038 - Verbotene Sehnsucht
du könntest ein Feigling sein, einfach lächerlich ist."
„Nein, das ist er nicht", murmelte er ganz nah an ihrem Gesicht. „Du kennst mich nicht."
„Doch, das tue ich. Ich ..." Sie hatte ihm sagen wollen, dass sie ihn besser kannte als jeden anderen noch lebenden Mann, besser gar als Jasper, doch dann waren seine Lippen auf den ihren und ließen sie verstummen.
Er küsste sie sanft und zärtlich, und sie schluckte alles Leid aus seinem Kuss. Warum nur er? Warum dieser Mann? Warum nicht ein Engländer aus ihren Kreisen? Sie umfasste sein Gesicht und drängte ihren Mund an seinen, und ihr Mund war weder sanft noch zärtlich. Was sie von ihm wollte, war nicht sanft und zärtlich. Sie leckte über seine Lippen, schmeckte Salz, stieß ihre Zunge in seinen Mund. Sie drehte sich auf seinem Schoß und drückte ihre Brüste an seine Brust, gebärdete sich ohne alle Finesse wie ein wollüstiges Weib. Damit war es um ihn geschehen. Er schlang seine Arme um sie und zog sie an sich, hielt sie fest an sich geschmiegt und erwiderte ihren Kuss. Sie spürte Tränen auf ihren Wangen trocknen, von denen sie kaum gemerkt hatte, dass sie sie geweint hatte, sie spürte sein hartes Geschlecht durch ihre Kleider hindurch, und sie spürte ihre Lust, die sein Verlangen weckte.
Und dann stieß er sie von sich.
Hastig griff sie nach seinen Schultern, um nicht rücklings in die Wasserschüssel zu fallen. „Was ...?"
„Geh."
Seine Miene war finster, er schien mit seinen Gefühlen zu ringen. Hatte sie da etwas missverstanden? War sie gerade einer Sinnestäuschung erlegen? Aber nein, ein kurzer Blick auf seinen Schoß bestätigte ihr, dass der Kuss ihn nicht minder berührt hatte als sie. Doch warum ...?
„Geh!"
Kurzerhand hob er sie hoch und schob sie wenig galant zur Tür hinaus. „Geh."
Und ehe Emeline sich's versah, stand sie auf dem Flur vor Samuel Zimmers, und er machte ihr die Tür vor der Nase zu. Aus ihren besudelten Röcken tropfte blutiges Wasser, als sie den Korridor hinabeilte, und das Herz wollte ihr bersten vor Schmerz.
12. KAPITEL
Noch in derselben Nacht, als endlich Ruhe im Schloss eingekehrt war, wachte Eisenherz um Schlag Mitternacht auf. Eine unbestimmte Angst befiel ihn, und so ließ er die Prinzessin schlafend im ehelichen Gemach zurück, nahm sich sein Schwert und machte sich auf die Suche nach seinem neugeborenen Sohn. Als er zu dessen Kammer kam, schliefen die draußen postierten Wachen tief und fest. Lautlos öffnete er die Tür einen Spaltbreit - und was er dann sah, ließ ihm das Blut in den Adern stocken. Ein riesiger Wolf, dessen gewaltige Zähne bedrohlich im Dunkel schimmerten, stand über die Wiege seines Sohns gebeugt...
Eisenherz
Seltsam, aber er hatte gut geschlafen. Das war Samuels erster Gedanke, als er am nächsten Morgen aufwachte. Es war, als hätte Lady Emeline nicht nur auf seine Füße Wundbalsam getan, sondern auch auf seine Seele. Welch seltsamer Gedanke. Wenn er ihr davon erzählte, würde sie wahrscheinlich wieder lachen - kapriziöses kleines Biest, das sie war.
Sein zweiter Gedanke galt seinen Füßen, die heftig pochten vor Schmerz. Stöhnend setzte er sich in dem riesigen Bett auf, das die Hasselthorpes ihm zugebilligt hatten.
Alles in diesem Zimmer - ebenso wie im ganzen Haus - war groß und prächtig. Die Bettvorhänge waren aus weichem roten Samt, die Wände mit reich geschnitztem dunklem Holz getäfelt, der endlos weite Boden war mit einem dicken Teppich bespannt. Das kleine Haus im Wald, in dem er aufgewachsen war, ließe sich in diesem einen Zimmer leicht unterbringen. Und wenn sie ihm, der wahrscheinlich der unbedeutendste ihrer Gäste war, diesen Luxus gönnten, wie waren dann erst die anderen untergebracht?
Der Gedanke stimmte Sam verdrießlich. Er gehörte nicht in dieses Haus voller Samt und gediegener Holztäfelungen. Er stammte aus der neuen Welt, wo Männer nach dem beurteilt wurden, was sie in ihrem eigenen Leben leisteten, und nicht danach, was ihre Vorfahren an Ruhm und Reichtümern errungen hatten. Dennoch konnte er England nicht gänzlich abtun. Es war Lady Emelines Heimat, und sie passte hierher, wie es nur jemandem möglich war, der in dieses Land und in diese Gesellschaft hineingeboren worden war. Das allein hätte ihm Grund genug sein sollen, sich von ihr fernzuhalten. Ihre Welten, ihre Erfahrungen, ihrer beider Leben waren einfach zu verschieden.
Aber nicht deswegen hatte er sie vorige Nacht von sich gestoßen. Oh nein, das war eher eine
Weitere Kostenlose Bücher