038 - Verbotene Sehnsucht
Stelldichein mit dem Mädchen. Zudem war es seltsam, ihn just hier mit Rebecca im Garten anzutreffen, wo sie doch gerade erst mit Samuel und Jasper über ihn gesprochen hatte. Sehr seltsam.
„Mr. Thornton", sagte Emeline und neigte den Kopf. „Wie ... unerwartet, Ihnen hier zu begegnen. Wünschten Sie Geschäftliches mit Mr. Hartley zu besprechen?"
Ihre spitze Frage ließ ihn nur noch strahlender lächeln. „Ja, nur leider traf ich ihn nicht zu Hause an, weshalb ich hier im Garten auf ihn wartete, als Miss Hartley sich zu mir gesellte und mir die Zeit äußerst angenehm verkürzte." Seine artige kleine Rede krönte er mit einer galanten Verneigung vor Rebecca.
Emeline schnaubte still, hakte sich bei Rebecca unter und begann zu schlendern.
„Wenn ich mich recht erinnere, so sagten Sie, dass Sie im Handel tätig wären, Mr. Thornton."
Der Weg war sehr schmal, was den Mann nötigte, hinter den Damen zu bleiben. „Ja, ich mache Stiefel."
„Ah, Stiefel", sagte Emeline, ohne sich zu ihm umzudrehen. Der Garten war unspektakulär, aber sie setzte ihre Schritte dennoch so bedächtig, als fasziniere sie welkendes Laub über alle Maßen.
„Stiefel kann man immer gebrauchen", schlug sich Rebecca auf Mr.Thorntons Seite, was keineswegs Emelines Absicht gewesen war.
„Ich rüste die Armee Seiner Majestät aus", ließ sich Mr. Thornton vernehmen.
„Ah ja." So langsam dämmerte es Emeline, dass Mr. Thornton durchaus vermögend sein könnte. Sie wusste wenig über die Armee, aber sie konnte sich vorstellen, dass der von Mr. Thornton gedeckte Bedarf an Stiefeln immens wäre.
„Werden sie hier in London gefertigt?", fragte Rebecca und reckte den Hals ein wenig, um ihn ansehen zu können.
„Aber natürlich. Meine Werkstatt ist in der Dover Street, und ich beschäftige zweiunddreißig Leute."
„Dann stellen Sie die Stiefel also nicht selbst her?", erkundigte Emeline sich liebenswürdig.
Rebecca stockte der Atem, aber Mr. Thornton schien sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. „Nein, Mylady", erwiderte er vergnügt. „Ich wüsste nicht einmal, wo anfangen. Vater beherrschte das Handwerk natürlich noch, als er den Laden gründete, aber auch er hat schon bald Leute eingestellt, die für ihn arbeiteten. Ich hätte es in jungen Jahren lernen können, wenn ich mich nicht mit dem alten Herrn überworfen hätte ..."
„Sind Sie deshalb zur Armee gegangen?", unterbrach ihn Rebecca. Sie blieb stehen und drehte sich nach Mr. Thornton um, was Emeline nötigte, ebenfalls stehen zu bleiben.
Mr. Thornton lächelte, und Emeline dachte bei sich, dass er auf schlichte Weise recht gut aussehend war. Nicht gerade die Sorte Mann, der einem in der Menge auffallen würde, doch das machte ihn vielleicht umso gefährlicher.
„Ja, ich gebe zu, in einem Anfall jugendlichen Übermuts mein Glück in der Armee gesucht zu haben. Habe den alten Herrn und meine Frau verlassen ..."
„Sie sind verheiratet?", fragte Emeline dazwischen.
„Nein." Mr. Thorntons Miene wurde ernst. „Die arme Marie starb bald nach meiner Rückkehr."
„Oh, das tut mir leid", murmelte Rebecca.
Emeline schaute an ihm vorbei in Richtung Haus. Jemand kam des Weges.
„Ja, es war ein fürchterlicher Schlag", sagte Mr. Thornton. „Sie..."
„Emmie! Ah, da bist du ja." Über das ganze Gesicht strahlend, kam Jasper herbeigeeilt.
Als er Jaspers Stimme vernahm, hielt Mr. Thornton inne und drehte sich um. Seine Miene nahm einen seltsam unbeteiligten Ausdruck an. Auch Emeline war ernüchtert. Mit Jasper hatte sie nicht gerechnet. Sie empfand leise Enttäuschung - und dann sah sie ihn. Hinter Jasper folgte Samuel, sein Blick unergründlich, seine Miene ernst.
Emeline streckte die Hände nach ihm aus. „Jasper, welch eine Überraschung! Ich hatte euch frühestens am Abend zurück erwartet. Hattet ihr bei euren Nachforschungen Erfolg?"
Jasper nahm ihre Hände, beugte sich darüber und streifte sie flüchtig mit den Lippen. „Bedauerlicherweise hat sich die Spur verloren, weshalb wir beschlossen, Mr. Thornton nachzustellen. Nur leider trafen wir ihn nicht in seinen Geschäftsräumen an. Deshalb wollten wir uns schon geschlagen hierher zurückziehen - nur um umso erfreuter festzustellen, dass du uns den Gesuchten bescherst."
Mittlerweile hatte Samuel Jasper eingeholt. „Lady Emeline, Rebecca." Er nickte ihnen kurz zu und reichte dann seinem Besucher die Hand. „Mr. Thornton, wie schön, Sie wiederzusehen, wenngleich es mich ein wenig überrascht, Sie in
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