038 - Der Rächer
junge Mann, der sie heute morgen besucht hatte, kam auf sie zu. Es war Mike Brixan.
»Ach bitte, unterbrechen Sie mich jetzt nicht!« bat sie aufgeregt. »Gerade habe ich «Die Rolle bekommen - ich muss noch viel lesen.«
Er sah, dass seine Gegenwart sie außer Fassung brachte, und wandte sich zum Gehen.
»Es tut mir sehr leid -« begann er. ...
In ihrer Bestürzung hatte sie die losen Blätter des Manuskriptes auf die Erde fallen lassen, und als er sich gleichzeitig mit ihr bückte, um sie aufzuheben, stießen ihre Köpfe zusammen.
»Ich bitte vielmals um Entschuldigung - so etwas kommt in vielen Lustspielen vor«, sagte er.
In dem Augenblick sah er auf das Blatt Papier, das er in der Hand hatte, und begann unwillkürlich zu lesen. Da stand eine eingehende Beschreibung des Schauplatzes einer Szene. Eine große geräumige Gefängniszelle, nur durch eine düstere Hängelampe erleuchtet. In der Mitte des Hintergrundes führt eine durch ein großes, eisernes Gitter geschlossene Tür ins Freie. Man sieht eine Schildwache auf und ab gehen.
»Großer Gott!« stöhnte Mike und wurde blass bis in die Lippen. Die »u« der Maschinenschrift waren verwischt und die »g« kamen nur schwach. Eine unheimliche Entdeckung! Es wurde ihm zur Gewissheit, dass dieses Blatt auf derselben Maschine geschrieben war, die der Kopfjäger benutzte, um seine schrecklichen Todesnachrichten in die Welt zu senden.
»Was haben Sie?« fragte Helen, als sie plötzlich das finstere Gesicht des jungen Mannes sah.
»Woher stammt dieses Blatt Papier?« fragte er. Er zeigte ihr die maschinengeschriebene Seite.
»Ich kann es nicht sagen, es war unter diesen Blättern. Aber wie ich sehe, gehört es nicht zu ,Roselle'.«
»Ist das der Titel des Films, in dem Sie jetzt spielen?« fragte er schnell. »Wer kann mir über dieses Blatt Auskunft geben?«
»Mr. Knebworth.«
»Wo ist er jetzt?«
»Gehen Sie durch diese Tür«, antwortete sie. »Sie werden ihn im Atelier treffen.«
Er verlor kein Wort weiter und ging schnell ins Haus. Ohne dass er fragte, wusste er, wer der Mann war, den er suchte. Als Jack Knebworth den Fremden sah, schaute er ihn von unten herauf mit einem unfreundlichen Blick an. Privatbesuch während der Geschäftsstunden konnte er durchaus nicht leiden. Aber bevor er den Fremden um Aufklärung bitten konnte, war Mike schon an seiner Seite.
»Habe ich die Ehre mit Mr. Knebworth?« »Ja, der bin ich.«
»Würden Sie mir erlauben, zwei Minuten mit Ihnen zu sprechen?«
»Ich habe jetzt keine Zeit, auch nur eine Minute lang mit irgendwen zu schwatzen!« brummte Jack. »Aber sagen Sie mal, wer sind Sie denn eigentlich, und wie kamen Sie hier herein?«
»Ich bin Mike Brixan, ein Detektiv im Dienste des Außenministeriums«, sagte er mit leiser Stimme.
Jack schaute verdutzt auf und wurde mit einemmal freundlicher. »Ist irgend hier etwas passiert?« fragte er, als er den Detektiv in sein Büro geleitete.
Mike legte das maschinengeschriebene Blatt Papier auf den Tisch.
»Wer hat das geschrieben?« fragte er. Jack Knebworth sah sich das Blatt an und schüttelte den Kopf. »Habe ich bis jetzt noch nicht gesehen - was soll damit sein?« fragte er.
»Hatten Sie es noch nie in der Hand?«
»Nein, ich kann einen Eid darauf leisten - aber mein Dramaturg muss das wissen, ich werde ihn einmal rufen.«
Er drückte auf die Klingel, und als der Sekretär hereinkam, sagte er: »Bitten Sie Mr. Lawley Foß, dass er schnei! zu mir kommt.«
»Die Prüfung der Manuskripte, Entwürfe und des ganzen Materials für die Filme liegt in der Hand meines Dramaturgen«, sagte er. »Ich bekomme ein Manuskript erst zu sehen, wenn er es geprüft und für gut befunden hat. Und auch dann ist es noch fraglich, ob es angenommen werden kann. Wenn der Stoff nicht geeignet ist, bekomme ich den Entwurf überhaupt nicht zu sehen. Es ist allerdings möglich, dass das eine oder andere gute Manuskript mir auf diese Weise entgeht, weil Foß -« er zögerte einen Augenblick -, »weil wir manchmal nicht derselben Ansicht sind. Also, Mr. Brixan, worum handelt es sich denn eigentlich?«
Mit einigen Worten erklärte Mike die unheimliche Bedeutung des Papiers.
»Der Kopfjäger!« Jack pfiff vor sich hin.
Von der Tür her hörte man ein Klopfen, und Lawley Foß kam herein. Er war ein Mann von hagerer Gestalt und dunkler Gesichtsfarbe. Seine Augen gingen schnell von einer Seite zur ändern. Tiefe Falten zogen sich durch sein düsteres Gesicht, und er machte den Eindruck, als
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