Wagen geworfen worden zu sein«, sagte Mike. »Aber wie Sie sagen, besteht die Möglichkeit, dass der Besitzer des Autos die Gelegenheit wahrnahm, sie an dem einsamen Platz fortzuwerfen. Auf seinem eigenen Grund und Boden hätte er sie nicht brauchen können. Sicherer wäre es ja gewesen, wenn er sie ins Meer versenkt hätte. Aber so war es vermutlich leichter für ihn. Ich will sie aufheben.«
Er packte sie in Papier und steckte sie in die Tasche. Dann wandte sich die Unterhaltung wieder dem Film zu.
»Morgen werden wir Aufnahmen bei dem richtigen Griff Tower machen«, sagte Jack Knebworth. »Er ist ein Wahrzeichen der ganzen Gegend - was belustigt Sie daran?« fragte er Mike. »Nichts Besonderes. Ich hatte mir nur gleich gedacht, dass es so käme. Es war mein Gefühl, dass ich noch von dem verwünschten alten Turm hören würde!«
28
Mike war bedrückt. Er nahm die Geschichte mit der Limousine viel schwerer als das junge Mädchen, und besonders der Versuch, Helen in den Wagen zu locken, hatte ihn nervös werden lassen. Die Ereignisse der letzten Tage hatten es notwendig gemacht, den Detektiv, der ihr Haus bewachte, abzurufen. Bei dem Ernst der Lage entschied er sich aber, durch einen Ortspolizisten die Überwachung wieder aufnehmen zu lassen.
Nachdem er Helen in seinem Auto nach Hause gebracht hatte, fuhr er zur Polizeistation und bat um einen Mann. Aber es war zu spät, um den Inspektor selbst zu sprechen. Der Beamte, der die Aufsicht führte, wollte die Verantwortung nicht auf sich nehmen, den Befehl zu erteilen, und erst als Mike sich anschickte, an den Inspektor zu telefonieren, gab er widerwillig nach und entsandte einen uniformierten Polizisten, der in der Straße, in der Helen wohnte, auf und ab patrouillieren sollte.
Als Mike nach Hause kam, unterzog er die beiden Gegenstände, die Helen gefunden hatte, einer genauen Untersuchung. Butylchlorid war ein sehr schweres Gift ...
Er prüfte das Gelenk der Handschelle noch einmal. Unheimliche Kraft hatte dazu gehört, das Verbindungsglied herauszubrechen. Dieses Geheimnis konnte er nicht enträtseln, und nachdem er sich lange vergeblich den Kopf darüber zerbrochen hatte, gab er es auf.
Bevor er sich zur Ruhe legte, erhielt er noch einen Anruf von Inspektor Lyle, der Griff Towers überwachte. Es hatte sich nichts Neues ereignet, und das Leben ging dort anscheinend seinen gewohnten Gang. Sir Gregory hatte den Inspektor ins
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