038 - Verbotene Sehnsucht
über die Schulter. „Er hat die Evakuierung der Verwundeten von Spinner's Falls in die Wege geleitet, nachdem ... Nun ja, nachdem Sie spurlos in den Wäldern verschwunden waren. Man könnte sagen, dass er das Kommando übernommen hatte."
Emeline spürte, wie Samuel sich anspannte, doch er erwiderte nichts.
Jasper schien entgangen zu sein, dass Mr. Thornton Samuel soeben fast wörtlich einen Feigling genannt hatte. „Ist er in London?"
„Nein. Ich glaube, er hat sich nach dem Krieg auf seinen Landsitz zurückgezogen.
Aber vielleicht täusche ich mich ja auch. Man hört ja so einiges. Doch meines Wissens lebt er in Sussex, nahe Portsmouth."
Emeline hätte gedacht, dass sie es gut verborgen hätte, dennoch schien Samuel zu spüren, wie sie kurz zusammenzuckte.
„Was ist?", fragte er leise, ohne den Blick von dem Weg vor ihnen zu wenden.
Sie zögerte. Just an diesem Morgen hatte sie ihre zahlreichen Einladungen für den kommenden Monat gesichtet und überlegt, welchen Gesellschaften sie zusagen sollte und welchen nicht.
Mit fragend gerunzelter Stirn schaute er sie an. „Sagen Sie es mir."
Hatte sie eine andere Wahl? Fast schien ihr, als hätte das Schicksal ihr eine Falle gestellt - und sie wäre wie ein argloses Häschen geradewegs hineingelaufen. Wozu sich nun noch wehren?
„Wir sind auf den Landsitz der Hasselthorpes in Sussex eingeladen", sagte sie.
„Was sagst du da?" Jasper blieb stehen und drehte sich nach ihr um.
„Lord und Lady Hasselthorpe, mein Lieber. Gewiss erinnerst du dich noch. Sie haben uns schon vor Wochen eingeladen. Ihr Anwesen ist nicht weit von Portsmouth."
„Verdammt noch mal, ja - du hast recht!" Jasper grinste. „Wir haben vielleicht ein Glück, was? Dann lasst uns doch einfach alle nach Sussex fahren und bei der Gelegenheit Craddock einen Besuch abstatten.
Das heißt ..." Mit einem fragenden Blick auf Mr. Thornton verstummte er. Rebecca und Samuel waren als Emelines Freunde in die Einladung selbstverständlich mit eingeschlossen, aber ein Stiefelmacher - selbst ein sehr vermögender Stiefelmacher - war natürlich etwas ganz anderes.
Doch ehe die Situation peinlich werden konnte, winkte Mr. Thornton auch schon unbefangen ab. „Kein Problem. Ich halte hier weiter in London die Ohren steif, während Sie sich mit Craddock unterhalten."
Und ehe sie sich's versah, war es beschlossene Sache. Emeline wurde ganz seltsam zumute. Sie holte tief Luft und versuchte, sich zu beruhigen. Natürlich würde es noch einiges zu klären geben, und sie müsste vielleicht Lady Hasselthorpe doch noch um Einladungen für die Hartleys bitten, aber letztlich würden sie wohl nach Sussex fahren. Sie würde gemeinsam mit Samuel eine Hausgesellschaft besuchen.
Sie spürte seinen Blick auf sich, und als sie aufsah und in seine warmen kaffeebraunen Augen schaute, fragte sie sich, ob er eigentlich wusste, wie es bei solchen Gesellschaften zuging?
9. KAPITEL
Nun war es so, dass von allem, was der König liebte, er seine Tochter man meisten liebte. So lieb war sie ihm, dass er ihr jeden Wunsch erfüllte. Weshalb er auch, als Prinzessin Sonnentrost den König um Erlaubnis bat, ihren Leibwächter heiraten zu dürfen, ihr nicht etwa zürnte, wie andere Königseltern dies getan haben würden, sondern nur leise seufzte und ergeben nickte. Und so kam es, dass Eisenherz das schönste Mädchen im ganzen Land heiratete - das noch dazu eine richtige Prinzessin war ...
Eisenherz
Wirst du sehr lang fort sein?", fragte Daniel eine Woche später.
Er lag auf Emelines Bett und war dabei ständig Harris im Weg, die ihre Sachen zusammenpackte.
„Nur zwei Wochen", erwiderte Emeline. Sie saß an ihrem hübschen kleinen Toilettentisch und überlegte, welchen Schmuck sie zur Hausgesellschaft der Hasselthorpes mitnehmen sollte.
„Das sind vierzehn Tage! Das ist ganz schön lang." Daniel baumelte mit dem Bein und verfing sich in den Bettvorhängen.
„Lord Eddings!", rief Harris.
Man sollte seinen Nachwuchs nicht vermissen. Viele Mütter ihres Standes bekamen ihre Kinder kaum zu Gesicht - und waren froh darum, das wusste sie wohl. Und doch ertrug sie es kaum, ihn allein zu lassen. Der Abschied würde herzzerreißend werden.
„Das wäre dann alles", sagte Emeline zu ihrer Zofe.
„Aber Mylady, ich habe noch nicht einmal die Hälfte gepackt."
„Ich weiß." Emeline sah Harris lächelnd an. „Aber Sie haben so hart gearbeitet, dass Sie gewiss eine kleine Erfrischung ver-tragen können. Warum ruhen Sie sich
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